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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Schwefelsäure, indem man hier ein wertvolleres Nebenprodukt – Bittersalz – erhält.

Um nun das Wasser mit Kohlensäure unter einem höheren Drucke zu sättigen, bedient man sich geeigneter Apparate – Pumpwerke – die im Laufe der Zeit mancherlei Veränderungen erlitten haben, bevor sie die jetzige Vollkommenheit erreichten. Man sammelt die Kohlensäure in geeigneten Behältern – Gasometern – und bringt sie hier unter den Druck, unter welchem sie vom Wasser aufgenommen werden soll, wo dann die Aufnahme direct geschieht, indem zu gleicher Zeit Wasser und Kohlensäure in bestimmten Verhältnissen durch ein und dieselbe Pumpe in das Sammelgefäß gebracht werden oder man treibt die Kohlensäure für sich durch Pumpen in das Wasser ein. Besondere Vorsicht muß beim Ablassen des fertigen Wassers in die Flaschen angewendet werden, damit das Gas nicht wieder entweicht. Zu dem Ende wird die Flasche fest gegen Kautschuk gepreßt, womit der Hahn umgeben ist. Durch ein geschicktes Lüften der Flasche läßt man die darin enthaltene atmosphärische Luft entweichen und ist dann sehr schnell mit einem Kork bei der Hand. Aber nicht eine jede Flasche, falls sie nicht vorher ausdrücklich auf ihre Festigkeit durch eine Druckpumpe geprüft worden ist, hält den angegebenen Druck aus. Deshalb muß sich der Arbeiter die Hand und den Arm durch einen dicken Handschuh und das Gesicht durch eine Drahtmaske gegen die umhergeschleuderten Glasscherben der zerspringenden Flaschen schützen. Außerdem umgiebt noch eine kupferne, leicht zu beseitigende Platte, in der eine mit einem Gitter versehene Oeffnung zum Hindurchsehen angebracht ist, als Schutzmittel die Flasche.

Auf dieselbe Art wird auch die Schaumlimonade bereitet, indem man dem Wasser verschiedene Zusätze, wie Fruchtsäfte, mit verschiedenen ätherischen Oelen abgeriebenen Zucker oder auf ähnliche Art bereitete Zuckersäfte zusetzt. Je nach der Art dieser Zusätze kann man die mannigfaltigsten Getränke bereiten. – In neuester Zeit hat man auch angefangen Meerwasser, schwache Salzquellen, die wie z. B. in Kösen, Wittekind etc. getrunken werden, mit Kohlensäure zu sättigen, um ihnen einen angenehmeren Geschmack zu verleihen.

In der neuesten Zeit ist die Anfertigung derartiger moussirender Getränke durch kleinere geeignete Apparate in jeder Haushaltung möglich gemacht. Wegen der Annehmlichkeit, die sie bieten und wegen ihres mäßigen Preises sind sie sehr zu empfehlen. Hauptsächlich hat man bei uns zweierlei Apparate dieser Art. Der eine ist der sogenannte Liebig’sche Krug, dessen Einrichtung jedoch nicht, wie man es oft hört, von dem berühmten Chemiker angegeben ist. Der starke, aus Steingut angefertigte Krug ist in zwei ungleiche Hälften getheilt, von denen die obere bis 21/2 Quart und mehr, die untere nur bis 1/4 Quart Wasser faßt. Beim Gebrauch füllt man die größere Abtheilung nicht ganz mit Wasser und verschließt die Oeffnung wieder sorgfältig. In den unteren kleineren Raum thut man die Mischung, aus der sich die Kohlensäure entwickeln soll und etwas Wasser, welches die Lösung der Säure und dadurch die Einwirkung auf das kohlensaure Salz, also die Entwickelung der Kohlensäure vermittelt. Am Besten bedient man sich hier für jedes Pfund der mit Kohlensäure zu sättigenden Flüssigkeit eines Gemisches von 139 Gran krystallisirtem kohlensauren Natron, 89 Gran doppelt kohlensaurem Natron, beides in Pulverform und 80 Gran Weinsteinsäure in Krystallen, um die Auflösung und Entwickelung der Kohlensäure nicht zu sehr zu beschleunigen. Mit diesem Gemisch sättigt man das Wasser unter dem Druck von 4 Atmosphären mit Kohlensäure.

Ist die Oeffnung gut verschlossen, so entweicht die Kohlensäure durch einige in dem Boden angebrachte Haarröhrchen in die obere Abtheilung und wird hier von der Flüssigkeit verschluckt. Ist diese gesättigt, so steigt das Gas durch sie hindurch und sammelt sich oberhalb derselben an. Durch den Druck, welcher die gasförmige Kohlensäure auf die Oberfläche der Flüssigkeit ausübt, wird die letztere gezwungen in ein bis auf den Boden reichendes Rohr bis zu dem Ventile in dem Halse der Flasche aufzusteigen. Oeffnet man solches durch Drücken auf einen Knopf, so strömt das schäumende Getränk in das untergehaltene Gefäß aus.

Mehr zu empfehlen noch ist ein anderer Apparat, der aus zwei Glaskugeln besteht. Die Einrichtung, durch welche das Getränk abfließt, ist hier solider und dauerhafter, während die des ersteren sehr oft der Reparatur bedarf. Durch die Unwissenheit und Unachtsamkeit der Leute, die entweder die Ladungen mit Kohlensäure zu stark machen oder nicht darauf achten, daß die Verbindung durch die Haarröhrchen frei ist, kann der Apparat sehr leicht zerspringen und große Gefahr bereiten. Daher ist er auch mit Draht oder spanischem Rohrgeflecht umgeben. Nichtsdestoweniger hat man sich doch vor dem jedesmaligen Gebrauch davon zu überzeugen, ob die Kohlensäure ungehindert passiren kann. Gießt man nämlich, wenn beide Oeffnungen der Flaschen offen sind, lauwarmes Wasser in den oberen Theil, so muß es in den unteren hineintröpfeln.

Soll nicht die Kohlensäure größtentheils beim Ablassen fortgehen, so läßt man den Apparat 24 Stunden ruhig an einem kühlen Ort, am Besten in Eis stehen, bevor man das Getränk verbraucht. Dadurch mischt sich die Kohlensäure inniger mit der Flüssigkeit und verweilt länger in ihr, wenn der Druck aufgehoben wird, unter dem sie in dem Apparat steht. Um das Getränk wohlschmeckender zu machen, thut man vorher eine Zuckerlösung hinein. Durch beliebige andere, schon angeführte Zusätze kann man die mannigfaltigsten und angenehmsten Mischungen erhalten. Namentlich wird als besonders erfrischend Milch gerühmt, die mit Kohlensäure gesättigt worden ist. Auch einen billigen Schaumwein kann man sich bei Anwendung von Zucker in diesen Apparaten bereiten.

Daß die beschriebenen Apparate sich in Haushaltungen sehr nützlich erweisen, dafür bürgt die große Verbreitung, die sie bereits gefunden. Wenn aber der Professor Dr. Weber in Freiburg meint, daß sie sogar Mineralbrunnenbesuche überflüssig machen und viel Zeit und Geld ersparen, indem mit ihrer Hülfe innerhalb einer Stunde die mannigfaltigsten und kräftigsten Heilmittel, wie sie nur die Natur liefert, erzeugt werden können, so ist dies weiter nichts als Redensarten, und man muß sich wundern, daß solche noch bereitwillig von öffentlichen Blättern, die sich einen Anstrich von Wissenschaftlichkeit geben, verbreitet werden. Dazu gehört mehr als ein solcher kleiner Apparat. Freilich scheint es in der Medizin überhaupt nicht auf eine Hand voll Noten anzukommen, denn wir sehen durch Homöopathie, Rademacherei, Wasser, alte Semmeln und wie die Kurmethoden alle heißen mögen, eben so große und noch mehr Wunderkuren vollbringen, als solche jedem echten Sohne des Aeskulap gelingen. Es ist, als ob die Aerzte sich bemühten, die Worte Hegel’s, der aus Nichts Alles aufbaut, zur Wahrheit zu machen.

Weniger vollkommen bereitet man sich moussirende Getränke einfach durch Anwendung von Brausepulver. Man thut hier am Besten, die Bestandtheile einzeln anzuwenden und zwar die Weinsteinsäure zuerst zu lösen, dann das doppelt kohlensaure Natron, fein gerieben, zuzuschütten und umzurühren. Die Kohlensäure entweicht hierbei aber meistens in die Luft. Der berüchtigte Poudre Fevre, der vor mehreren Jahren sich in den öffentlichen Blättern auf die schamloseste Weise breit machte, war nichts anderes als gewöhnliches Brausepulver – eine einträgliche Spekulation auf die Dummheit der Menge. Auf nichts Anderes läuft wahrscheinlich auch eine große Entdeckung hinaus, die mit vollen Backen von der „Illustrirten Zeitung“, die sich die belehrendste, folglich auch die bestunterrichtetste Familienzeitung nennt, jüngst ausposaunt wurde unter dem Titel: „Sodawasser in fester Form.“ „Kohlensaure Wasser und andere schäumende Flüssigkeiten giebt es genug; doch fehlte noch das wahre Sodawasser und dieses reicht uns nun Herr Lamplaugh, ein englischer Chemiker, in der sehr handlichen Form eines wohlbeschaffenen Pulvers, vermittelst dessen man sich sofort einen guten Trunk „schäumenden Fieber vertreibenden Salzbrunnens“ von stets gleich bleibender Kraft erzeugen kann.“ Eine jede Zeile in dieser Nachricht ist Unsinn; ein echter Literatenton vom reinsten Wasser. Bei diesen Leuten, ein treffliches Gegenstück der bekannten „Mädchen für Alles“, ist es zum Grundsatz geworden, über Alles zu schwatzen, wovon sie auch nicht eine Idee haben; wozu auch! Die große Menge, für die sie schreiben, versteht ja auch nichts davon, und besitzt zudem noch einen Straußen-Magen, der Alles verdaut.

Günstigere Resultate erzielt man, wenn man bei Anwendung von Brausepulver die Anfertigung des Getränkes in einer Flasche vornimmt; die Bestandtheile des Brausepulvers einzeln und zwar krystallisirt, also in größern Stücken hineinthut, schnell und gut verkorkt, und das Ganze längere Zeit ruhig stehen läßt.

Die Kohlensäure ist es auch, welche dem Trinkwasser das Belebende und Erfrischende verleiht. Auch hier entweicht sie, so wie überhaupt die Luft, bei längerem Stehen; die zahlreichen Bläschen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_400.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)