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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

6–7 Fuß von einander und Pflugscharen gleichend. Ihre Schnelligkeit wird auf neun Knoten geschätzt. Ihr Befehlshaber war Capitain Buchanan.

Der Schauplatz der Entscheidung zwischen Holz und Eisen war die Rhede von Hampton in Virginien. Nach einem Berichte aus Fort Monroe (in der New-Yorker Staatszeitung) sah man am 8. März gegen Mittag ein verdächtig aussehendes Fahrzeug, das einem nur mit dem Dach aus dem Wasser hervorragenden Hause glich und in dem man den lange gefürchteten „Merrimac“ vermuthete, von Norfolk an Sewall’s Point vorüber die Richtung gegen Newport News einschlagen und direct gegen die in der Mündung des James River liegenden Segel-Fregatten „Cumberland“ und „Congreß“ halten. Diese hatten bereits durch Signalschüsse die Schiffe Minnesota, St. Lawrence und Roanoke auf die drohende Gefahr aufmerksam gemacht. Während aber der Cumberland das Feuer gegen den Merrimac eröffnete, kamen zwei gepanzerte Kanonenboote der Conföderirten, „Yorktown“ und „Jamestown“, den James River herab und griffen die beiden Fregatten von der andern Seite an. Gegen sie richtete sofort die Batterie von Newport News ihr Feuer, um die durch diesen Doppelangriff bereits großer Gefahr bloßgestellten Fregatten möglichst zu unterstützen.

Indeß hatte sich der Merrimac dem Cumberland bis auf 200 Yards (ungefähr 600 Fuß) genähert. Alle Luken desselben waren geschlossen, er steuerte mit voller Dampfkraft, nahm die vollen Ladungen beider Fregatten auf, ohne im Geringsten von ihnen beirrt zu werden, denn die Kugeln prallten wirkungslos vom schwarzen Harnisch des Ungeheuers ab. Nun aber entwickelte es seine Kraft, indem es mit den eisernen Bughörnern mitten in die Breitseite des Cumberland hineinrannte und sie vollständig durchbrach. Kampfunfähig war das Schiff schon durch diesen Stoß, aber der Merrimac wollte den Untergang desselben. Er fuhr eine Strecke zurück, sandte seine Breitseite in die zertrümmerte Fregatte und gab ihr erst dann durch ein zweites Anrennen den Gnadenstoß. Sie sank. Der Commandant des Cumberland, Lieutenant Selfridge, und seine 300 Mann Besatzung kämpften bis zum letzten Augenblick, kaum die Hälfte der Mannschaft kam gerettet an das Land.

Nach diesem raschen Sieg wandte der Merrimac seine Breitseiten gegen den Congreß, der sich indeß mit den beiden Panzer-Kanonenbooten herumgeschlagen hatte. Wir geben über diesen Theil des Kampfes den Bericht des Dr. Shippers, der sich selbst an Bord des Congreß befand. „Der Merrimac,“ schreibt er der United Service Gazette, „eröffnete ein furchtbares Feuer auf unser Backbord. Seine erste Bombe barst auf unserm Deck und tödtete die ganze Bedienung der Kanone Nr. 7. Bombe auf Bombe, und manchmal zwei auf einmal, sprangen unter uns. Das Schiff sah bald nur noch aus wie ein Schlachthaus. Der Chirurg begann seine Arbeit und versuchte eine Amputation; ein großes Holzstück fiel ihm auf die Brust und tödtete ihn augenblicklich. Vom Operiren war keine Rede mehr. Die Verwundeten, gräßlich zerfetzt, lagen zuhauf. Die kleinste Wunde, die ich gewahrte, war eine abgeschossene Hand, manchem Leibe war der Kopf, eine Schulter, ganze Beine und Arme weggerissen. Bald stand das Schiff in Flammen, die Bomben hatten an mehreren Stellen gezündet. Fast alle unsere Kanonen waren demontirt, das Ladungsgeräthe zertrümmert, die Pulverjungen alle todtgeschossen. Das Innere des Schiffs glich einem verwüsteten und ausgebrannten Hause. Alles in Trümmern, schwarz oder roth, verbrannt oder blutig. Die grauenvolle Scene dauerte etwa eine halbe Stunde. Da strichen wir die Flagge.“ Soweit Dr. Shippers. Die Verwundeten wurden sämmtlich auf Booten an das Land gerettet; es waren gegen dreißig, während wenigstens 80 Mann todt auf dem Deck und auf dem Verbandplatz lagen. Während der Nacht brannte die Fregatte vollends nieder, und der Rumpf flog in die Luft.

Das war das Eisen gegen das Holz. Die Conföderirten hatten den großartigsten Triumph mit verhältnißmäßig geringer Anstrengung und damit zugleich die Ueberzeugung gewonnen, daß eine Unionsflotte gegen sie so gut wie nicht mehr bestehe. Auf dem Meere stand die Republik am Rande des Abgrundes, kein Schiff, keine Batterie, kein Küstenfort konnte dem gepanzerten Feuerdrachen widerstehen, frei lag der Weg zu allen Seestädten des Nordens, wehrlos lag selbst Washington da.

Da erstand dem Cumberland ein Rächer und der Union ein Retter in einem kleinen Kanonenboote, dem wohl Niemand, vielleicht selbst der Erbauer nicht in solchem Grade, die Fähigkeit zu so großen Ehren zugetraut hätte.

Als nämlich die Kunde von der Erbauung eines furchtbaren eisernen Dampfers, des „Merrimac“, vom Süden nach dem Norden der Vereinigten Staaten gedrungen war, hatte Ericsson in New-York bereits gesorgt, ihm einen „Mahner“ (Monitor) entgegen zu stellen. Er hatte ein Fahrzeug gebaut, das wir zuerst aus der New-Yorker Abendzeitung kennen lernten. Der Rumpf desselben besteht aus zwei besonderen Körpern, von welchen der untere, etwa 6 Fuß hoch, das eigentliche Boot darstellt und den Raum für Maschine, Steuervorrichtung, Mannschaft etc. enthält. Dieser Theil des Fahrzeugs liegt tief unter Wasser und wird auf allen Seiten von dem obern schußfest gepanzerten Körper so weit überragt, daß eine Kanonenkugel ihn erst nach einem 25 Fuß weiten Lauf durch das Wasser erreichen könnte und daher durchaus unschädlich sein würde. Dieser obere Körper ist 5 Fuß hoch, ragt aber nur 22 Zoll weit aus dem Wasser hervor, so daß der untere erst 3 Fuß unter dem Wasser sich an ihn anfügt. Das Oberdeck ist flach und trägt einen runden eisernen 670,000 Pfund schweren Thurm, welcher absolut bombenfest ist, sich mit Leichtigkeit um seine Achse drehen läßt und die Armirung des Fahrzeugs enthält. Diese besteht zwar nur aus zwei elfzölligen Columbiaden, welche aber runde Kugeln von 183 und conische von 350 Pfund werfen. Die Stückpforten schließen sich stets in dem Augenblick, wo die Kanone entladen ist, durch eine bombenfeste Schutzplatte. Die Diopter (zur Bestimmung der Richtung der Kanonen) sind am Thurm angebracht, die Erschütterung im Innern des Schiffs beim Abfeuern der Geschütze ist geringer, als in einem gewöhnlichen Schiffe, und für die Ventilation ist durch siebartige Durchlöcherung des Eisenpanzers gesorgt. Außer dem Thurm ragt über das Deck empor nur das Steuermannshäuschen, das vorn steht, und der 4 Fuß hohe Schornstein. Das Radhaus, ebenfalls vor dem Thurm, kann mit seinem bombenfesten Dache so versenkt werden, daß dieses letztere mit dem Decke gleich ist. Das ganze Schiff wiegt 1,400,000 Pfund. Der Consul der Ver. Staaten in Rotterdam, Dr. E. Wyß, giebt die Dimensionen des Monitor wie folgt an:

Länge des obern Schiffstheiles 172 Fuß Zoll.
Balken desselben 41 " "
Länge des untern Schiffstheils 124 " "
Balken desselben an der Verbindung mit dem obern 34 " "
Balken am Grunde 18 " "
Durchmesser des Thurms im Innern 20 " 9 "
Höhe des Thurms 9 " "
Durchmesser des Steuermannshäuschens 6 " "
Höhe des Oberdecks 5 " "
Vorderer Tiefgang 7 " 3 "
Hinterer Tiefgang 9 " 1 "
Tiefgang bei voller Ausrüstung 9 " 9 "

Bei dieser Ausrüstung, die für 30 Tage berechnet ist, wiegt das Schiff 900 Tonnen. Seine Schnelligkeit giebt man zu sechs Knoten an. Capitain des Monitor war der Lieutenant Worden.

Wenn man erwägt, wie mühvoll und sorgsam die Herstellung jeder einzelnen Eisenplatte für ein solches Fahrzeug geschehen muß,[1] so wird man den Hut abziehen vor der Arbeitskraft, welche in 100 Tagen ein solches Werk vollendete, und zwar als Erstlingswerk


  1. Nach Fr. Harkort (K. Z.) wird eine Platte von 100 Centnern in folgender Weise hergestellt: Fünf flache Stäbe, 12 Zoll breit, 30 Zoll lang, 1 Zoll dick, werden zusammengeschweißt und zu einer Luppe ausgewalzt. Zwei solcher Luppen fügt man darauf zusammen und walzt sie zu einer Platte von 4 Fuß Quadrat und 1 ¼ Zoll Dicke. Dann werden vier solcher Platten in Bündel geschweißt und auf 8 Fuß Länge, 4 Fuß Breite, 2 ½ Zoll Dicke gestreckt. Zum Schluß kommt, der Schweißung halber, das schwerste Stück Arbeit. Vier solcher Platten, die eine Masse von 8 Fuß Lange, 4 Fuß Breite und 10 Zoll Dicke haben, werden bis auf 4 ½ Zoll ausgewalzt. Demnach sind 160 Stäbe, die 1 Zoll dick waren, in dieser 4 ½zölligen Platte vereinigt, zu welchem Zweck 3500–4000 Quadratfuß zu schweißen waren. Die vier letzten schweren Stücke werden in einem besonderen Ofen gewärmt und vermittelst Krahn und Rollwagen zur Walze gebracht. Indem die Platte durchgeht, steigt sie auf Rollen eine schiefe Ebene hinan, und in dem Augenblick, wo sie durch ist, beginnen die Walzen die entgegengesetzte Bewegung und führen sie zurück. Das Spiel wiederholt sich, bis das Maß erreicht ist. Dann wird die Platte vermittelst Krahn auf ein eisernes Bett gelegt und mit einer Walze von 100 Ctrn. Gewicht durch Hin- und Herrollen gerade gestreckt und gelangt nach dem Erkalten zur Hebelmaschine. – Die Platten der amerikanischen Kanonenboote sind nur 13 Zoll breit, 8 und 11 Fuß lang und 2 ½ Zoll dick.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_284.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)