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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Adolf Wilbrandt.
Originalzeichnung von Adolf Neumann.

Andern ist Adolf Wilbrandt geistig verwandt. Seine Dämonologie ist etwas ganz Absonderliches, sie muß als das Product einer grübelnden, ungeduldigen Phantasie angesehen werden.

Wilbrandt ist als Dichter schlechthin eine Individualität; man kann ihn an keinem andern Poeten messen. Hätte er vor zweihundert Jahren gelebt, so wäre er vielleicht ein alchymistischer Professor in Helmstedt oder Ingolstadt gewesen; da er in unserer Zeit lebt, hantirt er, anstatt mit dem Schmelztiegel, mit dem Zauberstabe der Poesie, mit dem er Gestalten schafft, an welchen die Wirklichkeit bisweilen zu geringen, die Phantasie häufig einen zu großen Antheil hat. Was Hans Makart für die Malerei, das ist – nur in unendlich vertiefterem Sinne – Adolf Wilbrandt für die Poesie unserer Tage. Sie sind beide die echten Söhne dieser farbentrunkenen, in allen ihren Sinnen aufgewühlten Zeit, der Maler der „sieben Todsünden“, wie der Dichter der „Messalina“.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_037.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)