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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

bisherige Vicepräsident der Vereinigten Staaten, Chester A. Arthur, nunmehr den Präsidentenstuhl bestiegen und bereits dem Volke den Eid der Treue geleistet.

Arthur wurde zu Albany im Jahre 1831, in demselben Jahre, in welchem auch Garfield das Licht der Welt erblickte, geboren. Auf dem Union College zu Schenectady zeichnete er sich als strebsamer Schüler in allen Unterrichtszweigen aus, bezog später die Albany Rechtsschule und wurde schon in einem frühen Alter zur Advocatur zugelassen. Während des Secessionskrieges war er Quartiermeistergeneral des Staates New-York, zog sich aber nach Beendigung des Feldzuges in das Privatleben zurück und ließ sich in New-York nieder, wo er bald zu den tüchtigsten Sachwaltern zählte.

Grant ernannte ihn im Jahre 1872 zum Zolleinnehmer des Hafens von New-York, und dieses Amt bekleidete Arthur bis zum 20. Juli 1878, an welchem Tage er durch den Präsidenten Hayes entsetzt wurde, weil er sich der von diesem beabsichtigten Civildienstreform widersetzte. In Folge eines Compromisses der republikanischen Parteien erhielt er bei den letzten Wahlen die Stelle des Vicepräsidenten der Vereinigten Staaten.

Chester A. Arthur stand bis jetzt in engen Beziehungen zu den Führern der Beutepartei, und auf ihn waren die Hoffnungen des verruchten Mordbuben Guiteau gegründet. Es ist aber zu erwarten, daß er, unter dem frischen Eindruck der verbrecherischen That und von dem erwachenden Gewissen des amerikanischen Volkes gedrängt, auf der ruhmreichen Bahn seines Vorgängers zum Heil der Republik das Staatsschiff lenken werde.




Riesengebirgs-Bilder.

„Die Sudeten, ein Theil des ungeheuren Bergzuges, welcher von der Lüneburger Haide bis zum schwarzen Meer Europa in zwei große Hälften scheidet, sind nach den Alpenzügen das höchste Gebirge Deutschlands; ihr Rücken erhebt gewaltige Koppen, nährt durch zahlreiche Bäche drei bedeutende Flüsse: Elbe, Oder, March, umschließt schauerliche Schluchten, finstere Gründe und sonnige Thäler, hegt eine reiche Pflanzenwelt und eine reine erquickliche Bergluft. Furchtbares, Gewaltiges, Erhebendes paart sich hier mit dem Anmuthigen und Freundlichen. Dazu kommt die regsame Belebtheit, welche die Sudeten der menschlichen Thätigkeit verdanken; denn selbst auf den höchsten Kämmen jodelt der Hirt und läutet das weidende Vieh; aus den dunklen Wiesengründen dampft die Glashütte und klirrt der Eisenhammer, und wie erst regt sich’s in den Thälern, wo Dorf an Dorf sich reiht und der Landmann der steilsten Lehne mühsam eine geringe Ernte abzwingt!“

Schon diese kurze Schilderung J. C. G. Berndt’s, der als einer der ersten die Sudeten ausführlicher beschrieben hat, ist gewiß geeignet, dieser von Deutschlands beliebteren landschaftlichen Reisezielen etwas abgelegenen Gebirgsgruppe lebhafteres Interesse als bisher zuzuwenden.

Der mittelste Hauptstock der Sudeten, das sogenannte „Riesengebirge“, mit dem wir uns hier zu beschäftigen gedenken, hat zwar weder malerische Kegelformen, noch eisbedeckte, himmelanragende Hörner, Nadeln und Firnen, aber es fesselt schon aus weiter Ferne durch eine gewisse Großartigkeit, die es zu dem Range eines alpinen Hochgebirges erhebt, während es in der Nähe zugleich durch Lieblichkeit und Anmuth besticht. Die Mitte seiner Granit-, Porphyr- oder Basaltberge umrauscht ein stolzer Waldgürtel; weiter hinauf bekleidet die Hänge nur noch eine zur Erde gebogene Zwergkiefer, die den charakteristischen Namen „Knieholz“ trägt und sich ausgezeichnet zu dauerhaften Schnitzarbeiten eignet, hoch oben aber decken nur Moos und dürftige Kräuter den Boden. Dort finden wir auch eine Anemone, deren Frucht unter dem Namen „Teufelsbart“ bekannt ist, sowie ein wohlriechendes Moos, nach welchem die damit bedeckten Steine „Veilchensteine“ genannt werden. Die gewaltigen Trümmermassen, welche die Oberfläche dieses Gebirgskammes bedecken, wie die von kleinen Hochseen oder Schneemassen erfüllten muldenartigen Zerklüftungen desselben, sind die Zeugen einstiger großartiger, zerstörender Ereignisse, die verwitterten Ueberreste eines früheren Alpengebirges.

Auch der Volksschlag, welcher auf diesen Höhen sich friedlich niedergelassen, zeichnet sich durch manche eigenthümliche Sitten und Bräuche aus. Originell ist vor Allem das bereits im Jahrgange 1861, S. 763 ff. der „Gartenlaube“ von Rudolf von Gottschall geistvoll geschilderte Leben und Treiben in den sogenannten „Bauden“, wie hier die von ganzen Familien bewohnten größeren Sennhütten genannt werden; Leierkasten, böhmische Harfenmädchen und die jetzt großentheils aus Hirschberg importirten, also bedenklich imitirten Ungarweine gehören zu den unentbehrlichen Requisiten dieser eigenartigen Sennhütten. In früheren, hier noch nicht durch Culturmiasmen inficirten Zeiten klang dem ermüdeten Bergwanderer aus diesen „Bauden“ manche jener gesunden, anmuthig-schlichten schlesischen oder böhmischen Volksweisen entgegen, aus denen z. B. Karl Maria von Weber für seinen „Freischütz“ so genial geschöpft hat. Ab und zu findet man in diesen Bauden wohl auch noch jenes, seltsam genug, einst durch Matrosen hierher gebrachte, mit nur einer schnarrenden Saite bespannte cello-artige Instrument unter dem originellen Namen „Trompetermarin“ (Marinetrompete).

Daß schon die alten Römer zu dem Riesengebirge mit keineswegs geringem Respect hinaufblickten, beweisen die ihm von denselben beigelegten Namen Montes gigantei und niviferi, welche sich in den Benennungen „Riesengebirge“ und „Schneekoppe“ erhalten haben.

Die „Schnee- oder Riesenkoppe“, welche sich gegen 1600 Meter über dem Meeresspiegel erhebt und überhaupt die höchste Spitze des deutschen Mittelgebirges bildet, wird von den Touristen sehr häufig besucht, und ihre Besteigung ist besonders dann sehr lohnend, wenn man das Glück hat, dort einen schönen Sonnenunter- oder -aufgang zu erleben, wobei der Kegel groteske Schatten weit in das Land hineinwirft. Leider tritt dieser Fall selten ein, da die Koppe namentlich früh fast stets durch Wolken verhüllt wird. Ihr einem ungeheuren Steinhaufen gleichender Granitkegel[WS 1] erhebt sich noch nahe an 280 Meter über den Koppenplan und ist auf dem Gipfel mit Gneis oder Glimmerschiefer bedeckt. Schauerlich großartig ist von hier der Blick tief in den über 600 Meter fast senkrecht abfallenden „Riesengrund“ hinab. Auf ihrem Gipfel errichtete 1688 ein Gotsche Schof (ein Vorfahre der jetzigen Grafen Schaffgotsch) dem heiligen Laurentius aus Steinen eine sehr große, starkgewölbte Wallfahrtscapelle, welche später in derselben primitiven Art wie bis vor Kurzem auch die besseren Bauden den Bergwanderern als Herberge diente, indem man direct aus dem unteren, als Speisesaal, Küche und Umkleidezimmer zugleich verwendeten Raume mittelst einer Leiter auf den als gemeinschaftlichen Schlafsaal benutzten Heuboden stieg. Endlich erbaute 1850 Gastwirth Sommer das erste gasthausähnliche Hospiz in Blockhausform, welches mehr als 150 Personen Quartier bietet. Das 1868 auf der böhmischen Seite des Gipfels erbaute Concurrenzhospiz befindet sich jetzt mit ersterem als dessen Dependenz in einer Hand. Großartig sind von der Schneekoppe oder einem der anderen Kegel des Riesengebirges Gewitter an heißen Tagen anzusehen, die sich bald in der oberen, bald in der niederen Region erzeugen, und ein wunderbares Schauspiel gewährt es, den Kampf der Elemente in den Thälern oder am Fuße der Berge zu beobachten, während die Gipfel in reinem Sonnenlichte prangen, den Donner in der Tiefe zu hören, tausendfach widerhallend aus Schluchten und Abgründen, während der Blitz die zusammengeballten Wolkenmassen plötzlich für einen Augenblick in ein gelbes Feuermeer taucht. Die unserm Artikel beigegebene Illustration zeigt uns die Schneekoppe, wie sie sich dem Auge des Beschauers von der auf böhmischem Gebiet liegenden Riesenbaude aus darbietet.

Noch lohnender für den Freund erhebender Hochgebirgsbilder sind jedenfalls die Partien an den Abhängen und Vorbergen des Riesengebirgskammes: der „Ziegenrücken“, die „Kesselkoppe“ (böhmisch Krkonosch: Halsträger), die „Tafelfichte“ sowie der „Hock- oder Hochstein“, von dem man theils die reizenden Elbgründe und das Thal von St. Peter, theils die Niederungen der Lausitz übersehen kann.

Auch die schlesische Seite des Gebirges ist reich an schönen Aussichtspunkten. Zunächst erreicht man von Schreibershau leicht und bequem die „Bismarck-Höhe“ und die „Moltke-Höhe“ bei dem am Zackenbach sich lang hinziehenden und wohlhabenden Petersdorf, ferner den „Hochstein“ sowie die „Bibersteine“, eine über 600 Meter hohe, ganz wildromantische Felsenpartie, von welcher besonders

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Granikegel
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 682. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_682.jpg&oldid=- (Version vom 23.10.2022)