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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

wird. Seit der Erfindung der Buchdruckerkunst bis zum Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts hatte die Buchdruckerpresse in der ursprünglichen einfachen Form, welche ihr das Bedürfniß sogleich bei ihrer ersten Anwendung gab, wenig Veränderungen erfahren; von diesem Zeitpunkte an hat man aber ihrer Construction eine vorzügliche Aufmerksamkeit gewidmet, und namentlich haben die Engländer und Deutschen eine nicht unbedeutende Anzahl im Princip von einander abweichender Constructionen geliefert, welche entweder einen schärferen Druck bei geringerer Kraftanstrengung des Arbeiters oder einen gleichmäßigeren Druck selbst bei größeren Formaten und überhaupt auch eine Beschleunigung der Arbeit an und für sich bezwecken. Wie bedeutend aber auch die Verbesserungen waren, welche die Buchdruckerpresse seit Anfang dieses Jahrhunderts erfahren hat, so trat mit der größern Ausbreitung der Literatur und der dadurch herbeigeführten Vermehrung der Production das Verlangen nach einer beschleunigten Herstellung der Druckerzeugnisse immer dringender hervor und hieß auf neue Mittel sinnen, um Alles zu übertreffen, was bisher erreicht worden war. Dieses Bestreben führte zu dem Triumphe aller Fortschritte der Typographie, zur Erfindung der Druckmaschinen oder Schnellpressen.

Wir verdanken diese Erfindung einem Deutschen, Friedrich König aus Eisleben, der seit 1804 seine geniale Idee unermüdlich verfolgte und nach vielfachen Hindernissen zuerst in England 1810 auf eine Flachdruckpresse ein Patent erhielt. Die von ihm in Verein mit seinem Landsmanns Andr. Friedrich Bauer aus Stuttgart unter der Firma König und Bauer in Kloster Oberzell bei Würzburg begründete Maschinenbaufabrik ist noch heute eine der bedeutendsten.

Mit dieser Erfindung theilt sich nun die technische Ausführung des Druckes in zwei Verfahren: in den Druck auf Pressen, welche durch die Hand bewegt werden (Handpressen), und in den Druck auf Schnellpressen oder solchen mechanischen Vorrichtungen, welche mittelst Cylinder drucken und entweder mittelst des Schwungrades durch Menschenhände, oder auch durch eine größere Kraft, z. B. eine Dampfmaschine, in Bewegung gesetzt werden.

Wir besuchen zuerst den Druckersaal, in welchem die Handpressen thätig sind. Hier erblicken wir 23 Handpressen, je zwei und zwei in vier Reihen aufgestellt und durch einen Säulengang in zwei Abtheilungen gesondert; unter diesen eine Handpresse größten Placatformats und eine kleine Accidenzpresse, sowie eine Numerirmaschine. Außerdem besitzt die Druckerei noch eine Zifferndruckmaschine, vermittelst welcher die fortlaufenden Nummern auf Werthpapieren etc. hergestellt werden.

Zu einer vollen oder ganzen Presse gehören zwei Arbeiter, der eine wurde früher der Preßmeister und der andere der Ballen- oder Walzenmeister genannt.

Die Farbe, deren man sich allgemein zum Drucken bedient, ist eine Oelfarbe, nur daß derselben statt des reinen Oels der durch Sieden erzeugte Firniß als Bindemittel beigesetzt wird. Nachdem der Preßmeister die vorher angefeuchteten weißen Bogen neben der Presse zurechtgelegt, sticht derselbe einen solchen auf die Punktirstifte, legt das Rähmchen um, befestigt es mit der Deckelschnalle und schließt den Deckel. Indem er mit der linken Hand die Kurbel dreht und so den Karren führt, ergreift er mit der rechten den Preßbengel und zieht ihn mit Gewalt gegen sich, wodurch der Abdruck der Form bewirkt wird. Durch Rückwärtsdrehen der Kurbel bewegt er den Karren zurück, schlägt den Deckel und das Rähmchen auf, nimmt den gedruckten Bogen heraus und steckt einen neuen weißen Bogen auf die Punktirstifte. Während dem hat der Walzenmeister das Einschwärzen der Form wieder besorgt und der Abdruck wird nun von dem Preßmeister auf’s Neue ausgeführt, so daß Beide ununterbrochen beschäftigt sind. Sobald eine Form ausgedruckt ist muß sie, damit die Farbe nicht antrocknet, gewaschen werden. Die rein gewaschene Form wird dann dem Setzer übergeben, der sie ausschließt, die Stege abnimmt und den Satz ablegt.

Nach erfolgtem Drucke der ganzen Auflage werden die Bogen in einem luftigen Raume, dem Trockenboden, auf abgerundeten Latten oder auf Leinen (sogenannten Uhrleinen) aufgehängt, damit das gefeuchtete Papier und die frisch aufgetragene Druckerschwärze gehörig trocknen. Von dem Maschinensaale des Souterrains aus führt durch alle Etagen des Druckereigebäudes ein Aufzug bis auf den Trockenboden, der, durch die Dampfmaschine gehoben, eine Last von 10 Centnern in Bewegung setzt. Vermittelst dieser Vorrichtung werden die ausgedruckten Bogen auf den Trockenboden geschafft, der die obersten Räume des ganzen Gebäudes einnimmt.

Da durch den Druck der Presse die Buchstaben bei dem Abdrucke der Form in die ebene Fläche des Papiers eingedrückt und die dadurch hervorgebrachten Schattirungen auf der andern Seite sichtbar werden, so läßt man bessere Druckwerke, nachdem sie gehörig getrocknet sind, glätten. Dies geschieht, indem man die einzelnen Bogen zwischen Glanzpappen (Preßspähne) legt und hierauf in die Glättpresse bringt, in welcher sie je nach Verhältniß der größern oder geringern Kraftanwendung derselben eine Zeit lang stehen bleiben. Zu diesem Behufe gelangen sie in die unter dem Trockenboden gelegene sogenannte Bücherstube, wo 6 Glättpressen aufgestellt sind, worunter 2 hydraulische Pressen mit vereintem Pumpwerk und 4 Schraubenpressen.

Bevor das Papier zum Drucke gelangt, läßt man es häufig satiniren, um ihm dadurch einen erhöhten Glanz zu verleihen; die einzelnen Bogen werden zwischen Zinkplatten gelegt, die man durch die zwei gußeisernen, geschliffenen Cylinder der Satinirmaschine laufen läßt. Soll dieses Verfahren angewendet werden, nachdem das Papier bedruckt ist, so muß die Druckerschwärze vorher vollständig trocken sein, weil diese sonst sehr leicht abschmieren würde. Dieser Bestimmung gemäß befinden sich 3 Satinirmaschinen in unmittelbarer Nähe der Handpressen und Druckmaschinen. Die einzelnen Bogen eines Buches werden alsdann zusammengetragen oder completirt, d. h. nach der Reihenfolge ihrer Signaturen in Lagen gebracht, so daß 5, 6 oder 7 Bogen eine Lage ausmachen. Sämmtliche Bogen, die zu einem Buche gehören, bilden ein Exemplar. In neuerer Zeit, wo die meisten Bücher broschirt oder gebunden ausgegeben werden, liefern die Druckereien häufig die einzelnen Bogen, ohne sie zu Exemplaren zu completiren, ab.

(Schluß folgt.)




Blätter aus der Krisis.
Von Ludwig Rein.
Nr. 1. Fabrikantenbrod.
(Schluß.)


Zurück jetzt zu dem Werkführer, den wir vorhin schnell fallen ließen. Auch er dachte sich, als er vor dem alten Herrn erschien, so halb und halb, wie es sein mochte – nämlich mit den Briefen aus Amerika, die der alte Herr noch in der Hand hielt.

„Wie viel sind von den Ballen gepackt, welche mit der Signatur „St. in Hamburg“ abgehen sollten?“ fragte er den Werkführer.

„Zweiundzwanzig,“ antwortete dieser.

„Bleiben liegen, – wird weiter nichts gepackt, – den gepackten keine Signatur gegeben.“

Nach diesem ausgesprochenen Befehl ging der alte Herr zu seinem Sohn, der Werkführer auf die Packstube.

„Du siehst wohl mehr, als eigentlich zu sehen ist, Vater,“ sagte der Sohn, nachdem er die Briefe gelesen.

„Ich lese zwischen den Zeilen, – die Dinge können nicht besonders stehen, – Karl, Karl, wenn wir in einen Schwindel geriethen!“

„St. in Hamburg wird sicher gehen, – wir können getrost die Waare an dieses Haus verabfolgen lassen. Wie wollen wir sonst Geschäfte machen, – und wie können wir überhaupt glänzende Vortheile gewinnen, wenn wir Mißtrauen schöpfen aus großen drängenden Aufträgen? – Zu Deiner Beruhigung aber will ich unserm Hause St. in Hamburg noch besonders und eindringlich schreiben, mit Vorsicht zu verfahren.“

Während Karl so sprach, ging der alte Herr überlegend auf und ab, und recitirte einige Zeilen aus dem bekannten Gedicht des „Ernst Heiter.“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_226.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)