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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


1552 bis zu seinem Tode, 2. December 1594, gelebt hat, enthüllte stattliche, überlebensgroße Standbild, vom Bildhauer Reiß in Düsseldorf, ist sinnig geschmückt mit allegorischen Kinderfiguren, welche Meßkunst, Schifffahrt, Handel, Industrie repräsentiren. Möge diese Zierde der deutschen Stadt dauernd an eine der ersten Zierden deutschen Geistes erinnern![1][WS 1]

J. Lwbg.




Die Salzkammergutbahn.
Von Otto Prechtler.
Mit Abbildung.

Hingelehnt und allmählich aufsteigend mit seinen Alpenriesen zwischen den Grenzen von Baiern, Oberösterreich und Steiermark, beherrscht von den krystallenen Gipfeln des Dachsteins, durchrauscht von den grünen Wellen der eilenden Traun – mit den tiefblauen Augen seiner herrlichen Seen – grünt und blüht es, das Paradies der österreichisch-steirischen Alpen, das gemüthlich-anheimelnde Land mit dem prosaischesten aller Namen – das Salzkammergut. Wenn es bisher schon diesem Stückchen Erde an Zufluß von Reiselustigen nicht fehlte, so werden sie fortan in Strömen kommen, da nunmehr auch in dieses „Paradies“ die eherne Schlange der Eisenbahn eingedrungen ist und es seiner ganzen Länge nach durchzieht.

Wir besteigen den Zug in Attnang, dem Ein- und Ausgangspunkte der aus dem deutschen Reiche kommenden Reisenden, und wollen es versuchen, die hervorragendsten, schönsten und interessantesten Bilder der jungen, unvergleichlichen Alpenschienenstraße festzuhalten.

Gerade gegenüber dem Bahnhofe von Attnang steigt in scheinbar sehr kleiner Entfernung der majestätische Traunstein empor, seine König-Ludwigs-Silhouette im blauen Aether, seinen Fuß im Abgrunde des Traunsees badend, weithin schauend in das reichgesegnete Oberland. Immer höher und riesiger scheint der Bergesalte zu wachsen, je näher das Dampfroß durch das liebliche Aurachthal dem weithin berühmten Gmundner Paradiese entgegenbraust. Da liegt die kleine weißschimmernde Seestadt, amphitheatralisch sanft vom nordöstlichen Ufer des herrlichen Sees aufsteigend, überragt von grünen Hügeln, hinschauend auf die zahlreichen glänzenden Villen an den Bergabhängen, welche in den letzten fünfzehn Jahren wie durch ein Zauberwort diesem Eden Oesterreichs entwachsen sind.

War Gmunden, welches den Gartenlaubenlesern erst jüngst in Wort und Bild vorgeführt worden (Nr. 13), noch vor einigen Jahrzehnten eine fast nur von Studenten und spärlichen Touristen im Sommer besuchte Alpeneinsamkeit, so hat die Neuzeit ein kleines Nizza daraus gemacht, das von den höchsten und hohen Herrschaften aller Länder und den Geldfürsten Israels gern bewohnt und von tausend und aber tausend Wanderlustigen besucht wird. Das Seethal von Gmunden, umschlossen einerseits von sanft aufsteigenden, mit Tausenden von Obstbäumen gesegneten oder waldigen Höhen, andererseits von den schneebedeckten Ausläufern des weitverzweigten Hochgebirgs, gewährt aber auch in der That eines der reizendsten Landschaftsbilder, welche die österreichischen Alpen aufzuweisen haben.

An dem aus einer Insel des Traunsees liegenden Schlosse Ort und dem anmuthig situirten alterthümlichen Altmünster, desgleichen an Schloß Ebenzweier, jetzt Besitzung der Gräfin Chambord, vorüber, führt die Bahn in mäandrischen Krümmungen an die Station Traunkirchen, die ehemalige Stätte eines Nonnenklosters. Zunächst hinter Traunkirchen erhebt sich der 1085 Meter hohe Dolomitfels Sonnenstein, durch dessen endlos scheinenden, 1450 Meter langen Tunnel die eherne Schlange ihren Lauf nach Ebensee mit seinem großen Salzsudwerke nimmt. Unweit Ebensee liegen die einsamen Langbathseen, in deren Umgebung der Kaiser von Oesterreich seine Lieblingsjagdreviere hat.

Von Ebensee längs der und über die Traun führt uns der Schienenweg in breiter Waldschlucht der Sommerfrische von Ischl zu, das sich im Laufe der letzten Decennienz zu einem glänzenden Curorte emporgeschwungen hat; namentlich haben die gichtbannenden Soolbäder den Markt berühmt gemacht. Es ist der alljährliche Badeort des Kaisers von Oesterreich, dessen prächtige Villa das Thal beherrscht. Als überaus lohnende größere Ausflüge von Ischl aus müssen wir die Fahrt nach dem großen Attersee mit seinen malerische Uferstationen und dem Seebade Schloß Kammer, so wie die Fahrt nach Mondsee, und den bequemen, höchst interessanten Aufstieg auf den österreichischen Rigi, dem fernhin schauenden Schafberg (1789 Meter hoch), bezeichnen.

Von Ischl führt der Dampfzug uns an dem uralte Laufen mit seinem kleinen Traunfall vorüber – abermals längs der Traun – nach dem kleinen Anzenau mit der weitbekannten Chorinskyklause, jener Holzschwemme-Vorrichtung mit den zu einem kleinen See angestauten Gebirgswassern, deren Eröffnungstag stets in Ischl angekündigt wird, weil der Wasser- und Holzsturz wirklich ein großartiges und deshalb vielbesuchtes Schauspiel gewährt. Von da fortdampfend, berühren wir das uralte Dorf Goisern, dessen römischer Ursprung durch die vielen hier ausgegrabenen römischen Münzen wohl erwiesen ist. Wir begrüßen den Ort als die Wohnstätte Conrad Deubler’s (Jahrg. 1875, S. 400), der eines Ludwig Feuerbach verständnißvoller Freund war und der für seine muthige Geistesfreiheit unglaublich schwer gelitten hat.

Von da gelangen wir an das nördliche Ende des Hallstädtersees und das Oertchen Steg, und längs des dunkeln Spiegels – dem terrassengleich aufsteigenden Hallstadt gegenüber – nach Obertraun. Wir sind hier von steil aufsteigenden Alpengiganten eingeschlossen, über deren Gipfel im Winter monatelang der Sonnenstrahl nicht einmal auf kurze Frist sich Bahn bricht. Stumm und todt, wenn kein Sturm ihn aufwühlt, liegt der grünschwarze See in dem ewigen Alpensarge, an dessen Wänden die kleinen Häuschen der Hallstadt kleben, welche keine Gassen und Gäßchen hat und nur durch Stiegen und selbst Dächer die Communication ermöglicht. Die Bewohner von Hallstadt sind theils in den kaiserlichen Salzwerken bedienstet, theils finden sie einen Haupterwerbszweig im Schnitzen von anmuthenden oder praktischen Holzgegenständen; in jüngster Zeit ward dort sogar eine eigene Holzschnitzerschule gegründet, welcher ein Professor mit Staatsgehalt vorsteht. Der Salzberg von Hallstadt bildet die ältest-benutzte Salzgrube des Salzkammergutes und gipfelt in dem buchenbewachsenen, hochgelegenen und steilaufsteigeden Rudolphs-Thurme mit der Wohnung des Bergmeisters. In neuerer Zeit fand man bei Hallstadt aus Anlaß von Ausgrabungen Menschengerippe von mehr als normaler Größe, Waffen und seltsame Schmuckgattungen, die wahrscheinlich celtischen Ursprunges sind; auch werden die Erdhöhlungen „Celtengräber“ genannt.

In einer desto reizenderen Thalmulde sehen wir das protestantische Dorf Obertraun, von welchem dann die Straße über den Koppen nach dem vielgenannten steiermärkischen Markte Aussee führt. Eine höchst romantische Naturschönheit, durch schauerliche Enge und Steinbildungen eigenthümlich fesselnd, ist

  1. Das Denkmal Mercator’s besteht in einem sich aus einem Wasserbassin erhebenden Pfeileraufbau, welcher mit Rundbögen und einem Kuppelgewölbe geschlossen ist; über diesem Pfeilerbau ragt das Standbild auf einem Postament empor, an welchem sich vier mit Inschriften versehene Nischen befinden; neben diesen sitzen auf den vier Ecken allegorische Kinderfiguren. Die überlebensgroße Figur Mercator’s, welche den Aufbau krönt, ist nach vorhandenen Gemälden und Kupferstichen in der kleidsamen Tracht jener Zeit hergestellt, eine halb entrollte Karte in der einen, einen Zirkel in der andern, in die Seite gestemmten Hand haltend; ein Globus steht zu Mercator’s Füßen. Im Innern des Pfeileraufbaus ist eine bronzene, überlaufende Schale mit springendem Wasserstrahl angebracht, und darunter lagern vier wasserspeiende Seeungeheuer, wie sie Mercator auf den Rand seiner Karten zu zeichnen pflegte. Ein Wasserbassin, welches auf einer achteckigen Platte ruht, umgiebt den ganzen Bau. Die Höhe des Denkmals beträgt 9,2 Meter. Das ganze Werk, mit Ausnahme der Schale, ist aus weißem Trierer Sandstein hergestellt. Der Entwurf rührt von dem Stadtbaumeister Schultze zu Duisburg her, während der Bildhauer Jos. Reiß in Düsseldorf die Ausführung des Denkmals besorgt und die Figuren selbst modellirt und gemeißelt hat; die architektonischen Steinmetzarbeiten sind von den Steinmetzen Kaufhold und Berndt in Düsseldorf beschafft worden.
    Die Redaction.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 594. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_594.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2017)