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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)


Speisen werden nur im gekochten Zustande genossen, und zwar kocht man in Töpfen, ein weiterer Fortschritt gegen die östlichen Melanesier!

Es erübrigt noch ein Wort über die Wohnungen zu sagen. Die Häuser sind niedrige Pfahlbauten und bestehen im Wesentlichen aus einem hohen, gradfirstigen Dache, das aus einer Art Riedgras sehr sorgfältig hergestellt wird. Da die Häuser hauptsächlich als Vorrathskammern oder zum Schutze während der Nacht oder bei schlechtem Wetter dienen, so ist die innere Einrichtung sehr einfach. Längs der Wand sind Bänke aus gespaltenem Bambus errichtet, Barla genannt, die Schlafstätte der Männer; in der Mitte befindet sich die Feuerstätte; doch wird meist im Freien gekocht. Die Häuser gruppiren sich ohne besondere Ordnung zu Dörfern, die stets etwas im Urwalde auf einem freien, von Kokospalmen beschatteten Platze liegen. Sie sind meist nur klein, wie die ganze Bevölkerung von Astrolabe-Bai nicht erheblich ist; nach Maklay zählt sie nur etwa 4000 Eingeborene, die in 84 Dörfern siedeln.

Meine Geschäfte waren beendet, die Eingeborenen hatten auf meinen Wunsch noch einen großen Tanz mit Gesang, Sel-mun, zum Besten gegeben, wobei die zum Theil kunstvoll geschnitzten hölzernen, mit Monitorhaut überspannten Trommeln zur Geltung kamen, und wir rüsteten zur Abreise. Für unsere Zwecke war es zunächst von größter Wichtigkeit, einen guten Hafen zu entdecken, denn „Port Constantin“ ist kaum als guter Ankerplatz zu bezeichnen. Die Bai selbst gleicht einer weiten offenen Rhede, ist aber nicht frei von Korallriffen, auf welche die „Samoa“ nahezu gerieth, als wir vor der Insel Bilibili an- und ablagen. Die freundlichen Bewohner dieser Insel waren uns schon gleich bei unserer Ankunft in ihren großen und schönen Segelkanus entgegen geeilt, hatten uns wiederholt im anderen südlichen Ende der Bai besucht, und so konnten wir ihre Einladung nicht ausschlagen. Bilibili ist eine kleine, nahe der Küste gelegene Insel aus Korallfels und mit üppiger Baumvegetation, darunter auch ziemlich viel Kokospalmen, bedeckt. An der Westseite dehnt sich ein weißer Sandstrand aus, auf dem nicht weniger als dreizehn stattliche Kanus, bunt bewimpelt und mit allerlei Ausputz verziert, lagen. Das gab im Verein mit den idyllisch unter dem Gelaube mächtiger Bäume versteckten Häusern des Dorfes ein gar liebliches Bild. Dazu das Gewimmel fröhlicher brauner Menschen, die mit grünen Zweigen winkten und bald in Kanus ankamen und uns an Land einluden.

Transport lebenden Schlachtviehes auf Neu-Guinea.

Wir eilten, ihnen zu folgen, und Waren überrascht von der Fülle neuer und interessanter Eindrücke. Alles zeugte hier von Wohlhabenheit und Behaglichkeit, die Häuser, obwohl von ähnlicher Bauart, waren größer und stattlicher, als wir sie bisher sahen, ebenso die mit reichem Ausputze versehenen Eingeborenen selbst. Sie zeigten sich anfangs ziemlich scheu, namentlich kostete es Mühe, die schlanken braunen Mädchen heranzulocken, die in ihren bunten Grasschürzchen, reich mit Schmuck und Muscheln und Hundszähnen behangen, das Haar mit brennendrothen Hybiskusblumen geschmückt, gar niedlich aussahen. Einige kleine Geschenke machten sie bald zutraulicher, und Eine um die Andere kam zögernd heran, um ihre Gabe an Glasperlen oder rothem Zeuge in Empfang zu nehmen und dem weißen Fremdlinge schüchtern die Hand zu geben. Unter diesen Mädchen gab es übrigens viele recht hübsche Gestalten von tadellosem Körperbau und mit recht artigen Gesichtchen.

Mehr als Alles dies erregte unsere Aufmerksamkeit aber das große Versammlungshaus, von welchem die beigegebene Abbildung (S. 81) eine gute Vorstellung giebt. Wir hatten große Häuser, die als gemeinschaftlicher Versammlungsort der Männer oder zur Beherbergung fremder Gäste dienen, Buambramra genannt, schon in anderen Dörfern von Astrolabe-Bai gesehen, aber nie zuvor und, wie ich gleich hinzufügen will, auch später nie eins, welches sich mit diesem messen konnte. Wie die Abbildung zeigt, besteht es im Wesentlichen aus einem bis zum Erdboden herabreichenden Dache, das in der Vorderfront von einem 25 Fuß hohen mit durchbrochenem Schnitzwerk versehenen Mittelpfeiler getragen wird. Die Schnitzerei stellt vier männliche und zwei weibliche nackte Papuafiguren dar, die, wie die übrigen den Giebel zierenden Schnitzereien von Fischen und anderen Thieren, bunt bemalt sind, wodurch der Reiz der Originalität nur noch erhöht wird. Die seitlichen Trägerbalken dieses merkwürdigen Gebäudes sind je mit einer an 5 Fuß hohen männlichen Papuafigur verziert, die in staunenswerther Weise aus dem Balken selbst gezimmert wurden und an diesem gleich dem Gliede einer Kette hängen. In der That ein wahres Kunstwerk für Steinbeile und Muschelwerkzeuge, das den Erbauern zur hohen Ehre gereicht. Sie verstanden mein Lob sehr wohl, denn Jeder deutete mit Stolz an, daß er mitgeholfen habe. Ohne Anstand gestattete man den Eintritt in das Innere. Wie stets enthielt es nur wenige Gegenstände. So die großen aus einem an 10 Fuß langen ausgehöhlten Baumstamm gefertigten Trommeln, die mit einem Stock geschlagen weithin Signale geben und sonst bei Festlichkeiten dienen, wie die kleineren sanduhrförmigen Handtrommeln. Bemerkenswerth waren große runde, mit Schnitzerei und Malerei verzierte Kampfschilde von gewaltiger Schwere, denn einzelne wogen 10 Kilo. Zahlreiche Unterkiefer von Schweinen dienten als Erinnerung an große Festlichkeiten, wie dies alle Melanesier lieben. Den Haupttheil des Inneren bildete ein an 8 Fuß hohes Gerüst aus gespaltenem Bambu, welches als Schlafstätte dient, denn diese großen Häuser sind der Aufenthalt der unverheiratheten Männer, also eigentliche Junggesellenhäuser! Aus diesem Grunde ist dem weiblichen Geschlecht der Zutritt verwehrt, ein Verbot, das durch besondere Tabuform erhöhte Bedeutung erhält und so leicht zu mythischen und religiösen Betrachtungen verleitet.

Nachdem wir mit der Besichtigung und dem Studium des Dorfes, das noch ein zweites Versammlungshaus aufweist, fertig waren, machten wir einen Spaziergang durch die Insel, die einem malerischen Park der Tropen zu vergleichen ist. Auf den

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verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_085.jpg&oldid=- (Version vom 18.1.2024)