Seite:Die Gartenlaube (1880) 862.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


Einige Zahlen aus der Tagesgeschichte. „Daher rede und schreibe Herr Lassalle so viel er will – ich denke, wir sind auch da auf diesem Felde, wenn es gilt – die Hauptsache ist, zu handeln, zu organisiren. Dort Redensarten, hier Capital und Bildung wir wollen sehen, wer das Feld behält!“ Mit diesen männlichen Worten forderte vor zwanzig Jahren Schulze-Delitzsch die Socialdemokratie zum Wettkampfe heraus, indem er für den „Geist der Selbsthülfe, diesen echt deutschen Geist, der die freie Arbeit eingeführt hat in die Geschichte“, mit Begeisterung auftrat. (Vgl. „Capitel zu einem Arbeiterkatechismus“ von Schulze-Delitzsch, Verlag von Ernst Keil.) – Nun, wer hat das Feld behalten? Es verlohnt sich jetzt gerade, wo man dem Princip der ökonomischen Freiheit den vermeintlichen Segen des Staatssocialismus, des Blutsverwandten der Socialdemokratie, entgegenstellt, die Antwort der Geschichte zu vernehmen. Was aus den hochklingenden Verheißungen Lassalle's geworden, das weiß heute Jedermann, das wissen und fühlen die Massen der verführten und bitter getäuschten Arbeiter. Was aber aus dem Versprechen Schulze-Delitzsch's zum Wohle des Vaterlandes verwirklicht worden, darüber mögen Zahlen entscheiden!

Vor uns liegt wiederum ein „Jahresbericht über die auf Selbsthülfe gegründeten deutschen Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften“ von dem derzeitigen Genossenschafts-Anwalte, Dr. H. Schulze-Delitzsch, für das Jahr 1879 zusammengestellt. Es genügt, aus den langen Ziffercolonnen nur folgende sprechende Zahlen anzuführen: in jenem Jahre bestanden in Deutschland 1866 Creditgenossenschaften, 649 Genossenschaften in einzelnen Erwerbszweigen, 642 Consumvereine und 46 Baugenossenschaften, zusammen 3203 Genossenschaften, was gegen das Vorjahr eine Zunahme um 57 Vereine ausmacht. Und diese rührige arbeitsame Schaar, welche über eine Million Mitglieder zählt, hat ein eigenes Capital von 170 bis 180 Millionen Mark angesammelt und bei ihren Geschäften einen Umsatz von über 2 Milliarden Mark erzielt. – Das sind in der That leuchtende Erfolge einer weisen Benutzung der volkswirthschaftlichen Freiheit, die durch Intelligenz, Fleiß und Sparsamkeit den Wohlstand der Völker begründet und der man heute mit neuen Redensarten die Herzen des arbeitende Volkes zu entfremden sucht. Die wahre Demokratie kann heute noch mit muthiger Zuversicht sagen: „Wir wollen sehen, wer das Feld behält!“




Die Sonnenkraftmaschinen, über welche der geneigte Leser einen größeren Artikel im Jahrgang 1874 (S. 468) der „Gartenlaube“ findet, schicken sich allmählich an, den dort ausgesprochenen Erwartungen immer mehr zu entsprechen. Ihr unermüdlicher Verbesserer A. Mouchot hat seit Mai vorigen Jahres damit eine Reihe von Versuchen in Algier angestellt, über deren Ergebnisse er kürzlich der Pariser Akademie der Wissenschaften einen Bericht abstattete, aus welchem wir das Folgende entnehmen: Ein Apparat, dessen Spiegel 3,8 Meter Bestrahlungsöffnung besaß und im Allgemeinen so construirt war, wie wir es an der obenerwähnten Stelle genauer beschrieben haben, brachte am 18. November 1879 in seinem Kessel fünfunddreißig Liter Wasser in achtzig Minuten zum Sieden und ergab anderthalb Stunden später einen Dampfdruck von acht Atmosphären. Zur Zeit des niedrigsten Sonnenstandes im Winter lieferte er in der Stunde 5100 Liter Wasserdampf, und am 24. December wurden fünfundzwanzig Liter Wein innerhalb fünfundvierzig Minuten abdestillirt, wobei man vier Liter Branntwein erhielt. Uebrigens hat A. Mouchot neuerdings auch die Sonnenwärme zu mechanischen Arbeiten benutzt und eine horizontale Dampfmaschine construirt, die ohne Condensation des Dampfes mit 3,5 Atmosphärendruck arbeitet und mittelst einer unvollkommenen Pumpe in der Stunde 1200 Liter Wasser um einen Meter hebt oder einen Bewässerungsstrahl zwölf Meter hoch wirft. Diese Leistung, die sich durch bessere Pumpwerke entschieden steigern läßt, wird in vollkommen constanter Weise von Morgens acht bis Nachmittags vier Uhr erhalten und weder die stärksten Winde noch vorübergehende Wolken beeinträchtigen dieselbe merklich. Natürlich können solche Apparate nur in südlichen Ländern mit vorwiegend klarem Himmel mit Vortheil benutzt werden. Um den Parisern das Princip, welches für Algier und andere sonnige Länder gewiß eine bedeutende Zukunft hat, zur Anschauung zu bringen, hat Abel Pifre seit einigen Wochen im Garten des Conservatoriums der Künste einen großen Apparat dieser Art mit neun Quadratmeter Spiegelfläche aufgestellt, der bei heiterer Luft in einer halben Stunde fünfzig Liter Wasser zum Sieden bringt und eine Pumpe treibt, die in der Minute hundert Liter Wasser drei Meter hoch hebt.




Berichtigung. In einem Theil der Auflage von der Nr. 48 ist in dem Artikel „Einer ‚der Zwölf von einer Million‘“ auf Seite 796, Spalte 2, Zeile 15 und 16 statt „Mexico“ zu lesen „Marokko“!




Kleiner Briefkasten.

A. R. So weit es uns bekannt ist, sind Eucalyptus amygdalina und citriodora gegenwärtig nur in der Gärtnerei von F. H. Dammann jun. in Görlitz zu haben; sie sind von dem Eigenthümer des Geschäfts direct aus Australien eingeführt worden.

M. G. in Moskau. Die gewünschte Adresse lautet: Herrn Dr. Heinrich Landesmann (Hieronymus Lorm) in Dresden.

A. M. in Großenhain. Vernichtet, weil ungeeignet.

K. M. in Hohenstein. Sie sind leider wehrlos, und wir Alle mit Ihnen – weil ein diesbezüglicher gesetzlicher Schutz in Amerika nicht existirt.

C. H. Sie haben Recht, wenn Sie hier ein betrügerisches Treiben vermuthen. Das Bild ist uns als Original verkauft, dann aber hinter unserem Rücken noch dem bewußten zweiten Blatte zur Vervielfältigung abgetreten worden. Wir brachten die Veröffentlichung der Illustration von der andern Seite erst nachträglich in Erfahrung, ohne gegen dieses schwindelhafte Treiben einschreiten zu können. Dies ist übrigens in unserer langjährigen Praxis der erste Fall eines derartigen Betrugs.

F. B. 25 in Braila. Mit Beurtheilung von Gedichten können wir uns, wie oft genug erklärt, aus Mangel an Zeit, nicht befassen.

Olbernhau. Sie hätten gut gethan, mit Ihrem Urtheil so lange zurückzuhalten, bis Sie sich von der Wahrheit Ihrer Behauptung überzeugt hatten. Das Unternehmen ist in Verbindung mit einer hiesigen sehr achtbaren Firma der betreffenden Branche in’s Leben gerufen worden, und, so weit wir es zu beurtheilen vermögen, kein Schwindel.

A. B., K. H. 1 und C. R. Verfügen Sie über Ihr ungeeignetes Manuscript!

E. S. in N. S. Wiederholen Sie gütigst Ihre drei Fragen unter Angabe Ihrer vollen Adresse!



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt der achtundzwanzigste Jahrgang unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das erste Quartal 1881 schleunigst aufgeben zu wollen und bringen denselben zugleich zur Kenntniß, daß wir den neuen Jahrgang mit einer fesselnden Erzählung aus der Feder der allverehrten Verfasserin der „Goldelse“ eröffnen werden, mit:

„Amtmanns Magd“ von E. Marlitt.

Derselben wird eine Reihe von novellistischen Beiträgen aus der Werkstatt unserer besten Autoren folgen, und zwar in erster Linie:

„Bruderpflicht“ von Levin Schücking.

„Nicht zu hoch“ von Herm. Lingg.

„Mutter und Sohn“ von A. Godin.

Diesen hervorragenden Erzählungen werden sich kleinere Novellen anschließen, so „Feuerliesl“ von Carl Blanck, „Ein getreues Herze wissen“ von Ant. Ohorn u. a.

Auch auf den übrigen Gebieten der Unterhaltung und Belehrung werden wir im neuen Jahrgange unsere alten Ziele treu im Auge behalten und stets bestrebt sein, den Lesern in geschmackvoller Form einen gediegenen Inhalt zu bieten, vor Allem aber für den deutschen Vaterlandsgedanken und die Kräftigung gesunder Freiheitsbestrebungen, sowie für die gemeinnützige Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse und vernunftgemäße Pflege des öffentlichen Wohlfahrtssinnes energisch einzutreten.

Von besonderem Werthe für unsere Leser dürfte endlich die Mittheilung sein, daß wir Herrn Maler

Rudolf Cronau,

unsern langjährigen, allbeliebten Mitarbeiter, der eine artistische Reise um die Erde angetreten hat, gewonnen haben, uns einen Theil seiner künstlerlischen Ausbeute zuzuwenden. Seine Betrebungen werden neben der Berücksichtigung alles Großen und Interessanten, was die Fremde ihm bieten wird, besonders dahin gerichtet sein, uns Schilderungen deutscher Interessen und deutschen Lebens in außereuropäischen Ländern zu liefern, welche wir in zwangloser Folge unter der neu zu eröffnenden Rubrik „Um die Erde“ zusammenzufassen gedenken. – Wir benutzen diese Gelegenheit, Herrn Cronau unsern Landsleuten in der Fremde auf das Wärmste zu empfehlen, und sprechen die Bitte aus, denselben in seinem unserem Blatte gewidmeten Arbeiten möglichst zu unterstützen.

Die Redaction und Verlagshandlung der „Gartenlaube“.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Neujahr aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 862. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_862.jpg&oldid=- (Version vom 22.12.2019)