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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

erfolgt, wo der neue Barrister den Eid zu leisten und sich einzuschreiben hat. Die Liste dieses Gerichtshofes enthält manche der berühmtesten Namen Alt-Englands, die aber ihre Auszeichnung allerdings etwas Anderm, als der gewissenhaften Beobachtung der Eßregeln in den Sälen von Lincoln’s Inn zu verdanken haben; und wenn die Bankgenossen (benchers) sich dies zu Gemüthe führen wollten, so könnte es ihnen wohl beigehen, das Rechtsstudium für die Hauptsache zu erklären und das Essen für die Barre ganz abzuschaffen. Aber so altehrwürdige Sitten, wie diese, haben ein zähes Leben in Alt-England.

Arnold Ruge.




Ein heiliger Arbues junior. Zu Basel, in der freien Schweizerstadt, ist im wunderschönen Monat Mai dieses Jahres eine Ketzerverbrennung geschehen, die gerade durch das Geheimnißvolle des fluchreichen Vorgangs uns um so erschütternder durchgraust. Wissen wir doch nicht einmal, ob der zum Feuertod Verdammte vorher in eine mit Teufelsfratzen und Flammenzungen bemalte Umhüllung gesteckt und ob, wie einst im Papstpalaste zu Avignon, eine besondere Satansküche, oder ob ein Privat- oder öffentlicher, heiliger oder profaner Raum die unheimliche Stätte der frommen That war. Geschehen ist das Ungeheure, und wir beeilen uns, Bericht davon zu erstatten, ehe die Feder unseren Händen vor Schrecken entsinkt.

Ist es Einer jener römischen Kirchensöhne gewesen, deren Einer, wie das Volk sich erzählt, weil er in den Vesuv fiel, das furchtbare Speien des Vulcans erregte, oder war es ein Capuciner oder ein Dominicaner, welcher der schlechten Welt zulieb dem Himmel ein Brandopfer darbrachte? Nein! Keine ultramontane Hand hat den Kienspahn zum Scheiterhaufen getragen. Es war der Herr Pfarrer Stückelberger an der reformirten Leonhardskirche zu Basel.

Das mit Feuer hingerichtete Opfer seines geistlichen Zorns aber war – unsere Gartenlaube. Wie mochten die begeisterten Augen des frommen Hirten gen Himmel oder zur Küchendecke emporgerichtet gewesen sein, als er zu den Schafen seiner Herde, den Zeugen seines Mundes, die Worte sprach: „… Ja, die Gartenlaube ist vornehmlich deshalben ein so äußerst gefährliches Blatt, weil der Teufel darin unter Blumen versteckt ist (– also auch der hat seine poetischen Stunden! –), und weil hirtenlose Seelen um so leichter in Anfechtung gerathen können, weil sie das schleichende Gift in jener verführerischen Hülle arglos einschlürfen. Aber,“ so tröstete der Gottesmann, „das Auge Eures Seelenhirten wacht und behütet Euch von heute an vor den heimtückischen Schlingen, die Euch der Teufel unter dem verführerischen Titel ‚Gartenlaube‘ gelegt. Ich habe hiermit das Teufelswerk den Flammen übergeben, nun gehet hin und thuet desgleichen! Amen.“ –

So sind wir denn vernichtet! – Aber die große Rettungsthat der Teufelsherrlichkeit wird nicht unbelohnt bleiben. Sicherlich ist sie bereits von den gerechten Jesuiten bis zu den Ohren Sr. Heiligkeit getragen. Und was Peter Arbues verdient hat vor Jahrhunderten und wie er gekrönt wurde erst in unserer Zeit mit dem Heiligenschein aus der Hand des Unfehlbaren, so wird dies auch Herrn Stückelberger geschehen, als dem würdigsten Arbues dem Jüngeren.




Heck’s Vesuvbild, das wir heute seinem Artikel „Das Sicherheitsventil Italiens“ (in Nr. 20) nachfolgen lassen, ist, wie der Künstler dort auf Seite 327 erzählt, auf der Plattform des Präfecturpalastes in Neapel aufgenommen. Stehen dem Holzschnitte auch nur zwei Farben zu Gebote zur Darstellung einer Naturerscheinung, bei welcher die grellsten Farben so mächtig mitwirken, so ist es dennoch unserm Meister auf diesem Felde gelungen, einer gesunden Phantasie für das Ausmalen des Bildes nach Möglichkeit zu Hülfe zu kommen. Wir sehen, wie die Feuercascaden am Berge niederrollen, die furchtbarsten Contraste pechschwarzer Rauch- und weißschimmernder Dampfwolken bis zur dreifachen Höhe des Berges ihr Gewölbe über den Vulcan aufbauen, während dessen Rachen mit einem Spuck kleine kochende Seen über das blühende Land ergießt. – Ein fürstlicher Reisender, der am selben Tage von Rom zum Schauspiele des donnernden Vesuvs geeilt war, schilderte uns als das Ergreifendste das unterirdische Grollen, das Erdezittern und die Verwüstung der Vegetation durch den Wasser- und Aschenregen. Schon bei Caserta habe man im Eisenbahnzuge das Beben des Bodens verspürt, das, mit jedem Hauche der Locomotive wachsend, endlich, wo die Bahn rechts nach Neapel hin abbiegt, so stark geworden sei, daß es den Lauf des Zuges gehemmt habe, weil auf den zitternden Schienen auch die Räder auf- und abzitterten. Das unterirdische Toben sei mit keinem Laute der Oberwelt zu vergleichen, es sei weder das Rollen des Donners zwischen den Wolkenwänden, noch der Geschützdonner des Schlachtfeldes, sondern ein so dumpfes unheimliches Grollen, das gleichsam mit der Gefahr des Durchbruchs der unterirdischen Feuerströme an jeder Stelle drohe. Um das Bild der verbrühten und dann mit Asche bestreuten Vegetation im Kleinen darzustellen, sagte er uns:

„Nehmen Sie eine Rose in voller Blüthe, halten Sie sie eine Zeitlang in kochendes Wasser und stecken sie dann in einen Aschenhaufen; wenn Sie sie wieder herausziehen, haben Sie eine Probe der dort meilenweit verwüsteten Naturpracht.“ – Jetzt ist der Vesuv wieder ruhig; er hat viele Menschen aus seinem Machtbereich vertrieben und ihr Eigenthum unter seiner Lava begraben; für Viele der Alten ist die Freude des eigenen Besitzes für immer vorbei, aber ihre Kinder bauen auf der Grabdecke, unter welcher das Heim ihrer Väter liegt, sich auf’s Neue an, und es freuen sich daran ihre Nachkommen, bis der Berg es wieder zerstört, und so weiter.




Muth der Liebe. Es ist ein gerechter Stolz der Menschheit, daß dieser Muth sich schon so oft und so herrlich erwiesen hat, daß die Thaten desselben für alle schönen Künste die ergreifendsten Stoffe boten. Aber auch im Leben der Thiere begegnen wir ihrer Bethätigung in nicht selten bewunderungswürdiger Weise; die Noth verleiht zum Beispiel zu der Vertheidigung ihrer Jungen selbst der ängstlichsten Mutter oft ungeahnte Waffen. Ein ganz absonderliches Beispiel, wie ein Elternpaar Herr über die angeborene und sehr ausgebildete Scheu vor dem Menschen und seiner Umgebung geworden, erzählt uns ein junger Oekonom, der früher schon auf einem Gute des Kriegsministers v. Roon interessante Thierbeobachtungen anstellte und dies jetzt auf einer großen Oekonomie in der Nähe von Berlin fortsetzt. Er schreibt: „In meiner Kammer hinter der Wohnstube geht jetzt eine prächtige Begebenheit vor. Es ist heute elf Tage, da fand ich im Walde nicht weit vom Dorfe drei junge Eulen, die aus dem Neste gefallen waren. Die noch unbehülflichen Thierchen gefielen mir außerordentlich, so daß ich sie mit nach Hause nahm. Hier steckte ich sie in einen großen Bauer, den ich in oben besagter Kammer in die Nähe des Fensters hing, das ich verschloß.

Schon am zweiten Abend bemerkte ich zwei alte Eulen, die vor dem Fenster hin- und herflogen und Klagelaute ertönen ließen, und richtig, die Jungen im Bauer antworteten in derselben Tonart; die Eltern hatten ihre Kindchen gefunden. Weil nun die Thierchen von allen Leckerbissen ihres Geschlechts, die ich ihnen in den Bauer gebracht, noch nichts berührt hatten und somit rasch abfielen, so wollte ich versuchen, ob die Alten wirklich den Muth haben würden, ihre Jungen wieder anzunehmen. Ich ließ also während der Nacht das Fenster offen. Als ich am andern Morgen nach meinen Eulen sah, fand ich sie ganz wohlgenährt aussehend, und bei näherer Untersuchung ergab sich von der Nachtmahlzeit sogar noch ein Speiserest von drei todten Mäusen im Bauer, von denen die jungen Schlemmer keinen Gebrauch mehr machen mochten. Seitdem finde ich alle Morgen solche Tafelreste, außer Mäusen auch Frösche und sogar Sperlinge. Die Alten müssen sich zur Fütterung etwa dritthalb Fuß in die Kammer hineinwagen, was für diese Thiere schon ein Unternehmen ist, aber sie vollbringen es, und was sie dazu befähigt, ist eben der Muth der Liebe.“




Zur Rubrik der Vermißten. Aus Süddeutschland geht uns nachstehende Mittheilung zu, welche, wenn derselbe Fall öfter vorgekommen sein sollte, eine Erklärung mehr über die große Anzahl unserer „Vermißten“ enthält. Man schreibt: „Zu Anfang des Krieges im August 1870 kam mit einem Zuge Verwundeter, der durch Mannheim ging, ein Sarg an und wurde auf dem Bahnhofe daselbst zurückgelassen. Da weder eine Begleitung dabei war, noch irgend Jemand wußte, wessen Leiche der Sarg umschloß, so wurde derselbe, nachdem er zwei Tage auf dem Perron gestanden, in die Erde gesenkt. Vielleicht könnten diese Zeilen den Verwandten des Gefallenen irgend wie zum Aufschluß über das Ausbleiben des Sarges verhelfen.“




Zwei Söhne einer Mutter vermißt! Zwei geborene Leipziger, Oscar Hagedorn, 1831 geboren, hat als Officier der Republik Argentina von Buenos-Ayres aus am 8. Mai 1869 zum letzten Male geschrieben. Und Ferdinand Hagedorn, der sich auch kurzweg Hagen genannt, geboren 1835, war zuletzt zweiter Mate (Unterschiffer) auf dem britischen Schiffe „Beth Shan“, Capitain Armstrong, und schrieb im Juni 1865 aus Singapore, daß er noch im selben Monat nach Bombay segeln werde. Seitdem sind Briefe dorthin weder beantwortet noch zurückgeschickt worden.




Kleiner Briefkasten.

V. R. in M. Auf die von Ihnen an die Redaction der Gartenlaube gestellte Anfrage: „Warum heißt die Werra später Weser?“ können wir Ihnen die Sie jedenfalls sehr beruhigende Notiz geben, daß beide Namen einen Ursprung haben. Der gemeinsame Name beider Flüsse lautete ursprünglich Wisurraha (woraus das lateinische Visurgis entstand) und beide erstere Namen sind nur verschiedene Abkürzungen, indem man im südlichen Theil Werraha und im nördlichen Wisura daraus machte. Uebrigens wurde noch im Mittelalter das große Wasser bei Bremen meistens Wirraha genannt, also Werra näher als Weser stehend.




Zum Nationaldank für Ludwig Feuerbach.


gingen wieder ein: Peutenrieder in San Antonio (Texas) 5 Thlr. 20 Ngr.; von Goldsmith, Seifert, Hand, Neußer und Cash in New-Orleans 19 Thlr. 3 Ngr.; kleine Tafel bei Kniep in Braunschweig 2 Thlr.; Berliner Leser der Gartenlaube 1 Thlr.; Dame aus Holland 2 Thlr.; S. Bach in Stuttgart 2 Thlr.; A. B. in Magdeburg 1 Thlr.; durch Dierbach in Berlin (übrige Namen unleserlich) 5 Thlr.; aus Berlin (mit Wahlspruch) 10 Thlr.; F. S. und E. K. in Berlin 20 Thlr.; Dr. T. St. in Moskau 10 Thlr.; Zimmerle in Pforzheim 1 Thlr.; F. F. Lbg. 5 Thlr.; Turnverein Frankenthal (Pfalz) 5 Thlr. 21 Ngr. 4 Pf.; F. S. in Melle 5 Thlr.; Bär in Freiberg 1 Thlr.; Kreissecretär B. in R. 3 Thlr.; L. S. in Karlsruhe 4 Thlr.; Personal der Börsenbank in Berlin 8 Thlr. 8 Ngr.; Knöfel in Dresden 2 Thlr. 21 Ngr. 8 Pf.; L. Trapp in London 4 Thlr.; A. Pelissur in Hanau 7 fl. rh.; K. Baur in Darmstadt 1 Thlr.; aus Danzig 2 Thlr.; Redaction des Braunschweiger Tageblattes 12 Thlr.; aus Wiesbaden 5 Thlr.; aus Kelbra[WS 1] 3 Thlr.; H. B. in Driburg 3 Thlr.; Prof. Kapp 10 Thlr.; von neun Ungenannten aus Diez und einem aus Ems mit dem Motto: „Alte Liebe rostet nicht“ 18 Thlr.; Ungenannt 1 Thlr.; beim Geburtstage des Kaisers Wilhelm von deutschen Männern gesammelt in Charkow (Rußland) und übersandt durch Obergärtner W. Staats 53 Rubel; deutsch-katholischer Frauenverein in Mainz 10 Thlr.; C. K. in Kbg. 1 Thlr.; Tschumikoff in Reval 5 Thlr.; aus Wittstock 5 Thlr.; Lomler in Straßburg 2 Thlr.; Postsecretär Horn in Annaberg 20 Ngr.; Beitrag des geselligen Verbandes in Oberleitendorf (Oesterreich) 30 fl. ö.; Finanzrath Bauer in Laibach 1 fl.; Wokulat in Görz 7 fl.; Clara Ebermann aus Galizien 2 fl.; eine österreichische Verehrerin 1 fl.; Sammlung des Feuerbach-Comités in Breslau durch Louis Burgfeld 623 Thlr. 17 Ngr.

Die Redaction.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: als Kelbra
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_382.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)