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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

fettig, glänzend, auch undurchsichtig, sehr weich und giebt auf Papier einen grauen Strich (Bleistift); er läßt sich nur schwierig entzünden und verbrennt langsam. In noch dichterem Zustande erscheint uns der Kohlenstoff als Diamant. Die Eigenschaften dieses geschätztesten Edelsteins sind allgemein bekannt. Seine Durchsichtigkeit, sein Glanz, sein wundervolles Farbenspiel und Feuer, seine große Härte (er ist der härteste Naturkörper) und Dauerhaftigkeit, geben ihm in den Augen der Menschen den hohen Werth und doch ist der Diamant durchaus nichts Anderes, als die gemeine schwarze Kohle; er läßt sich nur in den höchsten Hitzegraden entzünden und verbrennt dann wie die Kohle zu Kohlensäure. Wird er in einem verschlossenen Raume sehr stark erhitzt, so wandelt er sich sogar in schwarze Kohle um.

Auch der Sauerstoff besteht in mehreren Zuständen, in einem weniger verbindungsfähigen, in welchem er einen Hauptbestandtheil der Luft bildet und in einem viel verbindungsfähigeren, in welchem er Ozon genannt wird und entsteht, wenn man das Wasser durch Electricität zersetzt. Der gewöhnliche Sauerstoff wirkt z. B. nicht auf das Silber ein; dasselbe bleibt blank und glänzend in reiner Luft. Der ozonisirte Sauerstoff dagegen verbindet sich sogleich mit dem Silber. Auch Wasserstoff, Schwefel, Chlor und viele andere Elemente lassen sich mit so verschiedenen Eigenschaften bereiten.

Das interessanteste und für das tägliche Leben, für das Wohlbefinden der Menschheit besonders wichtige Beispiel dieser Art liefert uns aber der Phosphor. Dieser ist, wie er gewöhnlich in den Handel gebracht wird, ein in mehrfacher Hinsicht gefährlicher Körper. Er ist wachsgelb, so weich, daß er sich mit dem Messer zerschneiden läßt, schmilzt schon unter heißem Wasser, verbreitet an der Luft weiße Dämpfe und einen höchst unangenehmen knoblauchähnlichen Geruch; im Finstern leuchtet er lebhaft und zeichnet sich durch seine außerordentlich leichte Entzündbarkeit aus. Schon bei geringer Reibung oder beim Behalten in der warmen Hand, selbst beim Liegen an der Luft kann er sich entzünden und verbrennt dann mit weißer Flamme. Man muß ihn daher fortwährend unter Wasser aufbewahren. Innerlich genossen oder auf wunde Stellen gebracht wirkt er als rasch und sehr schmerzhaft tödtendes Gift. Selbst die Dämpfe, die er beim Liegen an der Luft fortwährend verbreitet, wirken sehr nachtheilig auf die Gesundheit der Menschen und Thiere. Dennoch hat der Phosphor eine ausgedehnte Anwendung zur Bereitung der ganz unentbehrlich gewordenen Phosphor-Streichhölzchen gefunden. Die Gefährlichkeit dieser Hölzchen ist durch die zahllosen durch dieselben verursachten Feuersbrünste genügend erwiesen und auch der Giftigkeit des in ihnen enthaltenen Phosphors sind schon viele Menschenleben zum Opfer gefallen. Allein der Gebrauch dieser übelriechenden unheilvollen Feuererzeuger wird jetzt, wie sicher zu erwarten ist, in wenig Jahren vollständig aufhören. Schon vor mehreren Jahren hat nämlich Prof. Schrötter in Wien den Phosphor in ziemlicher Quantität in einem Zustande bereitet, in welchem er nur noch nützliche, aber keine gefährlichen und schädlichen Eigenschaften besitzt. Solcher Phosphor wird amorpher, rother oder schwarzer Phosphor genannt und entsteht aus dem gewöhnlichen Phosphor, wenn man diesen bei abgehaltener Luft in verschlossenen Räumen längere Zeit auf 250 Wärmegrade erhitzt. Der amorphe Phosphor steht zu dem gewöhnlichen Phosphor in einem ähnlichen Verhältnisse, wie der schwarze Kohlenstoff zum Diamant. Der amorphe Phosphor ist ein scharlachrothes bis carmoisinrothes, zuweilen sogar dunkelbraunes bis schwarzes Pulver, von geringerer Dichtigkeit als der gewöhnliche Phosphor; er wird beim Erwärmen violett; geht in höherer Temperatur wieder in gewöhnlichen Phosphor über, ist in den Flüssigkeiten (z. B. in Schwefelkohlenstoff), in welchen sich der gewöhnliche Phosphor leicht auflöst, unauflöslich; entzündet sich viel schwieriger und nie von selbst, brennt nicht so lebhaft und leuchtet selbst wenn er gerieben wird nicht im Finstern; dagegen läßt er sich mit verschiedenen andern Körpern, mit chlorsaurem Kali, mit Braunstein und Mennige zu entzündbareren Mischungen vermengen. Er bleibt an der Luft ganz unverändert und kann in Fässern, Kisten oder am Besten in Blechbüchsen ohne Gefahr verpackt und bei jeder Temperatur, ohne daß man Wasser darauf gießt, in alle Länder verschickt werden. Innerlich kann er in großen Dosen ohne Schaden genossen werden.

Der Gedanke lag nicht fern und wurde auch sogleich von Schrötter ausgesprochen, daß solcher amorpher oder ungefährlicher Phosphor zur Fabrikation der Streich-Zündhölzchen, anstatt des gewöhnlichen benutzt werden möge; doch anfangs stellten sich der Fabrication desselben in großen Massen solche Hindernisse entgegen, daß an eine so massenhafte Anwendung nicht zu denken war. Dank den Bemühungen vieler praktischer Chemiker sind jedoch jetzt alle diese Hindernisse so vollständig besiegt, daß der amorphe Phosphor kaum noch theurer als der gewöhnliche ist und überall entstehen Fabriken, welche denselben zur Streichhölzchen-Bereitung verwenden. Die so fabricirten Hölzchen werden im Handel gewöhnlich Anti-Phosphor-Streichhölzchen oder Anti-Phosphor-Reibzünder genannt, sind vollkommen geruch- und gefahrlos und daher der allgemeinsten Verwendung werth.Die Hölzchen selbst sind an der einen Seite zunächst mit etwas Terpentinharz getränkt und an der Spitze mit einer aus Schwefel, Grauspießglanzerz (Schwefelantimon), chlorsaurem Kali und etwas Leim oder Gummi bestehenden Masse bedeckt. Auf die Schachteln selbst ist aber ein Papier aufgeklebt, welches mit einer dünnen Lage, einer Mischung von Braunstein, etwas Mennige und amorphem Phosphor bestrichen ist. Nur wenn man die Hölzchen rasch über dieses Papier streicht, findet eine Entzündung statt; sonst lassen sie sich an keinem anderen Körper entzünden. Dadurch ist natürlich jede Gefahr der Selbstentzündlichkeit total beseitigt und auch die Masse auf der Schachtel, welche sehr lange brauchbar bleibt, ist nicht gefährlich. Zur Zeit sind diese Anti-Phosphorstreichhölzchen, als etwas Neues, noch zu theuer; da jedoch ihre Fabrikation mit keinen größern Kosten verbunden ist, als die der gewöhnlichen, so werden sie jedenfalls in kurzer Zeit billiger werden. Es ist von großer Wichtigkeit, daß diese ungefährlichen Hölzchen eine rasche Aufnahme finden und die bisherigen gefahrvollen Fabrikate in möglichst kurzer Zeit verdrängen. Es würde daher im Interesse der Fabrikanten dieser Hölzchen liegen, dieselben billiger und in größeren Parthien zu verkaufen und zugleich größere viereckige Stücke oder längere Streifen von dem Papier, an welchem die Hölzer gerieben werden müssen, einzeln in den Handel zu bringen, damit man sich dieselben an passenden Orten z. B. in der Küche, an der Wand befestigen kann. Der Gebrauch der Hölzchen im Haushalte würde dadurch bequemer.

Dr. H. Hirzel. 




Blätter und Blüthen.

Griechische Bauerfrauen. Ein Franzose, der sich während des orientalischen Krieges viel in Griechenland herumtrieb, schildert eine Bauerfrau unweit Athen so: Im Vordergründe einer kahlen Gebirgsgegend bemerkten wir eine junge Frau, groß, herrlich gewachsen und von eben so graziöser, als majestätischer Haltung. Ihre blauen Augen blickten auf uns mit ruhiger Neugier, eben so ruhig und vague, wie die Augen der alten Statuen, die seit 20 Jahrhunderten auf das tumultuarische Leben um sie herschauen, ohne ihre göttliche Ruhe und jugendliche Schönheit zu verlieren. Ihr Gesicht, ein feines Oval, schien in der glänzenden Blässe des Marmor reiner, ruhiger in Linien und Formen, als die Velleda von Maindron. Zwei lange Locken wallten kunstlos an ihren Wangen herab und machten das ovale Gesicht noch länger und träumerischer. Hände und Füße, ganz nackend, waren durch so delicate Gelenke gegliedert, daß die feinste, schönste Herzogin sie beneiden würde. Ihre Taille, ungefesselt durch Schnürleib, zeigte eben so subtile Grazie als frische, quellende Kraft. Das ganze Wesen war die herrlichste Blume der Schönheit, die durch die reichste Kleidung nur verloren haben würde. Zwar fehlte es auch ihr nicht an reichem äußerlichen Schmuck, aber wie wundervoll war er zu Gestalt und Teint berechnet. Die Kostüme in Griechenland sind ein endloses Gemisch aller Zeiten und Zonen. Nur die baumwollenen Unter- und Hosenröcke der Männer können als neugriechisch-charakteristisch gelten. Die Verschiedenheit und Kaprice der Gewandung ist aber nirgend größer, als bei griechischen Frauen und Mädchen. Mit allem berühmten Schönheits-, Farben- und Formensinn kleidet sich jede Griechin genau so, wie es ihrer Gestalt, Form, Farbe und Individualität am geschmackvollsten paßt. Jede ist eine Künstlerin mit einem Meisterstücke in ihrer Kleidung. Die junge Frau hatte über ihren lieblichen Kopf ein roth-gelbes seidenes Tuch gezogen, dessen Zipfel nachlässig, aber malerisch auf die Schultern herabhingen. Das lange, weiße Hemde, welches unter den Kleidern hervor noch die halben Waden bedeckte, war mit rothen und schwarzen schmalen Bändern bestickt, um

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