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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


Pferdefuß und Hörner zu uns armen Seeleuten gekommen. Mit großem Jubel wurde er auf Deck und unter Dach gebracht.

Jetzt ging es schnell an die Arbeit. In kurzer Zelt lagen wir bequem vor den Sturmsegeln und der alte Bootsmann hatte Zeit, ein Garn zu spinnen, das, einmal angefangen, so leicht nicht abreißt. Erklärbare und unerklärbare Gespenstergeschichten wurden aufgetischt, um die heutige Furcht zu entschuldigen und zu beschönigen. Lange noch gab diese kleine Episode, mehr oder weniger vergrößert, Stoff zu Unterhaltungen, und Gott weiß, wie verändert sie heute in den Kreisen dieser wackeren Seehelden lebt; wer weiß, wie sie sich nach langer Zeit ihre Kindeskinder erzählen, und was dann aus unserem kleinen Teufelchen für ein Gespenst gemacht werden wird! Denn sicher stammen die unter den Seeleuten so beliebten Spukgeschichten vom „Fliegenden Holländer“, „Klabautermann“, der „Seekatze“ etc. alle von ebenso unschuldigen Ursachen her. Der Papagei blieb während der Reise der Liebling Aller. Zur Erinnerung an diese denkwürdige Nacht wurde er Düwel genannt.

Abends vor Dunkelwerden war ein holländischer Ostindienfahrer, nordwärts steuernd, an uns vorbeipassirt. Von ihm mußte „Düwel“ zu uns herübergezogen sein.

P. O.




Neue Untersuchungen über Farbenblindheit. Bekanntlich hat man früher die Farbenblindheit bei Menschen nur als ein Curiosum betrachtet oder gar solche Individuen, welche vorgaben, bestimmte Farben nicht unterscheiden zu können für Ueberspannte, ja für Simulanten gehalten. Ueber die bedeutendere Berücksichtigung, welche von Seiten der Behörden und Aerzte dem häufigen Vorkommen der Farbenblindheit in neuerer Zeit gezollt wurde, hat die „Gartenlaube“ mehrfach Mittheilungen gebracht. In der jüngsten Zeit haben nun zwei Breslauer Augenärzte, die Herren Professor Dr. Herm. Cohn und Docent Dr. Hugo Magnus, sich der mühsamen Aufgabe unterzogen, die heranwachsende Jugend auf Farbenblindheit zu prüfen, um der bezüglichen Statistik eine festere Grundlage zu verleihen. Bisher haben die Genannten gegen 6000 Schüler und Schülerinnen zu Breslau auf deren Capacität des Farbensinnes untersucht. Die Kinder wurden, um jegliche Täuschung zu vermeiden, durch vier Methoden auf Farbensinn geprüft; durch das Aussuchen farbiger Wollfäden, durch das Prüfen mit Farbebildern, durch das Prüfen mit Contrastfarben, sowie durch Prüfung mit dem physikalischen Spectralapparate. Unter 2561 Schülern fanden sich 67 farbenblind, = 2,7 Procent. Unter 2318 Schülerinnen fand sich nur eine farbenblind, = 0,04 Procent. Unter den Mädchen scheint also die Farbenblindheit zu den größten Seltenheiten zu gehören. Der einzige Fall, der beobachtet wurde, betraf ein Mädchen, welches sowohl für roth und grün, wie für blau und gelb unempfindlich war. Bei der Untersuchung der Schüler einer Realschule, welche von sehr vielen jüdischen Zöglingen besucht wird, ergab sich das überraschende Resultat, daß bei den jüdischen Schülern die Farbenblindheit sich bedeutend mehr verbreitet zeigte, als bei den christlichen. Unter 1947 christlichen Schülern fanden sich 42 farbenblind, = 2,1 Procent, unter 814 jüdischen Schülern 34 farbenblind, = 4,1 Procent. Es wurden also doppelt so viel jüdische als christliche Schüler farbenblind befunden. Auf den Mädchenschulen waren 836 Jüdinnen untersucht und alle normal befunden worden. Das Interessanteste bei diesen Untersuchungsergebnissen ist demnach: 1.) daß unter den Mädchen die Farbenblindheit fast nie vorkommt und 2) daß die Farbenblindheit unter den Juden noch einmal so verbreitet ist, wie unter den Christen. Letzterer Umstand hat noch das besondere Interesse, einen Beleg für die Vererbung menschlicher Eigenschaften zu bieten.

Bekanntlich hatte der berühmte Sprachforscher Lazarus Geiger aus vergleichend naturwissenschaftlich-philologischen Forschungen den Schluß gezogen, daß bei den alten Völkerschaften die Entwickelung des Farbensinnes (vergleiche Gartenlaube“ „Nr. 4, Jahrgang 1876 und Nr. 39 von 1877) eine ungenügende war und sich erst allmählich zu der Höhe der heutigen Empfindung entfaltet habe. In den jüngsten Jahren haben Dr. Magnus in Breslau und der auch als Sprachforscher bedeutende ehemalige Premierminister von Großbritannien und Lordrector der Universität von Glasgow, W. E. Gladstone, welcher schon früher ähnliche Untersuchungen veröffentlicht hat, die Geiger’schen Ansichten bestätigt. Der obenerwähnte merkwürdige Befund an den jüdischen Schülern der Breslauer Schulen dürfte nun einen neuen Anhaltspunkt dafür bieten, daß bei vielen alten Völkerschaften die Empfindlichkeit für Farbeneindrücke weniger entwickelt war, wie denn auch die Bibel wichtige Anhaltspunkte für jene Ansicht bietet, worüber schon früher Näheres in der „Gartenlaube“ auseinandergesetzt wurde. Da sich das jüdische Volk zum größten Theile in seiner Abstammungsreinheit bis heute erhalten hat, dürfte wohl das häufige Vorkommen der Farbenblindheit unter den Juden in der mehrerwähnten Theorie seine Erklärung finden. Merkwürdig und eigenthümlich bleibt es indessen immer, daß die Farbenblindheit bei dem weiblichen Geschlechte eine verhältnißmäßig so äußerst seltene ist, ein Umstand, für welche die Fachleute uns die Erklärung noch schuldig geblieben sind. Uebrigens hat ein Correspondent der „Gartenlaube“ (D. in B.) schon in Nr. 21. des vorigen Jahrgangs unter dem Titel: „Die Farbenblindheit in der Schule“ auf die merkwürdige Erscheinung hingewiesen, daß unter sämmtlichen in jener Anstalt untersuchten Mädchen keine einzige Farbenblinde zu finden war.

St.



Schrecken in der Pension. (Mit Abbildung S. 448 u. 449.) Der große Ruf, den C. von Piloty sich nicht blos als Künstler, sondern auch als Lehrer erworben, führte ihm auch aus dem fernsten Westen Amerikas Schüler zu, die wiederum im Stande waren, den Ruhm ihres Meisters durch hervorragende Leistungen zu vergrößern. Wir nennen hier nur D. Riel und Toby E. Rosenthal.

Von Toby E. Rosenthal bringt unsere heutige Nummer einen Holzschnitt nach einem seiner letzten Bilder „Schrecken in der Pension“. Das Bild selbst befindet sich jetzt in den Händen des Bestellers in San Francisco, nachdem es auf deutschen Ausstellungen seinem Autor neue Lorbeeren zu den alten erworben. Wie die früheren in unserem Blatt wiedergegebenen Rosenthal’schen Bilder: „Wer zuletzt lacht – lacht am besten“ – „Aus dem Regen in die Traufe“ – „Mahnt mich nicht, daß ich vergebens bin vom Frühling ausgeschlossen“ etc. spricht das Bild seinen Inhalt schlagend aus und ist in Bezug auf Licht und Farbe meisterhaft.

Den genannten humoristischen Darstellungen ging voran das tiefelegische Bild „Elaine“ vom höchsten künstlerischen Werth. Dasselbe wurde uns gleichfalls nach Amerika entführt. Dagegen besitzt Leipzigs Museum von Rosenthal’s Schöpfungen ein Werk innigster Darstellung: „Eine Morgenandacht in der Familie Joh. Seb. Bach’s“, das unbestritten zu den Perlen des Museums gehört. Noch ist der Höhepunkt unseres jungen Künstlers nicht erreicht, und wir dürfen mit Recht für die Zukunft Leistungen sehr hohen Ranges von ihm erwarten.



„Das Wort Pumpernickel“ schreibt man uns, „dürfte nicht, wie der Verfasser des Artikels in Nr. 28 der ‚Gartenlaube‘ von 1877 ausführte, von Pump oder Pomp und Nekel, sondern von einer Benennung von Seiten des Magistrats der Stadt Osnabrück stammen, der bei einer Hungersnoth um’s Jahr 1400 für die Armen der Stadt Brod backen und dieses ‚bona panicula‘ zu deutsch: ‚das gute Brödchen‘ nennen ließ. Aus diesem bona panicula ist vermutlich der Name Pumpernickel gebildet worden. Der Thurm, an dem der betreffende Magistratsbackofen lag, steht noch am Herrnteichswalle zu Osnabrück und wird noch jetzt der ‚Pernickel‘ genannt. Osnabrück ist mithin als die wahre Heimath des Pumpernickels anzusehen, der noch heute dort und in der Umgegend, insbesondere auf den Bauernhöfen, wohl am besten und größten (oft das Stück mehr als einen halben Centner schwer) gebacken wird.“ Weiß Jemand zwischen beiden Erklärungen zu entscheiden oder eine wahrscheinlichere dritte zu finden?



Zu den geographischen Merkzahlen, betreffend Art und Anzahl der das deutsche Reich bildenden Staaten (S. Nr. 25), liefert man uns aus Düsseldorf staatsrechtliche Merkzahlen, betreffend die Zusammensetzung des Bundesrates. Die Stimmführung im Bundesrate vertheilt sich in folgender Weise: Preußen hat 17 Stimmen, die 17 Kleinstaaten, welche je 1 Stimme haben, stellen zusammen auch 17 Stimmen, die anderen Staaten, welche mehr als je 1 Stimme haben, stellen zusammen 7 + 17 Stimmen, und zwar einer (Baiern) 6, 2 je 4 (Sachsen und Württemberg), 2 je 3 (Baden und Hessen) und 2 je 2 (Mecklenburg-Schwerin und Braunschweig), also alles zusammen 58 Stimmen.



Kleiner Briefkasten.

L. L. in Prag. Was wir schon so oft gesagt, sei hier abermals wiederholt: es muß lediglich unserem eigenen Ermessen anheimgegeben werden, welche der uns zugehenden Anfragen wir einer Antwort werth erachten, sei es an dieser Stelle oder auf brieflichem Wege. Unberücksichtigt müssen wir jedefalls alle solchen Fragen lassen, welche jedes Conversationslexicon beantwortet. Die Revolvermanier der Beifügung einer Francaturmarke hat längst aufgehört uns zu imponiren. Wir werden von jetzt an alle nicht zur Rückantwort benutzten Marken der Armencasse einverleiben.

„Einer Frau.“ Sie beschweren sich über den häufigen Mangel von Perrons an Bahnstationen und über die Ungefälligkeit so vieler „Herren der Schöpfung“ reisenden Damen gegenüber. Die Beobachtung beider Uebel ist leider nicht neu, die „Gartenlaube“ kann jedoch denselben nicht abhelfen, sondern nur mit Ihnen und für Sie wünschen, daß es recht bald an jeder Station einen Perron und in jedem Zuge nur anständige und gebildete Männer geben möge.

R. R. V. G. in Berlin. Herr – – Sie sind reif für’s Irrenhaus.

L. D. F. In Nr. 40 des Jahrganges 1875.

M. K. in M. Die gewünschte Adresse lautet: Frau Auguste von Roeßler-Lade. Langen-Schwalbach, Wiesbaden.



Für die Hinterlassenen der verunglückten Seeleute vom „Großen Kurfürsten“

gingen wieder ein: Obertertia des Gymnasiums zu Sagan M. 25; Giese in Herzberg i. M. M. 1; J. Kinzig in Kehl M. 1.80; Dr. R. in Kloster Heilbronn M. 5; D. Elias in Geldern M. 5; gesammelt bei einem Festmahle vereinigter Mitglieder des landwirthschaftlichen Vereins, des Gemeindetages und des Militärvereins „Albertbund“ zu Lommatzsch M. 16; Theilertrag eines von der Liedertafel zu Steinichtwolmsdorf veranstalteten Concertes am 18. Juni zu Ehren des silbernen Ehejubiläums unseres hochverehrten Königpaares, durch Lehrer Aug. Kern M. 12; Gesangverein Pfullendorf M. 70; E. in Berlin M. 4; Gustav Lindner in Ellefeld, gesammelt gelegentlich des silbernen Hochzeitsfestes unseres Königspaares M. 12.37; A. K. in Schöppenstedt M. 3; H. von Schilling in Cannstatt M. 10; Edmund Maasdorf in Mühlberg a. E. M. 2.5; L. R. M. 3; C. K. in Wittenberg M. 10; Lina Litzrodt in Golchen bei Brüel M. 3; gespartes Taschengeld einer früh Vollendeten in Breslau M. 1.60; gesammelt in einer Hochzeitsgesellschaft in Cöslin durch Posteleve Krüger M. 14; eine Deutsche in Detta (Ungarn) 5 Fl. = M. 8.60; von der Besatzung der Burg Hohenzollern durch Hauptmann Müller M. 58; B. Niehus, Uhrmacher in Elmshorn M. 2. – Von C. W. in Mengeringhausen (Waldeck) wurde ein reizendes werthvolles Aquarell, ein Feldblumenstrauß auf dunkelbraunem Papiergrunde, eingesandt, mit dem Ersuchen, dasselbe im Interesse der Sammlung zu veräußern. Welcher unter unsern Lesern wagt ein Gebot? Wer am meisten Herz hat, gewinnt es!

Die Redaction.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_456.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)