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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Morgenstern neun Franzosen den Schädel eingeschmettert; da stritt das Mädchen von Spinges und stieß mit der Heugabel jeden Feind, der sich zum Angriff auf die Mauer des Friedhofes emporschwang, hinunter, daß er nichts mehr bedurfte als des Todtengräbers. Haspinger that auch mit, wie sich das von selbst versteht, er ging jedoch, als die Friedensunterhandlungen eingeleitet wurden, wieder nach Botzen zurück. Im Jahre 1799 fing der Kriegstanz neuerdings an; Massena besetzte Graubündten; sein Untergeneral Dessolles schlug am 25. März den österreichischen Gamaschenhelden Laudon, obwohl dieser, von Schanzen gedeckt, eine unverhältnißmäßige Ueberzahl Geschütz und Soldaten besaß, bei Taufers in einer halben Stunde so, daß er eiligst davonlief, seinen Degen, welcher noch im Kloster Marienberg als Andenken aufbewahrt wird, weg warf und in der Tracht eines Bauers über die Gletscher nach Innsbruck floh, wo er endlich verschnaufte. Diese Niederlage ist eine der schmählichsten, welche das Protectionssystem hochadeliger Herren über Oesterreich gebracht; der schlichte Verstand der Tyroler Bauern hielt sie für einen Verrath, weil er die kolossale Dummheit der Generale nicht anders begreifen konnte.

Haspinger im Kampfe.
Originalzeichnung von H. Plüddemann.

Endlich raffte sich Feldmarschalllieutenant Bellegarde aus seiner Unthätigkeit auf. Unter Anderm kam es am Wormserjoche zu einem Gefechte, wobei auch die Schützen mitwirkten. Der Eingang eines Passes war durch eine Schanze gesperrt; Haspinger, der Student von Botzen, erstieg zuerst die Höhe, einem Franzosen, der[WS 1] ihn von der Brustwehr hinabstechen wollte, entriß er das Gewehr, schlug ihn damit nieder, erschoß einen Officier und machte einen andern gefangen. Der Feind floh, und er schickte ihm aus dessen eigenem Geschütz, das er rasch gewendet hatte, noch einen Schuß nach. Im Jahre 1802 trat Haspinger in den Orden der Kapuziner und erhielt den Klosternamen Joachim. Als er im Auftrage der Obern am 22. October 1804 von Meran über den Jaufen nach Sterzing wanderte, kam er am Wirthshause des Andreas Hofer vorbei, der, den Bettelmönchen als frommer Herbergvater bekannt, auch unsern Haspinger, als er mit dem Schnappsack über dem Rücken vorbei trottete, einlud und über Nacht behielt. So trafen diese zwei Männer, welche bald ein gemeinsamer Ruhm verherrlichen sollte, zum ersten Male zusammen. Nach dem Kriege von 1805, welcher Tyrol an Baiern brachte, ging Haspinger in das Kloster nach Schlanders.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: er
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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_293.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2020)