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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

Couvert zu drittehalb Gülden finden. Wer aber damit noch nicht befriedigt ist, den gebe ich mit seinen Ansprüchen und seinem Portefeuille der russischen Restauration oder der Cita di Trieste und namentlich dem verführerischen Zelte der Frères provençaux preis – für den hat meine Berechnung, meine Fürsorge und selbst mein Mitleid ein Ende.

Für jedes Bedürfniß ist im Umfange der Weltausstellung gesorgt. Wenn der Gatte oder die Gattin Briefe schreiben wollen, unter den Gittergängen ist das Lesezimmer, dort ist Papier, Tinte und Feder, daneben gleich der Briefkästen. Will Madame an ihre Eltern oder Kinder über ihr Wohlbefinden telegraphiren, der Telegraph ist in der Nähe und datirt die Depesche von der Weltausstellung aus. Biegt man um die Ecke, dann deutet eine schwarze Hand nach einer stillen Gegend mit der discreten Ueberschrift „Damentoilette“. Hier kann Madame ihre Toilette, hier ihre Frisur in Ordnung bringen, hier – kurz, Alles für zwanzig Kreuzer und, wenn man den Waschtisch benutzt, die doppelte Taxe.

Um Gelegenheiten, die Börse zu ziehen, werden unsere Reisenden in keiner Weise verlegen sein. Wenn einer der Papiergulden in kleine Silberstücke umgewechselt ist, dann geht er auch wie flüssiges Kali durch die Hand. Und doch werden alle Ausgaben reichlich aufgewogen durch das, was dem Besucher Alles geboten wird. Eine Reise zur Weltausstellung ist ein Erforderniß moderner Bildung, eine deutsch-nationale Ehrensache und selbst bei den steigenden Preisen noch eine ökonomische Maßregel: man erspart eine Reise um die Welt, man macht einen praktischen Cursus über fremde Länder und Völker durch, man gewinnt so diese Anregungen und Ideen aus dieser Fülle des Herrlichen und Großartigen, wozu sich der Menschengeist seit Millionen von Jahren emporgerungen hat, daß aus voller Seele heraus mein Ruf in alle Geschäfts- und Studirstuben, in alle Werkstätten in Stadt und Land ergeht. „Auf, auf nach Wien!“ Nun erst ist der günstige Zeitpunkt für den Besuch der Weltausstellung gekommen, denn jetzt erst steht das grandiose Werk in seiner ganzen Vollständigkeit da, und darum werde ich von jetzt an auch erst meine Weltausstellungswanderungen für die Gartenlaube beginnen.

Georg Horn.


Der Modoc-Krieg.[1]
III.
Jefferson Davis im Lager bei den Lavabetten. – Entscheidende Mitwirkung der Warm-Spring-Indianer. – Flucht und Verfolgung der Modocs. – Der Rest der Rothhäute ergiebt sich. – Auch Jack streckt die Waffen. – Verurtheilung der Schuldigen. – Gegenbefehl von Washington. – Machinationen der „Friedenscommission“. – Grausamer Act der Volksjustiz.

Die am Schlusse des vorigen Artikels (Nr. 24 dieses Jahrgangs) ausgesprochenen Befürchtungen, daß sich der sogenannte Modoc-„Krieg“ in die Länge ziehen oder durch Anschluß anderer Stämme an die rebellischen Bravos in einen größeren Indianerkrieg ausarten könnte, haben sich zum Glück nicht erfüllt. Der Kampf ist durch die schließlich erfolgte Uebergabe Capitain Jack’s an die Truppen der Vereinigten Staaten und die Vernichtung oder Gefangennahme fast aller seiner Krieger für jetzt wenigstens beendet; die letzten Ereignisse, welche zu diesem Resultate führten, sollen in diesem Artikel den Lesern der Gartenlaube im Zusammenhange mitgetheilt werden.

Am 2. Mai war General Jefferson Davis, der an Canby’s Stelle zum speciellen Leiter der militärischen Operationen in Oregon ernannt worden war, im Lager bei den Lavabetten angekommen. Er fand die ganze Angelegenheit in einem keineswegs sehr erfreulichen Zustande. Die Truppen waren demoralisirt und muthlos; mochten nun die schon geschilderten eclatanten Niederlagen in den Lavabetten eine Folge des ungünstigen Terrains oder der Unbekanntschaft der Regulären mit solcher Indianerkriegsweise oder der Unfähigkeit der Officiere gewesen sein, sie hatten nun einmal die Soldaten muthlos und die Officiere rathlos gemacht. Vertrauen und Disciplin waren locker geworden. General Davis’ Ankunft schien neues Leben und neue Hoffnung in’s Lager zu bringen. Als tüchtiger und energischer Führer aus der Rebellion her bekannt, hatte er sogleich das Zutrauen der Leute auf seiner Seite. Die Folge zeigte bald, daß der rechte Mann an den rechten Platz gestellt war. Zunächst gab er den Truppen eine kurze Rast, um sich nach den unglücklichen und aufreibenden Gefechten in der Felsenwüste zu erholen und sich wieder gehörig zu sammeln; er benutzte diese Zeit, um die Soldaten mit der Kriegsweise der Indianer besser bekannt zu machen, und begann dann sehr vorsichtig Recognoscirungspartien auszusenden, theils um den gegenwärtigen Aufenthaltsort der Modocs aufzuspüren, theils um die noch nicht aufgefundenen Leichen der in den Lavabetten Gefallenen aufzusuchen und zu begraben. Man fand die Körper von acht Soldaten, die meisten auf die abscheulichste Art verstümmelt; Buschwerk war dann über sie geworfen und angezündet worden, so daß die halbverbrannten, von der Hitze schon sehr zerfetzten Leichen nicht mehr fortgeschafft werden konnten, sondern, so gut es eben ging, auf der Stelle, wo sie lagen, begraben werden mußten. Man traf bei diesen Nachforschungen auf keine Indianer und kam endlich zu der Ueberzeugung, daß dieselben die Lavabetten verlassen hatten. Wahrscheinlich hatte Wassermangel sie aus der unwirthlichen Felsenwüste hinausgetrieben und sie gezwungen, sich eine neue feste Stellung in den nahen unwegsamen Waldbergen zu suchen. General Davis’ Plan war jetzt schnell gefaßt und sogleich in’s Werk gesetzt. Er bestand einfach darin, die jetzt eher erreichbaren Indianer so lange ohne Ruhe und Rast von Ort zu Ort zu hetzen, bis sie entweder alle gefallen wären oder der Rest sich gefangen gäbe. Er theilte zu dem Zwecke sein aus ungefähr sechshundert Mann bestehendes Commando in mehrere Abtheilungen, die in verschiedenen Richtungen den Feind aufsuchen sollten. Wie schon früher erwähnt, befanden sich gegen hundert Warm-Spring-Indianer bei ihm, die als alte geschworene Feinde der Modocs ihre Hülfe angeboten hatten. Sie standen unter dem directen Befehle ihres Häuptlings Donald Mac Kay und hatten sich bisher schon sehr nützlich bewiesen. Davis erkannte ihre Wichtigkeit sogleich und rechnete in der That auf diese wilden Krieger mehr als auf seine Regulären. Und er verrechnete sich dabei nicht. Diese Warm-Springs haben den Kampf eigentlich zu einem so schnellen Ende gebracht; ohne sie würde die Jagd wohl heute noch fortgehen.

Ein Theil dieser Indianer war Capitain Hasbrook zugetheilt worden, der mit Cavallerie und leichter Artillerie die Gegend zwischen den Lavabetten und den nordwestlichen Waldbergen durchstreifte. Am Morgen des 10. Mai ertönte plötzlich das Kriegsgeschrei der Wilden vor seinem Lager; Capitain Jack, in General Canby’s Uniform gekleidet, sprengte mit etwa dreiunddreißig Modockriegern bis auf hundert Schritte heran und begann Salve auf Salve auf die Ueberraschten zu geben. Einige Soldaten fielen; Hasbrook sammelte seine Leute schnell und erwiderte das Feuer. Da sprengte Donald Mac Kay mit seinen Indianern, die etwas entfernt vom Lager gestanden hatten, herbei, und mit dem wilden Kriegsrufe der Warm-Springs ging’s den Modocs an den Leib. Jetzt begann die Hetze. Tapfer, wie die Modocs waren, der Schlachtruf ihrer alten Erbfeinde erschreckte sie; sie wandten sich zur Flucht, beständig verfolgt von den zur vollen Kampfwuth entflammten Stammverwandten, bis sie nach allen Richtungen in den unwegsamen Wäldern zersprengt waren. Ein Modoc blieb auf dem Kampfplatze liegen; sechs andere Gefallene, die schon auf Maulesel gepackt waren, wurden sammt diesen weggenommen; außerdem fielen den Verfolgenden über dreißig Pferde und Maulesel, sowie ein Theil geraubter Lebensmittel in die Hände. Jack mit seinen zersprengten Bravos

  1. Wir erlauben uns, unsere Leser auf diesen Schlußartikel über den Modoc-Krieg noch ganz besonders aufmerksam zu machen. In so ausführlicher Weise und auf Grund so authentischer Quellen dürfte die deutsche Presse Schilderungen dieses vielbesprochenen Indianer-Aufstandes noch nicht geboten haben.
    Die Redaction.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_489.JPG&oldid=- (Version vom 27.8.2018)