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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

Aba Kaissi sah sich in der schlimmsten Klemme. Auf der einen Seite die wüthenden Bauern, die ihn unfehlbar todtgeschlagen hätten, wäre er in ihre Hände gerathen, auf der andern die abessinische Regierung, gegen welche er so vielfache Sünden auf dem Herzen hatte. In dieser Verlegenheit entsann er sich des abessinischen Sprüchworts, „daß unter zwei Spitzbuben der große immer noch zuverlässiger ist als der kleine“. (In diesem anarchischen Lande pflegt man nämlich den Herrscher oft Spitzbube zu nennen.) Diesem Sprüchworte gemäß zu handeln entschloß er sich, stieg vom Berge herab, begab sich in die abessinische Hauptstadt und lieferte sich selbst der Regierung aus. Der Statthalter, der die Hauptstadt in Abwesenheit des auf einem Kriegszuge begriffenen Königs Kassa verwaltete, gerieth in nicht geringe Verlegenheit, als er den gefürchteten Raubrebellen plötzlich in sein Haus treten sah. Und wie trat dieser auf? Durchaus nicht etwa wie ein zerknirschter Sünder, sondern wie ein tapferer Haudegen, der sich seiner Verdienste bewußt ist. Auch kam er bis an die Zähne bewaffnet und begleitet von einem Dutzend ebenfalls von Waffen strotzender Spießgesellen, so daß es aussah, als wolle er den Statthalter überfallen, statt sich ihm vertrauungsvoll ausliefern. Seine Sprache war ebenso stolz, wie sein Auftreten.

„Ich komme,“ sagte er, „um mich der Gnade und Gerechtigkeit des Königs anzuvertrauen. Er kennt mich und weiß, welche Dienste ich ihm als Kriegsmann leisten kann. Wenn er seinen Thron befestigen will, so wird er meine Rebellion vergessen, mich gut aufnehmen und mich an die Spitze seiner Armee stellen.“

Der Statthalter war nicht berufen, das Wort des Königs im Voraus zu verpfänden. Er sah nur eine Nothwendigkeit ein, die nämlich, den Rebellen zu entwaffnen und gefangen zu setzen. Es war nicht leicht, ihn zur Uebergabe seines Säbels zu bewegen. Er lieferte ihn erst aus, als man alle seine Gefährten durch List von ihm entfernt hatte und er sich allein sah, stolz bis zum letzten Augenblicke seiner Freiheit. Diese sollte er gleich darauf verlieren, denn kaum war er entwaffnet, so ließ ihn der Statthalter in Ketten legen und in’s Gefängniß führen.

Dort sitzt er nun, da König Kassa, bei dessen Rückkehr sich sein Loos entscheiden wird, einstweiten noch nicht zurückgekommen ist. Was wird dieses Loos sein? Die Meisten glauben, der Tod. Aber Abessinien ist ein so unberechenbares Land, daß es ebenso gut möglich ist, daß Kassa ihm verzeiht und ihm ein Commando giebt, ja sogar, wie Aba Kaissi es selbst meinte, ihn an die Spitze seiner Armee stellt.



Meinem Zwillingsbruder.


Nicht nur daheim im Schatten deutscher Eichen, –
Im Lorbeerwald, vom blauen Meer umsungen,
Hat Thränen mir die Sehnsucht abgerungen,
Daß meine Worte Dich nicht mehr erreichen.

5
Herz meines Bruders, Echo sonder Gleichen,

Das meines Jugendtraums Erinnerungen,
Das all mein Glück und Hoffen nachgeklungen,
Welch’ einen Lenz sah ich mit Dir entweichen!

Den Kranz des Nachruhms will ich gerne missen;

10
In Einem nur rankt sich hinan mein Streben:

Gleich Dir, Verklärter, mich geliebt zu wissen.

Du warst das bess’re Theil von meinem Leben;
Der bitt’re Stachel ist dem Tod entrissen,
Wenn Sterben heißt: zu Dir empor zu schweben.

Wilhelm Buchholz.


Mein Stuben-Aquarium.

Wohl viele von unseren Lesern haben schon Abhandlungen über ein Aquarium gelesen, sind auch vielleicht im Besitze eines solchen, belehrende Unterhaltung gewährenden Glashauses, und darum wird es ihnen nicht ganz uninteressant sein, wenn ich hier über die Einrichtung meines Aquariums durch Wort und Bild einige Mittheilungen mache. Ich habe hinsichtlich der nutzbringenden technischen Anwendung vorzüglich denjenigen Leser im Auge, welcher von größeren Städten entfernt wohnt; denn nur dort findet man fertige Aquarien, sogar solche, welche ohne jegliche Einfassung ganz aus Glas bestehen. Die Aufgabe dieses kleinen Artikels ist nun die, durch einfache Angabe der Construction meines Glashauses Jedermann in den Stand zu setzen, die Anschaffung, beziehungsweise Anfertigung eines Aquariums zu bewerkstelligen. Es sind hierzu nur einige überall vertretene Handwerker nöthig.

Die Größe seines Aquariums möge der geneigte Leser nach eigenem Ermessen dem Standorte desselben anpassen. Um ihm jedoch einen ungefähren Ueberblick zu geben, theile ich demselben über mein Aquarium Folgendes mit:

Dasselbe ist ein viereckiger, mit 0,003 Meter dicken Glasscheiben versehener Kasten, von 0,54 Meter Länge, 0,38 Meter Breite, 0,33 Meter Höhe. Die Scheiben sind mit einer zierlichen Blecheinfassung, ähnlich der einer Laterne, versehen und ruhen unten auf einem angestrichenen, durch Löthung mit der äußern Blecheinfassung verbundenen Boden, auf dem zur größern Reinlichkeit und Solidität vermittelst rothem Mennigkittes ein Glasboden eingefügt ist. Dieselbe Verkittungsweise kommt überall in Anwendung, wo die Scheiben zusammenstoßen, doch so, daß erst die Kanten derselben mit Oelfarbe bestrichen werden, damit der Kitt haften kann. Ungefähr acht bis vierzehn Tage sind erforderlich zur völligen Trocknung; denn würde diese auf künstliche Weise beschleunigt, so würde das Gewicht des Wassers den Kitt lösen und alsdann das Wasser des Behälters fortwährend rinnen.

Der so construirte Glasbehälter ruht auf einem angestrichenen Holzboden mit Füßen, der mit 0,025 Meter hohen Holzkohlleisten, welche erstern fast umschließen, versehen ist, um das Rutschen beim Tragen des Aquariums zu verhindern. Der Blecheinfassung und dem Boden gebe man einen Anstrich nach Belieben; ich habe den einer grauen Steinfarbe gewählt.

Das Innere des Aquariums ist in zwei Hälften eingetheilt; die untere ist bis zur Höhe von 0,16 Meter mit Wasser gefüllt, wozu zwei Eimer desselben erforderlich sind. Der Boden dieses Wasserparterres besteht aus einer leichten Sandschicht von reinen Steinchen in mehreren Farben; hin und wieder erheben sich größere Steine und Schlacken von verschiedener Formation und Structur mit allerlei Höhlungen zum Schutz und Schirm der darin sich tummelnden Thierwelt, welche aus Fischen, mehreren Arten Wasserkäfern, den kleinsten wie den größten, und deren Larven besteht, worunter die Gattung dytisci mit ihrem dunkelgrünen, gelb umrandeten Halsschild und gelb gesäumten Flügeldecken, mit ihren borstenförmigen Fühlern und breitgedrückten, am Rande langbewimperten Hinterfüßen, die als Ruder zum Schwimmen dienen, einen höchst anziehenden Anblick, besonders im Sonnenscheine, gewähren.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_425.JPG&oldid=- (Version vom 1.7.2018)