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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Bethanien an den Schwestern die geeignetsten Personen zur Krankenpflege. Und wenn es gleich zu wünschen ist, daß nicht die frömmelnde Barmherzigkeit, sondern die Pflicht des Staates hinreichende Krankenhäuser für alle Leidtragenden errichte, – so möchten wir dennoch in der Leitung und Einrichtung aller solcher Staatsanstalten den herrlichen Geist der weiblichen Sanftmuth und Theilnahme nicht vermissen, den wir in Bethanien in hohem Maße angetroffen haben.

R. Springer. 




Vergehen und Auferstehen
der Materie.

Die Materie (denn der Geist gehört hier durchaus nicht in unsere Betrachtung) ist ewig und unvergänglich und alle seit Erschaffung unserer Erde vorhandenen Stoffe nehmen weder ab noch zu, nur ihre Form und die Verhältnisse ihrer Mischung ändern sich immerwährend. Die zu Grunde gehenden Körper liefern nämlich fort und fort Material zu neuen Körpern. Wenn z. B. Pflanzen oder Thiere verfaulen, Holz und Kohlen verbrennen, Gesteine verwittern, so zerfallen sie endlich in einzelne, ihnen zu Grunde liegende, zum Theil nicht weiter zerstörbare Bestandtheile, von denen ein Theil luftförmig, ein anderer als Asche und Erde zurückbleibt. Diese luftförmigen und festen Ueberreste sind nun aber das Material, woraus die Natur neue Gebilde zusammenfügt. Das Holz, welches vor Millionen Jahren einer üppigen Pflanzenwelt angehörte, entreißen wir jetzt als Steinkohle dem Schooße der Erde; sie wird verbrannt, wobei auch nicht ein Stäubchen davon verloren geht; der größte Theil derselben erhebt sich in die Lüfte und dient nun der heutigen Pflanzenwelt als Nahrung. Diese Pflanzen werden sodann von Thieren und Menschen verzehrt und so werden dieselben Stoffe, welche zu einer Zeit, wo noch keine Spur von Menschen vorhanden war, einen Baum zusammensetzen halfen, jetzt Bestandtheile eines Thieres oder eines Menschen. Dagegen können dieselben Stoffe, nach Untergang dieses Thieres oder Menschens abermals in eine Pflanze übergehen u. s. f. So ist denn nirgends Ruhe in der Natur und alle Stoffe befinden sich in einem fortwährenden Kreislaufe, in stetem Wechsel ihrer Vereinigung. Vergleicht man nun aber Das, was vor Jahrtausenden unterging mit Dem, was jetzt besteht, so zeigt sich ganz deutlich auf unserm Erdboden eine allmälige, immerfort zunehmende Vervollkommnung des Geschaffenen und es läßt sich deshalb auch in Hinsicht auf die Materie sagen: „Tod ist nicht Tod, Tod ist nur Veredelung sterblicher Natur.“ Ein gebildeter Mensch muß deshalb beim scheinbaren Untergehen der Körper stets an das Auferstehen, d. h. an das Uebergehen der Stoffe jener in andere Körper, denken und auch zum Wohle des Entstehenden benutzen.

Zerlegt man die Substanzen, welche unsere Erde und Alles, was aus derselben existirt, bilden, so stößt man endlich auf Stoffe, die nicht weiter in andere Stoffe zerlegt werden können. Diese Stoffe heißen Urstoffe, Grundstoffe, Elemente oder einfache Körper (s. Gartenlaube Jahrgang I. Nr. 28); ihre Zahl beträgt 64. Jedoch sehen wir nur eine geringe Zahl derselben als Hauptfiguren auf der Bühne des allgemeinen Stoffwechsels fast ununterbrochen thätig und von diesen sind es vorzugsweise wieder der Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoff. Keiner der Grundstoffe läßt sich in einen andern verwandeln und ein jeder behält stets die ihm von Anfang der Schöpfung an verliehenen Eigenschaften (Kräfte). Gold, ein Element, wird demnach niemals vom Menschen künstlich dargestellt werden können. – Nach der bald größeren, bald geringeren Verwandtschaft der Elemente zu einander, gehen dieselben nun die mannigfaltigsten Verbindungen ein und bilden auf diese Weise eine Menge neuer, sogenannter zusammengesetzter Stoffe, denen nach der Eigenthümlichkeit ihrer Zusammensetzung die verschiedenartigsten Eigenschaften (Kräfte) zukommen. Man findet die zusammengesetzten Stoffe als Hauptmasse alles Geschaffenen, während die Grundstoffe, mit Ausnahme von Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff, rein nur sehr vereinzelt in der Natur vorkommen. Manche dieser Zusammensetzungen zeichnen sich durch große Einfachheit aus und lassen sich deshalb auch künstlich darstellen, während andere, durch die vielfach verschlungenen und sich durchkreuzenden Beziehungen und Verknüpfungen der Grundstoffe zu einander, sehr complicirte Verbindungen sind. Die einfacheren Verbindungen, welche in flüssiger, erdiger oder kristallischer Form vorkommen, werden als sogenannte unorganische, todte, leblose Körper beschrieben, wie Luft, Wasser, Erden, Salze, Gesteine; dagegen bilden die zusammengesetzteren Verbindungen solche Substanzen, die sich nur in dem pflanzlichen, thierischen und menschlichen Körper vorfinden. Diese zusammengesetzteren Substanzen heißen auch organische und ihnen kommt, sobald sie einen bestimmten Grad von zusammengesetzter Mischung erreicht haben, eine bestimmte, sogenannte organisirte Form und mit dieser Eigenschaften zu, welche man Lebensthätigkeiten zu nennen pflegt und wohl auch einer ganz besondern Kraft, der Lebenskraft, zuschreibt. Die Erhaltung jenes organischen Mischungszustandes und der organisirten Form mit der daraus hervorgehenden Lebensthätigkeit kann aber nur durch fortwährendes Erneuern und Abstoßen der Bestandtheile jener Körper zu Stande kommen und somit beruht das Leben der sogenannten organischen, belebten, beseelten Körper oder Organismen, zu denen Pflanzen, Thiere und Menschen gehören, auf einem ununterbrochenen Stoffwechsel (s. Gartenlaube Jahrgang I. Nr. 39). Mit dem Aufhören dieses Stoffwechsels (d. i. Sterben, Tod) wird auch die eigenthümliche complicirte Zusammensetzung des organischen (durch das Sterben zur Leiche gewordenen) Körpers aufgehoben und seine organisirte Form zerstört; die zusammengesetzteren, organischen Stoffe desselben verwandeln sich nach und nach mit Hülfe des Sauerstoffs in einfachere, unorganische Stoffe; Elemente werden frei.

Unter den Zerstörungsprozessen, welche das scheinbare Vergehen unorganischer und organischer Körper nach sich ziehen, ist das Verwittern, Verbrennen, Verfaulen, Verwesen, Vermodern und Gähren für uns vom größten Interesse.– Der Verwitterungsproceß, dem wir die Bildung unseres Erdbodens (der Ackererde) aus den Urgesteinen zu verdanken haben, ist nichts anderes als ein Auflösen der Gesteine in dem Wasser und den freien Säuren (besonders der Kohlensäure) der atmosphärischen Luft. Dieser Zerstörung unterliegen mit der Zeit selbst die härtesten Gesteine, denn auch der Granit wird dadurch nach und nach in eine weiße erdige Substanz umgewandelt. – Die schnellste Zerstörung organischer Substanz ist durch Feuer möglich zu machen. Das Verbrennen kann aber nur bei Zutritt von Sauerstoff (der atmosphärischen Luft) zu Stande kommen, weil sich dieser hierbei mit den verbrennlichen Elementen, vorzugsweise mit dem Kohlenstoffe und Wasserstoffe, der organischen Substanzen verbinden muß. Es bilden sich deshalb beim Verbrennen hauptsächlich Kohlensäure, Kohlenwasserstoff und Wasser; diese Stoffe entweichen in die Luft und nur die unorganischen festen, unverbrennlichen Stoffe bleiben als Asche zurück. Natürlich wird diese letztere nach der verschiedenen Zusammensetzung der verbrannten Körper bald aus diesen, bald aus jenen Stoffen bestehen müssen. – Fäulniß, Verwesung und Vermoderung sind Zerstörungsprozesse organischer Stoffe, welche der Verbrennung ganz ähnlich sind und sich von diesen nur durch ihr langsames Vorsichgehen unterscheiden. Die durchaus nothwendigen Bedingungen, unter denen diese Prozesse zu Stande kommen können, sind: Wärme, Wasser und atmosphärische Luft (Sauerstoff). Man kann deshalb diese Arten der Zerstörung von organischen Körpern dadurch abhalten, daß man sie in eine Temperatur unter dem Gefrierpunkt bringt, oder daß man ihnen alles Wasser entzieht (durch Salz, Alcohol, Kohle, Zucker), oder daß man den Zutritt von Luft zu ihnen abhält (durch Wachs, Fett, Harz, Kalkstein), oder daß man ihnen die Fähigkeit, sich zu zersetzen, durch Chlor, Mineralsäuren, Holzessig oder Gerbstoff benimmt. Fäulniß heißt der Zersetzungsprozeß mancher organischen Körper, bei welchem Wasser die Hauptrolle spielt und dabei theils aufgenommen, theils zersetzt wird (in Wasserstoff und Sauerstoff). Am Fäulnißfähigsten sind die stickstoffhaltigen Eiweißsubstanzen und diese sind es auch, welche andere für sich nicht fäulnißfähige Stoffe zur Zersetzung fähig machen können. Man

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_351.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)