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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

Obstarten zu empfehlen. Es stellt eine gut verwachsende organische Verbindung her; doch gehört dazu ein sehr exactes Zuschneiden beider Theile und ein festangelegter Verband.

e. Das Einspitzen geschieht gewöhnlich bei manchen Gewächshauspflanzen, wie Orangen, Camelien etc. Das Verfahren ist einfach aus der Zeichnung zu ersehen, und der Verband kann mit einem Faden Wolle oder Bast gemacht werden.

f. das Pfropfen in den Kerb

f. Das Pfropfen in den Kerb ist ähnlich dem Pfropfen in den Spalt, gewährt aber den Vortheil, daß eine weniger starke Verletzung dadurch herbeigeführt wird. Schwieriger dagegen ist es, das Pfropfreis passend für die Unterlage zuzuschneiden.

g. Das Ablactiren wird meist bei Pflanzen der Gewächshäuser angewendet und zwar bei solchen, die nicht leicht eine Verbindung eingehen. Es ist jedenfalls die natürlichste Art, zwei Gewächse mit einander zu verbinden, und wir glauben, daß ein ähnliches zufälliges Zusammenwachsen zweier Zweige oder Bäume, wie solches in der Natur gar nicht so selten vorkommt, dem Menschen als Fingerzeig gedient habe, Veredelungen vorzunehmen. Behufs der Operation stellt man die beiden aufeinander zu ablactirenden Gewächse nahe zusammen, entfernt durch scharfe Schnitte an der Vereinigungsstelle beider Zweige oder Stämme die Rinde und einen Theil des Holzes, bindet nun beide Theile mit ihren Schnittflächen genau gegeneinander, und umgibt sie mit einem guten Verband. Sind sie nach kürzerer oder längerer Zeit verwachsen, so trennt man, wie auf der Zeichnung durch die Striche 1 und 2 angegeben ist, das ablactirte Edelreis von seinem Stamme und schneidet von der Unterlage die Spitze hart über der Veredlungsstelle weg. Das Ablactiren gewährt den großen Vortheil, nicht nur einzelne Reiser, sondern selbst ganze Zweige und kleine Kronen veredeln zu können. Zur Vorsicht ist es aber rathsam, die Trennungsschnitte nicht mit einem Male auszuführen, sondern durch allmähliches Einschneiden den ablactirten Zweig zu gewöhnen, aus seinem neuen Ernährer Nahrung zu ziehen.

Außer den erwähnten Veredelungsarten gibt es noch mancherlei mit Erfolg angewendete, wie Anplatten, Röhren, Veredeln auf die Wurzeln u. s. w., doch ist die Theorie immer dieselbe und daher von jedem denkenden Gartenfreund leicht auszuführen. Geschicklichkeit und Genauigkeit sind selbstredend bei der Operation die Hauptsachen, und können nur durch Uebung, durch Fehlschlagen und Bessermachen erlangt werden. Noch einmal machen wir aber darauf aufmerksam, daß der Verband nicht sorgsam genug gemacht werden kann, und alle verletzten Stellen, die nicht durch den Verband gedeckt werden, noch besonders mit Baumwachs zu verkitten sind.

g. das Ablactiren.

Wir behalten uns vor, in einem spätern Artikel besondere Vortheile bei der Nutzanwendung des heute kurz behandelten Thema’s specieller hervorzuheben.

H. Neumann.




Morgenständchen.

Steh’ auf und öffne das Fenster schnell,
Es lacht der Morgen so frisch, so hell,
Und unten im kleinen Garten
Sind Leute, die Deiner warten.

Die Veilchen kamen über Nacht,
Hoffährtig breit sich die Tulpe macht,
Und träumend auf und nieder
Schwankt schon der blaue Flieder.

Die Armen haben keine Ruh’,
Sie blicken an’s Fenster immerzu:
Sie glauben nicht an des Lenzes Wehen,
Bis sie die holde Rose gesehen.

Alb. Traeger.




Ein Fall in die Unterwelt Londons.

In älteren Schilderungen Londons findet man schreckliche Geschichten von Straßen und ganzen Stadttheilen, die ausschließlich von Spitzbuben und andern Verbrechern bewohnt wurden und in welche sich kein ehrlicher Mensch und keine Polizei hineinwagte. Vor etwa vierzig Jahren wurde der letzte auf diese Weise so privilegirte und „über dem Gesetz“ stehende Stadttheil von allen Seiten zugleich in Angriff genommen, niedergerissen, ausgeräuchert, gereinigt und neu aufgebaut. Seitdem haben sich die Verbrecher von Profession in verschiedenen Stadttheilen wieder einzelner Straßen bemächtigt, durch welche zwar Polizei, Gesetz, Menschen, Wagen und Verkehr ungestraft passiren, ohne es aber dahin zu bringen, daß die Menschen und Gesetze darin sich den Gesetzen der bürgerlichen Gesellschaft fügen. Sie setzen der Polizei nicht mehr, wie früher, gewaltsamen Widerstand entgegen, aber unentwirrbare Windungen,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_249.jpg&oldid=- (Version vom 9.7.2021)