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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

zusammendrücken mit den Fingern (Fig. 1), aber besser durch einen Stock, Regenschirm oder dergl., zwischen Brust und Arm gelegt, gegen den man den Arm durch ein um die Brust geschlungenes Tuch fest andrückt. (Fig. 2.)

Ist die große Pulsader des Armes in der Achselhöhle verletzt, dann kann man versuchen, den Hauptstamm am Halse oberhalb des Schlüsselbeins gegen die Rippe anzudrücken. (Fig. 3.)

Auch durch starkes Zurückziehen der Schulter nach hinten und unten mit Hülfe des andern Armes kann man das Schlüsselbein so herabziehen, daß es die darunter liegende große Armpulsader zusammendrückt. (Fig. 4.)

Die beiden großen Pulsadern des Kopfes liegen vorne am Halse an beiden Seiten der Kehle, wo man sie an der Innenseite des Kopfnickers mit den Fingern gegen die Wirbelsäule andrücken kann. (Fig. 5.)

Die erste Hülfe bei Blutungen. Nach dem „Katechismus“ des „Deutschen Samaritervereins“.

Sicherer aber ist es, bei heftig blutenden Wunden des Halses oder Kopfes den Finger, nachdem man ihn mit reiner Leinewand umwickelt, auf die Wunde selbst zu setzen und mit demselben stark einwärts zu drücken.

Die große Pulsader des Beines kann vorne aus der Mitte der Schenkelbeuge mit den Fingern zusammengedrückt werden. (Fig. 6)

An diesen Stellen legt auch der Arzt die Aderpresse (Tourniquet) an, wenn er den Blutstrom hemmen will, und sucht durch Einschnitte die Adern auf, wenn er sie zubinden will.

Um aber durch einen solchen Druck auf eine bestimmte Stelle den Blutstrom zu hemmen, dazu gehört einestheils genaue anatomische Kenntniß der Stelle, anderntheils eine gewisse Uebung und Geschicklichkeit und große Kraft und Ausdauer, wenn die ärztliche Hülfe lange ausbleibt.

Auf dem Transporte verschiebt sich außerdem die bestangelegte Aderpresse nur gar zu leicht, und sie schadet dann mehr, als sie nützt. —

Ich habe mehr als einmal Gelegenheit gehabt, die schädlichen Folgen zu beobachten, welche nach dem Anlegen einer solchen Aderpresse alten Stils eintreten können, wenn auf dem Transporte sich die Pelotte verschiebt oder der unelastische Gurt allmählich wieder nachgiebt.

Nach der Schlacht von Kolding wurde in das Lazareth zu Christiansfeld ein schleswig-holsteinischer Soldat gebracht, dem durch eine Kugel die Pulsader am Vorderarm zerrissen war und dem man wegen der heftigen Blutung auf dem Schlachtfelde eine solche Aderpresse um den Oberarm angelegt hatte. Der Transport auf einem Bauernwagen hatte mehrere Stunden gedauert, und da sich unterwegs die Druckpelotte verschoben hatte, so war nur noch der Rückfluß des Blutes aus den Blutadern zum Herzen gehemmt, aber die Pulsader hatte auf’s Neue das Blut in den Arm geschickt, und so war der letztere unter den heftigsten Schmerzen zu einem unförmlichen Klumpen angeschwollen. Als der einschnürende Gurt gelöst wurde, sank der Verwundete todt zurück, wahrscheinlich, weil ihm ein Blutgerinnsel aus der geschwollenen Blutader des Armes in’s Herz gefahren war.

In ganz ähnlicher Verfassung kam noch vor wenigen Monaten ein Werftarbeiter in meine Klinik, dem wegen einer schweren Verletzung des Vorderarmes ein Tourniquet alten Stiles von einem Arzt um den Oberarm gelegt worden war. Es ist viel einfacher und sicherer, sich der elastischen Einschnürung zu bedienen, das heißt mittelst einer elastischen Binde oder eines Gummischlauches das Glied an einer Stelle so zu umschnüren, daß kein Blut mehr durch irgend eine Ader hindurchfließen kann.

Wenn man einen elastischen Riemen einmal mit aller Kraft um ein Glied schnürt, so ist der Druck nicht stark genug, um die Adern zusammenzudrücken. Wenn man aber an derselben Stelle den Gurt mehrmals herumführt, so verstärkt jede folgende Umkreisung den Druck so sehr, daß bald kein Blut mehr die Stelle passiren kann.

Die neueren Aderpressen, mit welchen die Ambulancewagen der Truppen, die Rettungskästen der Eisenbahnen und die Instrumentenkästen der Chirurgen versehen sind, bestehen daher auch nur aus einem elastischen Gurt oder Schlauch.

Wenn aber eine solche Aderpresse nicht zur Hand ist, dann muß man sich auf andere Weise zu helfen suchen. Wenn man z. B. eine leinene Binde hat, so legt man dieselbe so fest wie möglich an einer Stelle so an, daß jede Umkreisung die andere deckt, und begießt sie dann reichlich mit Wasser, nachdem man das Ende gut befestigt hat. Durch die Befeuchtung zieht sich die Binde so kräftig zusammen, daß der Druck derselben in vielen Fällen ausreichend sein wird.

Hat man nichts als ein Tuch (Halstuch, Schnupftuch) zur Hand, so legt man dasselbe, als Cravatte gefaltet, lose um das

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 484. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_484.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2023)