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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

ist leider nicht festzustellen gewesen. Sicher ist aber anzunehmen, daß es mehr als das gewöhnliche Mitleid gewesen sein muß, was die Familie Schlottmann zur Gewährung einer so opfervollen Gastfreundschaft und daneben zu einer so respektvollen Behandlung der Fremden veranlaßt hat. Der Umstand aber, daß eine feingebildete und dabei leidende Dame entfernt vom Menschenverkehr und aller Bequemlichkeit des Culturlebens selbst in der rauhen Jahreszeit auf einem Waldberge in der Nähe einer öden Ruine sich ansiedelt, daß dies durch die directe Vermittelung des Herzogs von Weimar geschieht und die Dame von dem Asyl mit dem Eintritte des Friedensschlusses und des Wiener Congresses wieder scheidet, läßt die schwedische Gräfin nach wie vor in einem ungewöhnlichen und räthselhaften Lichte erscheinen. Fr. Hbg.     


Spanische Tänzerin. (Illustration S. 57.) Da ruht es vom reizenden Spiel seiner Kunst, das schöne Kind der hesperischen Berge, das der römische Herrscherstolz, welcher mit aller eroberten und unterjochten Länder Glanz und Zier seine Prunkfeste zu schmücken liebte, in das ferne Italien geführt. Es ist glücklich auch in fremdem Lande, denn das feurige Blut des Südens bewahrt das junge Herz vor dem schweren Gefühl des Heimwehs, des unvergänglichen Erbtheils aller Kinder der nordischen Berge. So hat es uns der Künstler dargestellt, der gern in den Ländern der wärmeren Sonne die Gestalten für seine Bilder sucht.

Nathanael Sichel ist am 8. Januar 1844 in Mainz geboren und, nachdem er sich anfangs der Lithographie gewidmet, auf der Berliner Akademie unter Julius Schrader zum tüchtigen Historien- und Portraitmaler ausgebildet worden. Er wagte sich frühzeitig an größere Aufgaben. Kaum zwanzig Jahre alt vollendete er sein Gemälde „Philipp der Großmüthige an der Gruft seiner Gemahlin“, das die großherzogliche Gallerie in Darmstadt besitzt. Für sein Bild „Joseph, die Träume Pharao’s deutend“ erhielt er den Preis, der ihm die Fortsetzung seiner Studien in Rom ermöglichte. Hier malte er „Die Verhaftung des Don Carlos durch Philipp II.“ und eine Scene aus dem Leben der „Maria Stuart“. Nach längerem Aufenthalte in Paris und verschiedenen deutschen Städten, die er hauptsächlich als Bildnißmaler bereiste, vollendete er 1876 in „Francesca von Rimini“ eines seiner besten Bilder und ließ sich in jüngster Zeit in Berlin nieder.


Der blinde Geiger. (Illustration S. 64 u. 65.) Der Düsseldorfer Maler Ferdinand Brütt hat in seinem anmuth- und lebenvollen Gemälde uns nicht blos mit einem schönen Bilde erfreut, sondern in dasselbe auch einen edlen Sinn gelegt, durch dasselbe einen frommen Wunsch zum Ausdruck gebracht. Inmitten einer von der Hand des Reichthums gepflegten Natur und einer diese Natur in sorglosem Wohlbehagen genießenden Gesellschaft sehen wir ein paar Gestalten von ergreifendsten! Ausdruck: den blinden, Greis, der mit der Kunst der Töne sein Brod erbettelt, und das hülflose Kind, das sich furchtsam an ihn schmiegt und doch sein Führer auf dem harten Lebenswege sein muß. Mit der an den alten Harfner und Mignon in Goethe’s „Wilhelm Meister“ erinnernden Composition ist es unserem Künstler gelungen, was er offenbar erstrebte: für die Kunst in der Noth, für das Alter und die Kindheit im Elend die Herzen zu erwecken und zu erwärmen.

In unserer hastigen, nach Gewinn und Genuß jagenden Zeit wird gar Manches zum Vagabundenthum geworfen, was eine bessere Beachtung verdiente. Wie selten läßt man sich herab, nach dem Schicksale eines Menschen zu fragen, dem Armuth und Entbehrung auf dein Gesichte geschrieben stehen? Tausende eilen an dem störenden Anblick vorüber, ob ihnen eine zitternde Hand Blumen zum Kauf entgegenstreckt oder mit flehendem Auge ihnen ein Notenblatt hingehalten wird, um die Almosen der fahrenden Kunst zu erbitten. Man erfreut sich sogar der Darstellung solcher Gestalten auf der Bühne, und im Leben läßt man sie verkommen. Das soll nicht etwa eine Mahnung zur Pflege des Vagabundenthums sein; die Bewältigung desselben würde aber bedeutendere Erfolge erzielen, wenn Mehr Theilnahme für’das Schicksal des Einzelnen sich werkthätig erwiese.

Wie versöhnend wirkt es in unserem Bilde, daß von der nur ihrem Genuß lebenden Gesellschaft auf der Terrasse sich wenigstens eine Frauengestalt entfernt, um dem Liede des fahrenden Musikanten theilnehmend zu lauschen! Wir lassen gern die Scene in Goethe’s Geist sich weiter entwickeln, wir sehen, wie auch diesem Alten der Becher „voll des besten Weins“ gereicht wird, und hören seine Dankesworte:

„O, dreimal hoch beglücktes Haus,
Wo das ist kleine Gabe!
Ergeht’s euch wohl, so denkt an mich
Und danket Gott so warm, als ich
Für diesen Trunk euch danke.“


Prompte Antwort. Friedrich Taubmann, geboren 1565, der gelehrte Wittenberger Professor, war seiner witzigen Einfälle wegen am kurfürstlichen Hofe sehr beliebt und konnte es deshalb nicht hindern, daß man ihn schließlich als privilegirten Lustigmacher, als Hofnarren betrachtete. Einstmals wollte ihn ein läppischer, ihm an der kurfürstlichen Tafel gegenüber sitzender Höfling in dieser Hinsicht schrauben und stellte daher die Frage an ihn, wie man einen Hof- und einen andern Narren von einander unterscheide.

„O,“ versetzte Taubmann, „das ist sehr leicht; man braucht nur eine kurfürstliche Tafel zwischen Beide zu setzen.“ L. M.     


Allerlei Kurzweil.



Rösselsprung-Aufgabe.
Von P. Guarini di Forli (aus dem Jahre 1512).

In wie viel Zügen kann man die vier Springer auf dem neun Felder enthaltenden Quadrate so führen, daß die beiden weißen auf den Feldern 5 und 7 und die beiden schwarzen auf den Feldern 1 und 3 zu stehen kommen?


Akrostichon.

a al co de döl des es ger kus lin mo nus na ra ro ri set tik tes u Aus den obigen 20 Silben sind sechs Wörter zu bilden, deren Anfangs- und Endbuchstaben einen jetzt viel genannten Parlamentarier ergeben.

Von den sechs Wörtern nennt das eine einen ausgezeichneten katholischen Theologen unserer Zeit, ein anderes ein berühmtes Schloß in Spanien, ein anderes eine Stadt in Aegypten, ein anderes eine der bekanntesten Shakespeare’schen Frauengestalten, ein anderes einen Theil der Physik, ein anderes einen Planeten.


Dechiffrir-Aufgabe.

3e 4o 3u 3o 4i 3i 2n 5i 2i 4u 4o 2o 4o 3i 4i 4u 4o 5u 3e 1u 4i 4o 4e 3e 4u 4o 5u 3e 4o 3u 3o 4i 4o 3o 2i 1u 1e 5u 3i 1o 2i 5u 5i 4u 4o 2o 3i 5u 4i 5a 4i lu 3e 4o 3o 2i 5u 5u 3o 2i 5u.

Um auch denjenigen Lesern, die sich bis jetzt mit der Dechiffrirkunst nicht beschäftigt haben, die Betheiligung an der Lösung obiger Aufgabe zu ermöglichen, geben wir im Nachstehenden eine kurze Erklärung derselben, und verweisen im Uebrigen auf den trefflichen dieses Thema- behandelnden Artikel im Jahrgang 1882 (S. 234) der „Gartenlaube“.


0 1 2 3 4 5
a a b c d e
e f g h i k
i l m n o p
o q r s t u
u v w x y z


Nach dem nebenstehenden Schlüssel würden die Zeichen:

1e 4e 5a 3o 3a 4i „Fiesco“ bedeuten; denn f = 1e, i = 4e, e=5a etc.

Der Schlüssel zu unserer heutigen Aufgabe ist in derselben Weise gebildet, nur haben die Vocale a, e, i, o, u eine andere Reihenfolge, die wir nicht verrathen können.


Kleiner Briefkasten.

E. H. in Hamburg. Sie haben den Druckfehler im Sternarithmogryph (Nr. 1) richtig gefunden. Bei XIV muß es 5 11 und nicht 2 11 heißen. Diese unrichtige Zahl hat zu unserer Beruhigung weder Sie noch Hunderte von anderen Lösern irregeführt. Alle fanden die gute Bekannte, und ein Herr Dr. F. aus Danzig hat uns sogar folgende Berichtigung zugeschickt:

„Die Gartenlaube hat sehr schlau
Uns aufgeführt kunstvollen Bau.
Doch, daß sie nicht unfehlbar sei,
Hat sie bewiesen gleich dabei:
Diana, Jena, Erica,
Gera, Aosta und Riga,
Tiara, Elsa, auch Nizza,
Lima, Aluta, Uria,
Barka – und nun happert’s ja:
Wenn 2 wär b, dann gäb’s Edda.“

Gartenlaubenleserclub in C. b. D. Herzlichsten Dank für Ihre so überaus freundlichen Worte! Wir werden Ihren Vorschlag im Auge behalten und später darauf zurückkommen.

P. R. in Königsberg in Pr. Die in Nr. 1 unseres Blattes besprochenen Luftprüfer von Prof. Dr. Wolpert sind zu dem Preise von 5 bis 15 Mark durch die Thüringische Glasinstrumentenfabrik von Alt, Eberhard und Jäger in Ilmenau, sowie durch das Eisenwerk Kaiserslautern zu beziehen.

P. L. in K. Ein gewissenhafter Arzt wird Ihren Wunsch nicht erfüllen und Ihnen brieflich keinen Rath ertheilen. Man muß den Kranken sehen und untersuchen, um sagen zu können, was ihm fehlt. Die betreffende Anpreisung beruht darum augenscheinlich auf Schwindel.

W. Th. in K. Ihr Gedicht gehört zu den besseren lyrischen Ergüssen, die uns zuströmen. Wenn wir einige Aenderungen an demselben vornehmen dürften und wollten, so wäre es vielleicht für unser Blatt geeignet zu machen. Aber wohin würde dies uns führen, wenn wir, pflichtgemäß, dieselbe Rücksicht allen gleichwerthigen Leistungen widerfahren Netzen? Das Inhaltsverzeichniß jedes Bandes der „Gartenlaube“ sagt Ihnen, daß wir jährlich 20 bis höchstens 25 Gedichte abdrucken, während uns wöchentlich selten unter 100 eingesandt werden: also im Jahre über 5000 Gedichte! Verfällt auch der größte Theil derselben ohne Zögern dem Papierkörbe, so würden doch immer einige Hundert die obige Berücksichtigung verdienen: aber zu welchem Zwecke? Unsere Leser würden es uns schwerlich danken, wenn wir statt etwa 20 künftig 200 Gedichte zum Abdrucke brächten, was uns doch ein Leichtes wäre. – Die verehrlichen Lyriker werden es nun auch, angesichts jener Zahlen, als geschäftliche Nöthigung anerkennen, daß wir den Verfassern nur die Annahme, nicht auch die Ablehnung jedes einzelnen Gedichts anzeigen und jede Verantwortlichkeit für die betreffenden Manuskripte ablehnen.

Möchte diese unsere ziffermäßige Abwehr gegen die lyrische Sündfluth doch recht viele iunge Lente abschrecken, ihre Zeit bei größtentheils ungenügendem Talente mit dem vergeblichen Ringen nach dem Dornenkrauze des Dichterruhms toot zu schlagen! Dann würden die Millionen unnützer Reimereien nicht vermehrt werden, aber auch gewiß viele verfehlte Existenzen weniger zu beklagen sein.

Anfrage. Wo besteht eine Anstalt, in welcher ein alleinstehender, chronisch kranker Mann, welcher seinen Berufsarbeiten nicht mehr vorstehen kann, sich mit einem geringen Vermögen (z. B. 4500 Mark) auf Lebenszeit einkaufen könnte?


Inhalt: Ein armes Mädchen. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 53. – Die Kunst, alt zu werden. Von St. v. J. S. 58. – Guillotin und die Guillotine. Von Fr. Hfm. S. 61. Mit Illustration. S. 61. – Dschapei. Von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 63. – Davos im Schnee. S. 67. Mit Illustration. S. 68. – Der Anwalt der deutschen Genossenschaft. Von H. St. Mit Portrait. S. 69. – Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit: Das Messen des Lichtes. Mit Abbildungen. – Elektricität bei Treibriemen. Von Th. G. S. 70. – Blätter und Blüthen: Die schwedische Gräfin auf der Kunitzburg bei Jena. Von Fr. Hbg. S. 71. – Spanische Tänzerin. S. 72. Mit Illustration. S. 57. – Der blinde Geiger. S. 72. Mit Illustration. S. 64 und 65. – Prompte Antwort. S. 72. – Allerlei Kurzweil: Rösselsprung-Aufgabe. – Akrostichon. – Dechiffrir-Aufgabe. – Kleiner Briefkasten. S. 72.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redakteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_072.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2023)