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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

den herzegowinischen Festungen gilt Stolatz (vergl. unsere Abbildung) als die bedeutendste, da sie über der gleichnamigen Stadt auf einem hohen, schwer zugänglichen Felsen erbaut ist.

Die Gesammtbevölkerung der Herzegowina betrug nach der am 15. Juni 1879 vorgenommenen Volkszählung nur 187,710 Einwohner, wiewohl das Land Oberösterreich an Flächenumfang übertrifft. Allerdings finden wir in den Städten dieses Bezirkes nicht unbedeutende Anfänge eines industriellen Wirkens. So ist z. B. die wegen ihrer Marmorbrücke einst weiterhin bekannte Hauptstadt Mostar durch ihre Gerbereien in der Umgegend zur Berühmtheit gelangt, während Fotscha, ein an der montenegrinischen Grenze gelegener Ort, seit alten Zeiten den Sitz tüchtiger Waffenschmiede bildet, welche vortreffliche Damascenische Klingen, Handschars und Messer herstellen. Im Großen und Ganzen aber ist die Bevölkerung des Landes nicht gerade arbeitslustig und betreibt die Landwirthschaft in höchst primitiver Weise, indem sie z. B. den Boden mit einem hölzernen Pfluge aus Olims Zeiten beackert.

Festung Stolatz in der Herzegowina.
Nach einer Skizze von F. Weibel auf Holz gezeichnet von H. Heubner.

Wir brauchen wohl nicht besonders hervorzuheben, daß die Kriegsführung in einem solchen Lande mit den größten Schwierigkeiten verbunden ist; stehen doch, wie schon angedeutet, den vorrückenden Truppen nicht einmal fahrbare Straßen, geschweige denn Eisenbahnen, zur Verfügung, und so sieht sich der Soldat gezwungen, bei weiteren Expeditionen seinen Proviant im Tornister zu tragen. Aber dieser Kriegsschauplatz ist dem österreichischen Generalstab nicht unbekannt, und man darf hoffen, daß er die Erfahrung der Feldzüge von 1849 und 1869 in der Crivoscie und der Herzegowina benutzen und den Aufstand in verhältnißmäßig kurzer Zeit niederwerfen wird. Für die Beurtheilung der heutigen Kämpfe ist vor Allem die Geschichte der Insurrection in den Jahren 1869 und 1870 maßgebend.

Damals sollte die im Jahre 1868 in Oesterreich angenommene allgemeine Wehrpflicht auch in den süddalmatinischen Bezirken durchgeführt werden. Wiewohl die Regierung erklärte, daß die dortigen Wehrpflichtigen nur in einer zur Vertheidigung ihrer engeren Heimath bestimmten Landwehr dienen sollten, so weigerten sich die Cattareser dennoch, dem neuen Gesetze Folge zu leisten, und beriefen sich auf ein altes Privileg, auf Grund dessen sie nur zum Seedienst herangezogen werden dürften. Als trotz dieser Proteste und einer an den Kaiser gerichteten Petition die Regierung sich anschickte, die Rekrutirung durchzuführen, griffen die Crivoscianer zu den Waffen und überfielen am 7. October 1869 ein Truppendetachement, welches der Uebermacht weichen mußte.

Die in Folge dessen gegen Mitte October von dem österreichischen Heere vorgenommene Expedition gegen die Crivoscie scheiterte vollständig, und die Truppen mußten den Rückzug antreten, ohne ernstlich auf den Feind gestoßen zu sein, da auf der Hochebene eine furchtbare Bora das weitere Vordringen derselben unmöglich machte.

Hierdurch ermuthigt, rückten nun die Insurgenten vor, verstümmelten und tödteten alle österreichischen Marodeure, die ihnen in die Hände fielen, und erschienen am 23. October vor Cattaro, welches sie sogar auf kurze Zeit eingeschlossen hatten. Nachdem es schließlich den Truppen gelungen war, die Insurgenten von der Küste in das Gebirge zurückzudrängen und das Fort Dragali zu verproviantiren, wurden Winterquartiere bezogen, und General Graf Auersperg begann mit den Crivoscianern zu unterhandeln.

Mostar in der Herzegowina.
Nach einer Skizze von F. Weibel auf Holz gezeichnet von H. Heubner.

Am 17. December wurde inzwischen General von Rodich mit

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_177.jpg&oldid=- (Version vom 28.11.2022)