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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

der durch sein Fernbleiben die Niederlage bei Legnano verschuldet und die Ladung vor das Hofgericht unbeachtet gelassen hatte, Acht und Absetzung verhängt waren, hielt Bischof Otto’s Nachfolger Albert den Zeitpunkt für günstig, den Föhringer Handel nochmals vor das Forum des Kaisers zu bringen. Wirklich wurde am 13. Juni 1180 der frühere Spruch kassirt und der Wiederaufbau von Brücke und Zollstatt in Föhring gestattet. Ja, in den Scheftlarner Jahrbüchern findet sich die Nachricht, daß „Muniha“ in diesem Jahre zerstört worden sei, und es ist nicht abzusehen, weßhalb man im nahgelegenen Kloster, wo man von solchem Vorgang unterrichtet sein mußte, eine falsche Nachricht hätte aufzeichnen sollen.

Gründung von München.
Nach dem im bayrischen Nationalmuseum befindlichen Gemälde von Friedrich Gunkel.

Allein wenn auch ein solches Strafgericht stattfand, so erstand jedenfalls die aus welfischem in wittelsbachischen Besitz übergehende Herzogsstadt rasch wieder aus den Trümmern, denn nach wenigen Jahrzehnten erscheint sie als ein wohlgeordnetes, ansehnliches Gemeinwesen. Schon Herzog Otto II. hielt sich mit Vorliebe in dem um das St. Peterskirchlein angelegten Isarstädtchen auf, 1255 wurde es von Herzog Ludwig II. zur Hauptstadt seines Herzogthums Oberbayern erhoben. Seither blieb München ununterbrochen Wohnsitz der Regenten aus dem wittelsbachischen Hause; mehr als alle anderen deutschen Städte hat es der Förderung durch Fürstenschutz und Fürstengunst zu danken. Zu Anfang unseres Jahrhunderts sprach Ludwig I. das stolze Wort: „Ich will aus München eine Stadt machen, die Deutschland so zur Ehre gereichen soll, daß Keiner Deutschland kennt, wenn er nicht München gesehen hat!“

Daß dieses Wort zur That gewordeu, wird Jahr für Jahr von Tausenden, welche die Kunststadt an der Isar besuchen, freudig anerkannt.

Unsere Illustration stellt – allerdings nicht in realistischer Auffassung – die Grundsteinlegung durch Herzog Heinrich dar. Auf dem in der Mitte befindlichen Quaderstein ist das älteste Wappenbild der Stadt angebracht: der Mönch. Das an einer vom Stadtrichter ausgestellten Urkunde vom 28. Mai 1239 hangende Siegel zeigt unter einem von zwei Thürmen flankirten Stadtthor die Büste eines Mönchs mit übergeworfener Gugel; erst im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich der bartlose Mönch in das „Münchener Kindlein“.

Das von dem 1876 gestorbenen Münchner Künstler Friedrich Gunkel gemalte Original befindet sich in jener Galerie historischer Fresken, womit König Maximilian II. „seinem Volk zu Ehr und Vorbild“ die inneren Räume des bayrischen Nationalmuseums ausschmücken ließ.




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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_180.jpg&oldid=- (Version vom 18.6.2020)