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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

das klingt freilich etwas drastisch, immerhin aber ist dargethan daß die Heliographie zu vortrefflicher Herstellung einer Generalstabskarte mit reichstem, schwierigstem Terrain nur ein Fünftheil der Zeit und ein Viertheil der Kosten erfordert, welche der Kupferstich beanspruchen würde.

Die topographische Aufnahme oder die Generalstabskarte ist die höchste Leistung in der technischen, graphischen Erdkunde. Sie giebt die genaueste Abbildung der Erdoberfläche und ist die sicherste Basis für alle geographisch-topographische Kenntniß. Die Generalstabsinstitute waren immer die hohen Schulen für den gediegensten Theil der Kartographen. Es sind in ihnen die meisten und besten Zeichner und Stecher gebildet worden. Höchst wahrscheinlich, daß auch diese großartige heliographische Leistung des K. K. Oesterreichischen Militär-Geographischen Institutes nicht ohne Nutzen und Folgen für die allgemeine Kartentechnik bleibt.

Der Nutzen, den die Heliogravüre weiterhin noch für die Kartographie, und darum auch für die Geographie, haben dürfte, ist gar nicht zu ermessen, da ein so großartiges Kartenwerk, wie die neue topographische Aufnahme des Oesterreichisch-Ungarischen Kaiserstaates, in 715 stattlichen Blättern in der kurzen Zeit von zwölf Jahren brillant ausgeführt werden kann, und jede Verwandlung in andere Maßstäbe mit Leichtigkeit gestattet.

Vielleicht, – denn was wäre in unseren entdeckungs- und erfindungsreichen Tagen nicht möglich? – macht die Heliographie auch noch den Zeichner entbehrlich. Ein Photograph in einem Ballon captif, wie er schon oft zu militärischen Recognoscirungen gebraucht wurde, könnte leicht wie im Vogelfluge das Bild von der unter ihm liegenden Landschaft oder Gebirgsgegend aufnehmen, und – alles Weitere würde die Heliographie besorgen.

J. Loewenberg.


Blätter und Blüthen.

Neue Prachtwerke des Buchhandels. An die Reuter-Gallerie, welche wir in unserer letzten Nummer berührten, schließt sich noch die an künstlerischem Werth obenan stehende „Freytag-Gallerie“ (Leipzig, Schlömp) deren Perle, das Menzel’sche Bild „Friedrich der Große am Sarge des großen Kurfürsten“, in werthvoller Holzschnittwiedergabe den ersten Bogen unserer heutigen Nummer ziert. Auch hier die dreifache Erscheinungsweise, auch hier die photographische Herstellung Bruckmann’sche Arbeit. Die früheren Blätter dieser Gallerie, welche noch durch das Jahr 1879 geführt werden wird, sind so bekannt und viel besprochen daß hier nur der jüngsten Publicationen zu gedenken übrig bleibt. Zu ihnen gehört das Menzel’sche Bild, das rührend-schöne Thumann’sche „Thränenkrüglein“, eine sehr anmuthige Composition H. Kaulbach’s zu „Marcus König“, eine Ingraban-Scene von Knille, anderes Treffliche von Lossow, Piloty, Hünten, Camphausen, Becker, Oehmichen, auch ein Portrait Gustav Freytag’s.

Eines photographischen Verlages müssen wir noch gedenken, dessen vorzügliche Arbeiten einen glänzenden Ruf in der Künstlerwelt genießen und dessen freundlicher Ueberlassung photographischer Blätter zur Vervielfältigung im Holzschnitt unsere Leser einen nicht kleinen Theil der „Gartenlauben“-Bilder verdanken: es ist der Verlag der „Photographischen Gesellschaft“ in Berlin. Wohl die meisten guten Bilder, welche alljährlich durch die verschiedenen Kunstausstellungen wandern, erhalten durch Erwerbung des Vervielfältigungsrechts seitens dieser rührigen Gesellschaft weite Verbreitung im deutschen Publicum. Wer z. B. eines der prächtigen Grützner’schen Falstaff-Bilder, von denen wir seiner Zeit zwei unsern Lesern vorgeführt haben, als Zimmerschmuck erwerben sollte, wird das Blatt diesem Verlage zu verdanken haben.

Verlassen wir jetzt das Gebiet der Photographie, um das nahe verwandte des Lichtdrucks zu betreten, eine Vervielfältigungsart, welche in erster Linie der Ackermann’sche Verlag in München pflegt. Es ist zunächst eine Collection humoristischer Skizzen, welcher dieses Verfahren zu Gute gekommen ist. Arbeiten des jugendlichen, aber vollreifen und hochbegabten Münchener Künstlers Hugo Kauffmann, welche unterm Titel „Spießbürger und Vagabonden“ in prächtiger Mappe uns vorliegen. Wir dürfen nicht verschweigen, daß dieses Prachtwerk bereits den vorjährigen Weihnachtstisch schmückte[WS 1]: ein Blick auf die Proben indeß, welche wir in unserer heutigen Nummer bieten, wird es rechtfertigen, daß wir Versäumtes nachholen und das Werk in den Bereich dieser Weihnachtsbesprechung ziehen. Wie derb charakteristisch ist jenes Paar mit seiner Drehorgel aufgefaßt, welchem die Gabe des weiland Rattenfängers von Hameln eignet, die Straßenjugend beiderlei Geschlechts unwiderstehlich nach sich zu ziehen, und welche drastische Komik spricht aus jener so unmittelbar dem Leben abgelauschten Scene von irgend einer Promenade, wo ein „Vocativus“, einer jener gefürchteten pfiffigen Taugenichtse, die es „hinter den Ohren haben“, sich hinter der Ruhebank auf Kosten des wohl von einem unfreiwilligen Schläfchen überraschten alten Herrn amüsirt! Der Ackermann’sche Verlag, der die Veröffentlichung dieser Skizzen übernahm, hat ihnen jüngst ein neues Lichtdruck-Prachtwerk hinzugefügt: fünfundzwanzig durchgeführtere Originalzeichnungen in Feder und Blei, Kreide und Kohle, welche vervielfältigt den Titel „Künstlerheim“ tragen. Unter den Meistern, welche das Material geliefert haben, fehlen wenige von den glänzendsten Münchener Namen. Auch aus diesem Werke, das jeden Weihnachtstisch zieren wird, führen wir unsern Lesern heute eine Probe vor Augen: Ferd. Barth’s reizendes Blatt „Der bekannte Schelm“. – In das Capitel der Lichtdruck-Reproduction fällt endlich noch ein Lieferungswerk, das mit einem schon erwähnten Prachtwerke eng zusammenhängt. Der Engelhorn’sche Verlag hat es unternommen, die Originalzeichnungen, welche das Werk „Italien“ in Holzschnitten bringt, photolithographisch zu vervielfältigen, und die theilweise herrlichen Arbeiten von Meisterhand sind unter dem Titel „Handzeichnungen deutscher Künstler“ sonach bequem und in möglichst treuer Nachbildung der Originale separat zu erwerben.

Eignet sich schon manche der bisher erwähnten Publicationen dazu, als Quelle für Rahmenbilder zur Gewinnung eines künstlerisch werthvollen Zimmerschmuckes angesehen zu werden, so geht ein Unternehmen speciell auf die Lieferung trefflicher und dabei billiger Bilder in diesem Sinne aus, welches nicht genug empfohlen werden kann: es ist das die „Wiener Gesellschaft für vervielfältigende Kunst“. Ihr eigentliches Gebiet ist der Stich und die neuerdings wieder mit so viel Liebe und Erfolg gepflegte Radirung. Freilich, um billig in den Besitz ihrer Leistungen zu kommen muß man für dreißig Mark Jahresbeitrag Mitglied der Gesellschaft werden; man erhält außer Bildern eine glanzvoll ausgestattete Vierteljahrsschrift „Die graphischen Künste“ (Redacteur Dr. Berggruen), welche allein für Nichtmitglieder zwanzig Mark kostet. Zu den hervorragenden Erscheinungen älterer und neuer Zeit, welche in wahrhaft ausgezeichneter Weise vervielfältigt sind, steht übrigens für nächstes Jahr ein Beitrag von besonderer Bedeutung in Aussicht: ein großer Stich der Raffael’schen „Schule von Athen“, welcher demnächst nach zehnjähriger Arbeit von dem Kupferstecher Prof. Jacobi fertig gestellt sein wird.

An farbigen Publicationen verzeichnen wir als besonders empfehlenswerth ein Album in zwölf Blättern: „Frühlingsblumen“ nach Aquarellen von Georg Hirth, sowie eine Auswahl prachtvoller großer Farbenbilder aus dem Verlage von Edm. Gaillard in Berlin. Die „Frühlingsblumen“, welche von Versen deutscher Lieblingsdichter begleitet werden, erscheinen als mit vielem Geschmack arrangirte, sehr wirksame Compositionen, und die Nachahmung des Aquarellcharakters ist mit außerordentlicher Feinheit gewahrt, wie sich das bei der chromographischen Anstalt von W. Seitz in Wandsbeck von selbst versteht. Die relative Billigkeit der „Frühlingsblumen“ wird so mancher jungen Dame zu Gute kommen, welche gute Vorlagen für ihre aquarellistischen Versuche zu erwerben wünscht. Die Gaillard’schen Bilder geben sich als die Proben eines neuen Verfahrens, welches sich „Heliochromographie“ nennt, Arbeiten von außerordentlicher Frische der Farben, unter denen sich ein Bild „Mutterglück“ nach Schwartz und ein Portrait des Kaisers nach der Natur besonders auszeichnen.

Chromographien, mit Lithographien gemischt, schmücken den neuesten Jahrgang von „Deutsche Kunst in Bild und Lied“, herausgegeben von Albert Traeger, ein Album, das auch in diesem Jahre seine Aufgabe würdig löst. Der Werth des Inhaltes bleibt von Jahr zu Jahr der nämliche: nur müssen wir bemerken, daß in diesem Jahre das Format ein wesentlich vergrößertes geworden ist. Wie immer, empfehlen wir das glänzende Buch auch diesmal mit Vergnügen.

Damit schließen wir das Capitel der „Prachtwerke“. Es bleibt uns nur der Wunsch auszusprechen übrig, daß es recht vielen unserer Leser vergönnt sein möge, das eine oder andere der hier genannten Werke auf seinem Weihnachtstische glänzen zu sehen.


Kleiner Briefkasten.

E. M. in H. Das von Ihnen erwähnte sehr beachtenswerthe Buch wurde bereits bei seinem ersten Erscheinen in unserem Blatte freundlich begrüßt. Der genaue Titel lautet übrigens auch in der soeben ausgegebenen vierten Auflage: „Aus der Pension. Briefe einer Fünfzehnjährigen an eine Siebenzehnjährige. (Frei nach dem Englischen des H. Mayhew“ von Sophie Verena. (Berlin, H. M. Müller.)


So eben erschien im Verlag von Ernst Keil in Leipzig:

Robert Blum.

Ein Zeit- und Charakterbild für das deutsche Volk
von Hans Blum.

Mit einem Portrait in Stahlstich und dem Facsimile des letzten Briefes Robert Blum’s.
Preis broschirt 6 Mark.

Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 836. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_836.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)