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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

aber stets mörderischen Gefechte geblieben sei, und als ich an diesem Abend in seine Wohnung kam, sah ich sofort, daß etwas Besonderes mit ihm und Maggy vorgegangen sein müsse. Das Mädchen, welches ihre rothgeweinten Augen vergebens verbergen zu wollen schien, raunte mir zu, über nichts zu fragen und mich heute nicht lange aufzuhalten; als ich aber am nächsten Tage unruhig wiederkehrte, theilte mir der Alte in voller Fassung selbst das Geschehene mit und fügte hinzu: „Er hat unrecht an seinen Eltern und Großeltern gehandelt – aber dennoch hätte das, was da zwischen Ihnen und Maggy besteht, nimmermehr gut gethan, wenn er einmal wieder heimgekommen wäre – er hatte einmal die Farm zu übernehmen, und ich konnte deshalb nicht Ja zu dem sagen, was ich längst über Ihr Verhältniß zu meiner Tochter wußte. Wollen Sie jetzt, wenn wir erst einmal den schweren Verlust in unserm Herzen überwunden haben, mein Sohn werden und, sobald die Zeiten ruhiger sind, mit uns hinaus auf’s Land ziehen, so habe ich nichts dawider – mein letztes Kind aber kann ich nicht ganz von mir geben und will auch da sterben, wo ich fast jeden Baum selbst gepflanzt und wo ich bis jetzt meine eigentliche Heimath gefunden habe.“ – –

Maggy ist zwar heute mein süßes Weib, in welcher ich jeden Tag neue Schätze entdecke; der Zeit aber, welche der Alte herbeisehnt und welche mich zum wohlhäbigen Farmer machen soll, sehen wir noch immer entgegen – noch ist das unglückliche Missouri ein vom Bürgerkriege zerrissener Staat, und wenn wir Gott für etwas danken, so ist es vor Allem dafür, daß er uns in einem geschützten Asyl zusammengeführt und uns ein erträglicheres Loos bereitet hat, als den vielen Tausenden, deren Wohlstand und Familienglück in diesem unglücklichen Kampfe für immer zu Grunde gerichtet worden ist.


Blätter und Blüthen

Gustav Struve, der bekannte badische Flüchtling, wird wahrscheinlich noch im Laufe dieses Jahres nach Deutschland zurückkehren. „Meine Sehnsucht nach Deutschland“, schreibt er, „welche meine nun im Grabe ruhende Gattin stets theilte, ist seit deren Tode noch weit stärker geworden. Wenn das Glück mich einigermaßen begünstigt, werde ich Deutschland wiedersehen, bevor das Jahr zu Ende geht. Nach allen Berichten muß der Aufschwung der deutschen Nation ein großartiger sein. Mögen wir die Freiheit ohne blutigen Bürgerkrieg erringen! Ueber alle Beschreibung schrecklich sind die Resultate des amerikanischen Bruderkampfes.

Ich habe viel gelitten in der Verbannung, insbesondere durch den Tod meiner Amalie. Allein da ich 19 Monate Kriegsleben in Amerika aushalten konnte, muß ich doch noch immer rüstig sein. Von den 1045 ursprünglichen Leuten meines Regiments waren, als ich abging, nur 150 noch vorhanden. Ich blieb verschont, während neun Zehntheil des Regiments theils starben, teils dienstunfähig wurden. – Tausend Dank für Ihre freundlichen Zeilen! Sie ahnen nicht, wie herzlich wohl ein so lieber Gruß aus dem Vaterlande den Flüchtling berührt!“



Ein guter Gedanke. Man macht uns Deutschen häufig den Vorwurf, wir hätten zu wenig Nationalstolz, und in der That ist dies begründet, wie man leicht bemerkt, wenn man das Benehmen der Engländer und Franzosen mit dem unsrigen vergleicht. Aber wie gerade die bedeutendsten Vorzüge, die der einzelne Mensch besitzt, der Art sind, daß sie ihm zum größeren Theile vom Geschicke ohne eigenes Dazuthun verliehen wurden, während er selbst nur zum kleineren Theile bei der weiteren Ausbildung thätig mitwirkte, so ist es auch mit dem Nationalgefühle ganzer Nationen; die Engländer und Franzosen haben diese schöne Eigenschaft auch sich nicht allein zu verdanken, – im Gegentheil, die Verhältnisse waren es, durch die sie bei ihnen geschaffen und lebendig erhalten wurde. Unstreitig sind nämlich Familie, Schule und Kirche die drei wichtigsten Factoren zur Erweckung einer Idee im Volke; bei der einen Nation und je nach ihrem Bildungsgrade wirkt der eine dieser Factoren mehr, der andere weniger stark ein. Dadurch nun, daß sich in England und Frankreich schon vor mehreren Jahrhunderten nationale Kirchen bildeten, nämlich die anglicanische und gallicanische, hatte dort die religiöse Einwirkung einen nationalen Charakter angenommen, was um so mehr zu beachten ist, weil in jenen Zeitperioden die Kirche selbst der dominirende unter den genannten drei Factoren war. Wie standen die Dinge aber bei uns? Wer der Reformation huldigte, stand den Katholiken schroff gegenüber, und umgekehrt; zu nationalen Zwecken wurde die Kirche fast nie benutzt, wohl aber vielfach, um Haß gegen die Mitbrüder desselben herrlichen Vaterlandes hervorzurufen, und doch konnte uns nur aus der Versöhnlichkeit Heil erblühen, da unsere Lage in der Mitte von Europa und die überall offenen Grenzen sämmtlichen Nachbarn den Eintritt leicht machten. Es muß daher einen jeden Deutschen freuen, wenn er hört, daß endlich einmal die Kirche zur Weckung des patriotischen Gefühles mit beitrage, wie das bei einer Stiftung der Fall ist, welche der Koblenzer Kaufmann, Herr Jacob Brien, gemacht hat, um in Caub alljährlich des Ueberganges Blücher’s über den Rhein zu gedenken. Möge der glückliche Gedanke des Herrn Brien recht Viele zu ähnlichem Vorgehen bewegen. Orte, welche sich zur Feier eignen, giebt es ja genug in Deutschland und besonders im Rheinlande – hat doch eine mehr als tausendjährige gemeinschaftliche Geschichte dafür gesorgt, daß manche Ortsnamen einem jeden Deutschen wohlklingend geworden sind!




Bemerkung zu dem Artikel „Beleuchtung“ in Nr. 11. Die Verbrauchsangabe in Betreff des Erdöls von ¾ Heller für eine Stunde bezieht sich auf New-York. In unsern Gegenden aber stellt sich die Stunde auf ½ Kreuzer oder 12/3 Pfennig. Eine Erdöllampe mit plattem Docht und von mittlerer Größe verbraucht einen Schoppen = ½ Litre in 25 Stunden; der Schoppen kostet im Durchschnitt 12 Kreuzer oder etwa 8 Sgr. 3 Pf., woraus sich obige Verbrauchsangabe leicht ergiebt.

G. K.




Für Theodor Körner’s Pflegerin wurden mir im Laufe dieser Woche eingesandt: 1 Thlr. 10 Ngr. einige Gymnasiasten in G-a – 15 Ngr. Ein Veteran aus den Freiheitskriegen, der auch verwundet war und von Frauenhand gepflegt wurde – 1 Thlr. Alfred – Eine große Cervelatwurst, als kleines Zeichen der Anerkennung von J. W. Moll und Comp. in Kassel – 1 Thlr. Ein Freund des Dichters von Leyer und Schwert – 1 Thlr. 5 Ngr. von zwei deutschen Mädchen mit dem Motto: „Gott segne die wackre Matrone“ – 1. Thlr. von C. F. in Cöthen – 1 Thlr. von Frau Louise Volger in Frankfurt a. M.

Im Namen der „wackern Matrone“ meinen herzlichsten Dank.

Ernst Keil.


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_208.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)