Seite:Die Gartenlaube (1862) 622.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Deutschland die letzte Hoffnung für sein Wirken zu Grabe getragen. Er knüpfte bereits mit Nordamerika Verbindungen an, entschlossen, das Vaterland, das ihn verließ, für immer aufzugeben, als die jüngste Wendung zu Gunsten des Erfinders dadurch eintrat, daß die Gartenlaube für ihn zu wirken begann.

Kein anderes Blatt Deutschlands hätte es so, wie die Gartenlaube, vermocht, eine halb verlorene, halb vergessene Angelegenheit in kurzer Zeit, durch zwei von ihr veröffentlichte Aufsätze, zu einer Nationalsache zu erheben, ohne Frage das glänzendste Zeugniß des außerordentlichen Vertrauens, welches dieses Blatt bei seinem großen Leserkreise sich erworben und von dem es weder durch die maßlosen Schmähungen, mit welchen seine Gegner und Neider es bei einer allbekannten Gelegenheit der letzten Zeit überschütteten, noch durch die in schamlosester Weise gegen dasselbe aufgehäuften Lügen, wie die Folgen zeigen, das Geringste verloren hat. Der heilsame Einfluß der Gartenlaube ist in der Bauer’schen Angelegenheit in fast großartiger Weise hervorgetreten, und man darf mir wohl die Freude darüber gönnen, daß ich dazu die Veranlassung gab. Als im Herbst 1861 Ernst Keil mich in nähere Beziehung zu seinem Weltblatte brachte, konnte mir kein Gedanke näher liegen, als der, daß Bauer und sein Werk jetzt für Deutschland erhalten sei. Und so war es. Ernst Keil erfaßte nicht nur den Gegenstand selbst in seiner ganzen Bedeutung, sondern sein erfahrener Rath gab dem neuen öffentlichen Auftreten desselben auch sogleich eine Richtung, die ihn aus dem Bereich des bloßen Unterhaltungs-Interesses auf das praktische Feld brachte. Scheu nach meinem ersten Artikel („Ein deutscher Erfinder“) regte sich ein anderes Leben für die Sache: „ein armer Bergmann zu Halle an der Saale“ eröffnete mit 15 Silbergroschen die Sammlungen für Bauer, „ein Landmann aus dem Oderbruch“ folgte mit 20 Thalern nach, und ein Frankfurter Arbeiterverein war der Dritte im Bunde. So war, nach E. Keil’s Plan, die Theilnahme für den Mann geweckt, und es konnte nun mit besserer Aussicht auf Erfolg für die Sache gewirkt werden. Dazu eignete sich von Bauer’s sämmtlichen Erfindungen am besten seine Schiffhebung mittelst der „unterseeischen Kameele“, und darum schloß ich diesen Artikel gleich mit der Aufforderung zu Beisteuern für diese Erfindung. Der gute Erfolg derselben führte zur Gründung des „Central-Comité’s für W. Bauer’s deutsches Taucherwerk“, in Leipzig. Um dem Unternehmen die weiteste Theilnahme zu gewinnen, schickten wir die besondere Aufforderung des Comité’s (begleitet von einem Separatabdruck meines Artikels über „die unterseeischen Kameele“ und einer „Ansprache W. Bauer’s an seine deutschen Landsleute“) an ein halbes Tausend Redactionen deutscher Zeitungen in und außerhalb Deutschlands und an etwa hundert Gewerbe-, polytechnische und dergl. industrielle Vereine. Während so von allen Seiten die öffentlichen Stimmen auf die Stimmung der Deutschen für Bauer einwirkten, begann Bauer selbst eine Rundreise durch Deutschland, auf welcher er in Nürnberg, Erlangen, Frankfurt a. M., Offenbach, Leipzig, Stettin, Hamburg, Bremen und Berlin durch Vorträge und Experimente möglichste Einsicht in seine Erfindungen zu verbreiten suchte.

Wer den Erfolg dieser Bemühungen im Einzelnen betrachtet, kann weder Hrn. Bauer noch dem Central-Comité es verargen, daß sie nicht, durch eine sofortige Gründung einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, den freudigen Sammeleifer im Volke stören lassen wollten. Es ist wahrhaft ergreifend, in welch herzlicher Weise die Einzelnen wie die Gesellschaften gerade der eigentlichen sogen. Volkskreise ihre Beisteuern erst zusammen und dann an uns brachten, daß es ferner ein großer Theil der gebildeten Jugend ist, die ihr Vaterlandsgefühl durch Gaben bethätigen will, und daß überhaupt aus allen Zuschriften warmes deutsches Leben spricht. Hätten wir doch nur Raum genug in der Gartenlaube, um ein wenig in’s Einzelne eingehen, um Namen nennen zu können, von Personen, von Vereinen, von Ortschaften, die uns mit ganz besonderer Freude erfüllten! Aber es thut’s nicht, wir müssen dies bis zum Schluß der Sammlungen für den Generalbericht aufsparen und einstweilen auf unsere (bis jetzt 20) Quittungen in der Gartenlaube zurückweisen. Hier nur als Notiz, daß Beisteuern außer von Einzelnen eingegangen sind: von 36 Gewerbe-, polytechnischen oder Handwerker-Vereinen, von 7 National-Vereinen, von 16 höheren Bildungsanstalten (Universität Breslau, Kunst-, Handels-, Ackerbauschulen, Realschulen und 9 Gymnasien), von 2 Ingenieur-Vereinen (Wien und Großh. Baden), wozu nun noch die Studirenden des königl. Gewerbe-Instituts zu Berlin kommen; ferner von mehrern Vorschuß-, Bürger-, ökonomischen und Lese-Vereinen, von 3 gewerblichen Fortbildungsvereinen, von Stenographen-, Humboldt- und Schillervereinen und vom Kieler Ruderclub; ferner von 6 Singvereinen (zuletzt und mit großem Erfolg von Fürth), von einem Liebhabertheater (dem dramat. Verein zu Meerane), von 12 Arbeitergruppen (Bäcker in St. Petersburg, Tuchmacher in Lengenfeld, Lohgerber in Rudolstadt, Wasserbauer in Heppens, Thiergartenpersonal in Moritzburg, Süßwasserinatrosen u. s. w.), von 9 Zeitungsredactionen (Vegesacker Wochenschr., Volkszeitung in Berlin, Peiner, Kösliner, Allgauer Zeitung, Zwickauer Wochenblatt, Görlitzer Tageblatt, Voigtl. Anzeiger und Blätter von der Saale), und von den Comité’s in Offenbach, Stettin (630 Thlr.!), Manchester, Constantinopel und Odessa. Das Comité von Bremen hat sich, seiner öffentlichen Aufforderung getreu, vorbehalten, durch seine Sammlung (die Anfang September die Summe von 1700 Thlr. erreicht hatte) dem Werke „den Schlußstein einzusetzen“, und das Comité von Nürnberg verkehrt direct mit Hrn. Bauer, weil es „nicht in’s Schlepptau genommen zu werden brauche“. Ueberall, wohin die Gartenlaube kommt, hat sie die Deutschen für das vaterländische Unternehmen gewonnen, aus Moskau und Algier, Philadelphia und Petersburg, Ofen und Avignon, Werschetz, Riga und Kiew, Manchester und Bath, Constantinopel, Odessa und Narwa sind bereits Gaben da. Die Sammlungen für W. Bauer’s Taucherwerk sind eine Nationalfreude geworden, der man bei jeder Lustbarkeit, die das Herz ungewöhnlich erhebt, gern ein Opfer bringt, und so kommen selbst von Kindtaufen und Hochzeiten die Beisteuern, Kinder schicken ihre kleinen Reichthümer aus der Sparbüchse, und „deutsche Knaben“ gehen (wie in Lübeck) den Aeltern mit gutem Beispiel voran. –

Und das ist nothwendig, denn im Ganzen betrachtet ist, trotz aller nationalfreudigen Gebewilligkeit, der Erfolg der Sammlungen für den Zweck noch lange nicht genügend. Wenn wir 22½ Thaler und 25 Fl. rhn., welche für Hrn. Bauer direct eingingen, von unserer ausschließlich für das deutsche Taucherwerk bestimmten Sammlung abrechnen, so beträgt die Gesammtsumme unserer 20 Quittungen, die rhein. und österr. Gulden mit in Thaler umgewandelt, 3209 Thlr. 22½ Ngr. Zählen wir hierzu die vom Nürnberger Comité an Hrn. Bauer direct abgegebenen ungefähr 640 Thlr., so steigt die ganze bis jetzt für das Unternehmen verwendbar gewesene Summe auf ca. 3850 Thaler, – also noch nicht ganz den dritten Theil der nothwendigen 12,000 Thaler; und selbst wenn wir die 1700 von Bremen und 80 noch von Berlin angekündigte Thaler hinzurechnen, so erreichen wir zwar 5630 Thaler, aber damit noch immer nicht die Hälfte der Bedarfsumme.

Wir achten unsere deutschen Landsleute viel zu hoch, als daß wir einen Augenblick befürchtet hätten, sie würden mit einem so schön begonnenen Werke auf dem halben Wege stehen bleiben; wir sind überzeugt, daß es nur dieser offenen Darlegung bedurfte, um dem Sammeleifer eine neue Ausbreitung zu geben. In diesem Vertrauen auf die Nation hat Wilhelm Bauer ein Wagniß begangen, das wir hier ebenfalls offenherzig darlegen. Als der Sommer dieses Jahres herankam, konnten wir kaum erst über 2000 Thaler verfügen. Bauer befürchtete, daß ihm für die Ausführung der Erfindung ein ganzes Jahr verloren gehe, und dieser Zeitverlust erschien ihm mit Recht um so gefährlicher, je bekannter durch seine vielen Vorträge die Erfindung bis in’s Detail geworden war. Da ihm aber vor Allem daran liegen mußte, noch in diesem Jahre wenigstens den „Ludwig“ zu heben, denn mit diesem hat Bauer (wie er sich ausspricht) im Bodensee ein Recht und ein Stück Ehre liegen, so befand er sich in recht peinlicher Bedrängniß. Da erbot sich ein in ganz Deutschland hochgeachteter Ehrenmann, Bauer einen Credit von 6000 Thlr. zu eröffnen, allerdings aber mit der Erwartung, daß derselbe mit seiner Mannesehre für die Deckung der Schuld einstehe; die Mittel zu dieser Deckung konnten aber keine anderen sein, als die aus der Unterstützung der Nation fließenden. Nur mit Vertrauen auf die feste Dauer der Gabensammlungen bis zur Erreichung der Bedarfsumme von 12,000 Thaler belastet sich also Bauer mit der Schuld von 6000 Thaler. Hierzu gab Nürnberg seine 640 Thlr., und das Central-Comité vervollständigte die Summe bis zu den 8000 Thlr., mit welchen Herr Bauer einstweilen die Herstellung seiner nothwendigsten Apparate bewirkte. Von dieser Schuld Herrn Bauer vor allen Dingen und sobald als möglich zu befreien, das hält das Central-Comité für seine innigste

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 622. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_622.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)