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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

Sclaven nicht tödten, sondern nur strafen will. Die Stocks werden nur bei Nachtzeit angewandt, und es muß daher ein Sclave bei dem Sträfling wachen, um den Overseer sogleich zu benachrichtigen, wenn die Krämpfe sich einstellen. Zur Nachtzeit aber werden die Stocks angewandt, weil der Neger bei Tage arbeiten muß.

Dies sind die schwersten Strafen, die vorkommen; denn die Erzählungen von anderen härteren Torturen, die hie und da in den Blättern und Parteibrochüren zu lesen sind, beruhen wohl, wenn nicht immer, doch großentheils auf Erfindung. Das Loos der Sclaven ist schon an sich hart genug; die „Antisclavereischreiber,“ die „Abolitionisten“ machen es aber in ihren Beschreibungen wahrhaft haarsträubend. So las ich einmal folgende Philippica:

„Eiserne Halsringe mit Zacken, die in’s Fleisch schneiden, winden sich um ihren Nacken (um den der Sclaven nämlich), schwere Ketten und Gewichte schleppen sie bei ihrer Arbeit auf dem Felde an den Füßen, Glocken und eiserne Geweihe tragen sie an den Kopf geschmiedet. Wochen lang werden sie. Tag und Nacht in Hundeställe gesperrt, wo sie nicht liegen und nicht stehen und nicht sitzen können. Stunden lang haben sie Knebel vor dem Munde, bis sie Schaum speien. Man bricht ihnen die Vorderzähne aus, um sie kenntlich zu machen, und peitscht sie, bis sie eine blutige Masse sind; dann gießt man Salzwasser darüber, und reibt spanischen Pfeffer in die Wunden. Man zerfleischt ihnen den Rücken mit Messern, schlitzt ihnen die Haut auf, und läßt sie von wüthenden Katzen zerreißen. Man hetzt sie mit Bluthunden, schießt sie nieder, schneidet sie in Stücke, oder hängt sie an den Beinen auf, und kitzelt sie, bis sie besinnungslos werden; dann weckt man sie, und schlägt sie, bis sie den Geist aufgeben. Man schneidet ihnen die Ohren ab, sticht ihnen die Augen aus, bricht ihnen die Glieder und brennt sie, bis sie zu Tode geröstet sind.“

Eine solche Behandlungsweise soll die gewöhnliche sein!! Ich für meinen Theil habe nie etwas auch nur halbwegs Aehnliches gesehen, abgesehen davon, daß flüchtige Sclaven mit Hunden verfolgt werden, um ihre Spuren desto leichter aufzufinden. Und daß, wie natürlich bei solchen „Treibjagden“, das Wild, besonders wenn es sich widersetzt, oft und viel sein Leben einbüßt oder, wenn lebendig gefangen, schwer mißhandelt wird, kann man sich denken. Dagegen liegt bei obigen Behauptungen die Lüge so auf platter Hand, daß wohl weiter kein Wort darüber zu verlieren sein wird. So handelt Niemand gegen einen Esel, einen Ochsen, ein Pferd, und ein Sclave hat zehn und zwanzig Mal so viel Werth! Wohl mag in der ersten Wuth schon manche Grausamkeit vorgekommen sein, aber – Mord an einem Sclaven wird mit Tod gestraft, und Niemand in der Welt ist so thöricht, daß er sein Eigenthum bei kaltem Blute vernichtet!

Im Gegentheil, die Sorge für die Sclaven ist groß, nicht etwa aus Menschlichkeitsgefühl und Mitleid, sondern weil der Sclave der Reichthum, das Vermögen des Südländers ist.

Im Süden werden jährlich über 2000 Millionen Pfund Baumwolle erzeugt, und ein gesunder Sclave im besten Alter trägt daher jährlich 350–450 Dollars ein. Bei den Zuckerplantagen ist der Ertrag eines Sclaven noch höher, oft bis zu 600 Dollars. Sollte der „Herr“ den Sclaven arbeitsunfähig zu machen suchen? Im Gegentheil, der Aufseher, der nicht für des Sclaven Leibesnothdurft so gut als möglich sorgt, hat einen bösen Stand. Bei der geringsten Kleinigkeit wird nach dem Doctor und Apotheker gesandt, und nie wird der weiße Arbeiter im Norden im besten Spitale so viel Sorgfalt auf sich verwendet sehen, als der Nigger im Süden. Und – ist es nicht eine bekannte Thatsache, daß der erwachsene kräftige Sclave seine fünfzehnhundert und noch mehr Dollars kostet? Sollte ein solch’ werthes Leben nicht gespart werden? Ist es vernünftig, zu glauben, daß es bei den Sklavenhalters Regel sei, Eigenthum von solchem Werthe zu Tode zu peinigen? – Wie es aber mit den erwachsenen Sclaven gehalten wird, so auch mit den jugendlicheren, denn mit dem vierzehnten Jahre ist ein männlicher, und mit dem zwölften ein weiblicher Sclave bereits seine tausend Thaler Werth. Nur die Alten und Gebrechlichen werden als unnützes Möbel behandelt; aber diese geben keine Veranlassung zur Strafe. Sie wissen, daß sie das Gnadenbrod essen, darum suchen sie auch nicht zu entfliehen; sie sind nicht widerspenstig, sie werden daher selten oder nie die Peitsche zu kosten bekommen. Darum ist es auch eine constatirte Thatsache, daß auf Cuba die Sterblichkeit unter den Sclaven eine doppelt so starke ist, als in den Vereinigten Staaten, weil sie dort über die Maßen angestrengt, hier aber geschont werden. Dort kann man die Todten durch den Ankauf „frisch importirter Waare“ ersetzen, in Nordamerika nicht, seil das Importiren von Negern aus Afrika streng verboten und verpönt ist. Das ist der Unterschied!

Würde für die sittliche und geistige Ausbildung des Negers so viel oder nur halb so viel gethan, wie für sein körperliches Wohlbefinden, so wäre der Nigger so übel nicht daran. Allein für das Erstere geschieht wenig oder gar nichts. Von Schulunterricht ist keine Rede. Kein Nigger, der auf einer Plantage arbeitet, soll lesen und schreiben lernen. Er könnte sich ja sonst selbst einen Paß schreiben und damit durchgehen! Ein Sclave muß nämlich, wenn er irgendwohin außerhalb der Plantage gehen will, von seinem Herrn oder dessen Aufseher einen Paß haben, als Beweis, daß er das Recht hat, vom Hause abwesend zu sein. – Von Lesen und Schreiben ist keine Rede, wohl aber vom Kirchengehen. Dem Plantagenbesitzer ist es zwar hierbei wohl auch nicht um das Seelenheil dieser „schwarzen Satanskinder,“ wie er sie heißt, zu thun, aber darum ist es ihm zu thun, daß seine Sclaven zu Gehorsam und Unterwürfigkeit ermahnt werden. Und von was predigt nun der Geistliche? Vom Esau predigt er, und wie ein Esau sein Erstgeburtsrecht verspielt habe! Die Neger aber sind nach seiner Darstellung die Nachkommen Esau’s, und demnach zu Sclaven geboren!

So wird die Bibel benutzt, um den Niggern den Segen der Sclaverei begreiflich zu machen, und nie fehlt es in einer solchen Predigt an Lobpreisungen der Güte des Plantagenbesitzers. „Läßt er ihnen (den Sclaven) doch das Leben, und gibt ihnen Nahrung und Kleidung. Straft er sie ja doch nur wie ein Vater seine Kinder, wenn sie ungehorsam und böse sind, und läßt ihnen sogar ihr Vergnügen, wenn sie lieb und folgsam waren!“

Und nicht eine Secte des in Amerika so sehr in Parteien zerfallenen Christenthums ist da, die nicht denselben gleißnerischen Predigtton anstimmte; im Gegentheile, der Anglicaner predigt dieselbe scheinheilige Lüge so gut, als der Methodist, und der Presbyterianer so gut, als der Unitarier, natürlich – ein Geistlicher, der so predigt, wird zur Tafel des „Edelherrn“ gezogen; Einer, der anders spräche, würde mit Hunden von der Plantage gehetzt; aber zur Ehre der Menschheit muß ich es sagen, es hat doch auch schon solche Männer gegeben, die so sprachen, daß sie mit Hunden fortgehetzt wurden. Sie sprachen so mit Gefahr ihres Lebens!

Auf diese Art leben, halb Thier, halb Mensch, mehr als 2,500,000 Neger im freien Amerika, drei Viertheile der ganzen Sclavenbevölkerung. Das letzte Viertheil, die andern 700,000 von den 3,200,000 Sclaven, die Nordamerika im Ganzen hat, gehören einer andern Abtheilung der Sclaverei an, der Abtheilung der „Haussclaven“ und der „ausgemietheten Sclaven.“

Die Sclaven, die am schlechtesten daran sind (in körperlicher Beziehung nämlich, die geistige ist bei allen so ziemlich gleich vernachlässigt, obgleich einige Besserung bei den höhern Classen, besonders den „ausgemietheten Sclaven“ zu bemerken ist), sind die Feldsclaven auf den Zucker- und Baumwollenplantagen, und darum sind es auch diese Sclaven, bei denen die meisten Desertionen vorkommen. Unter hundert Flüchtlingen sind immer neunzig von Zucker- und Baumwollenplantagen! Am zweitbesten daran sind die Sclaven der Staaten, die schon zu kalt sind, als daß Reis, Zucker und viel Baumwolle fortkäme. Sie sind halb Haus- halb Feldsclaven, d. h. diejenigen, die am meisten Aehnlichkeit mit weißen Knechten haben. Die dritte Classe bilden die „Haussclaven im engeren Sinne, und die vierte die „vermietheten Sclaven.“

Im ganzen Süden Amerika’s kennt man keinen weißen Diener, keine weiße Dienerin. Der Weiße müßte sich vor Scham verkriechen, der sich so weit heruntergäbe, einen andern „seines Gleichen“ zu bedienen. Ja, die „weiße Herrin“ und der „weiße Herr“ könnten sich gar nicht darein finden, von weißen Händen Dienste anzunehmen, die sich nach südlichen Begriffen „für den Freien nicht ziemen.“ So besteht die ganze Dienerschaft eines Hauses aus Sclaven. Der Bauer (Farmer) in Kentucky freilich braucht nicht viel Dienerschaft und er wird daher von seinen Sclaven keinen einzigen zum förmlichen Kammerdiener machen. Nein, er verwendet auch seinen persönlichen Diener auf dem Felde und bedient sich zur Noth höchst eigenhändig.

Aber der gräfliche Plantagenbesitzer! Nicht blos er hat seinen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_299.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)