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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Luitpold, Prinzregent von Bayern. (Mit Portrait auf S. 517.) Die Büste des jetzigen Prinzregenten von Bayern, welche der durch seine vorzüglichen Kolossalbüsten ausgezeichnete Bildhauer Christian Roth in München im Auftrage desselben nach der Natur modellirte, ist anerkannt das beste Portrait des Prinzen Luitpold. Wir bringen hier ein getreues Bild derselben. – Prinz Luitpold ist der dritte Sohn des Königs Ludwig I., Bruder des Königs Max, der sich durch die Förderung von Wissenschaft und Dichtung einen Namen gemacht hat. Er ist am 12. März 1821 geboren, verfolgte die militärische Laufbahn, wobei er zu seiner Specialwaffe die Artillerie wählte; später wurde er Generalfeldzeugmeister und General-Inspekteur des bayerischen Heeres. An den beiden großen Kriegen von 1866 und 1870 hat er sich betheiligt: an dem ersten als Gegner Preußens, indem er vier bayerische Divisionen gegen dasselbe ins Feld führte, an dem zweiten im Hauptquartier des Königs Wilhelm. Den Schlachten bei Gravelotte und Sedan, der Kaiserproklamation in Versailles wohnte er bei; auch hat er stets das bayerische Königthum bei nationalen Feierlichkeiten, wie die Enthüllung des Denkmals auf dem Niederwalde, und bei Berliner Hoffesten, wie die goldene Hochzeit des Kaisers, vertreten. Aus seiner Ehe mit der Prinzessin Auguste von Toskana sind drei Söhne, Ludwig, Leopold und Arnulf, hervorgegangen. Ludwig, der künftige König von Bayern, machte den Krieg gegen Preußen im Jahre 1866 mit und wurde in dem Gefecht bei Helmstedt schwer verwundet. Luitpold ist ein Freund der Kunst ohne jene verschwenderischen Neigungen, welche für Ludwig I. und Ludwig II. so charakteristisch waren. †     

Ein Storch! Ein Storch! (Mit Illustration S. 521.) Wenn die höchste Popularität darin gefunden wird, daß Einen „jedes Kind kennt“, so ist ohne Zweifel der Storch – „Adebar“ sagt der deutsche Norden – das populärste Geschöpf zwischen Alpen und Nord- und Ostsee. Die Legende von dem Kinderbringer wird so leicht nicht aussterben, auf lange hinaus Gevatter Langbein fortfahren, für unsere jüngste Welt ein Märchenvogel zu sein. Und mag der Jagdfreund und Vogelschützler noch so viel über seine Gemeinschädlichkeit deklamiren – wer Herz und Phantasie der Kinder so angelegentlich wie er beschäftigt, zu dem werden die Großen in einem Pietätsverhältnisse verbleiben, das ihm für allerlei Unliebsames respektvolle Nachsicht verbürgt. Ich für meinen Theil möchte keinen Menschen Freund nennen, der, ohne zu zögern, einen Storch zu schießen im Stande ist – diesen würdigen Herrn mit dem scharfen, klugen Auge, mit der imponirenden Bedächtigkeit in jeder Bewegung! Man braucht gar nichts zu wissen von seinem ehelichen Leben, seiner Kindererziehung, seinen Reisevorbereitungen: auf den bloßen Anblick hin wird jeder Beobachter versucht sein, ihn für eine achtunggebietende Persönlichkeit in Federn zu halten, welche nicht daran denkt, der Menschheit eine höhere Rangstufe zuzugestehen. Mir zum wenigsten kommt – in Erinnerung an das bekannte Hauff’sche Märchen – jeder Storch wie ein verkappter Kalif vor.

Und nun versetze man sich erst in die Seele der Kinder! Da wandern just ihrer zwei im Walde, gegen den sumpfigen Waldweiher hin – – pst! und – ah! dort steht er, schwarz und weiß: der geheimnißvolle Vogel! Dicht vor ihnen steht er plötzlich, hebt bedächtig ein rothes Stelzbein, thut einen Schritt – was Wunder, wenn ihnen der Athem stockt, wenn die Kinderaugen ihn verschlingen!

„Adebar, gauder,
Bring mi ’n kleenen – –“

Da fliegt er auf, schwebt breitflüglig zum andern Ufer. „Hest ’n sehn, Lining? Hest ’n ook orndlich sehn? Nu giw Acht, dit Joahr werd dat wat!“ B.     



Allerlei Kurzweil.

Schach.
Von Josef Pospisil in Krc bei Prag.
SCHWARZ

WEISS
Weiß zieht an und setzt mit dem vierten Zuge matt.

Dieses feinsinnige Problem empfehlen wir der besonderen Beachtung unserer Schachfreunde.



Kleiner Briefkasten.

Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.

O. R. in München. Welche Beweggründe Herrn Josef Kainz veranlaßten, die Veröffentlichung der von König Ludwig II. an ihn gerichteten Briefe zu gestatten, vermögen wir nicht zu entscheiden. Jedenfalls hatten wir keine Veranlassung zu der Annahme, daß bei der Publikation Gewinnsucht, Reklamemacherei etc. im Spiele gewesen sei. Wir nahmen deßhalb auch den uns von der Schriftstellerin Frau Sara Hutzler eingesandten Artikel mit den Briefen des Königs gern auf, nachdem wir uns davon überzeugt hatten, daß ihr Inhalt durchaus harmloser Natur, daß durch die Veröffentlichung derselben keinerlei Indiskretion gegen Dritte begangen werde, daß dieselben überhaupt keine irgendwie bedenklichen, also geheimzuhaltenden Mittheilungen enthalten, daß es endlich – gegenüber den überall veröffentlichten grellen Aussprüchen und Handlungen des geisteskranken Königs – einen wohlthuenden Eindruck machen müsse, auch diese liebenswürdigen, warmherzigen, vielfach von edler Begeisterung und feinem Verständniß für Kunst und Litteratur zeugenden Aeußerungen des schon damals unheilbar Erkrankten kennen zu lernen und dadurch für das Bild des unglücklichen Monarchen eine mildere Beleuchtung zu erhalten. – Von der beabsichtigten Veröffentlichung weiterer Briefe, Erinnerungen etc. hatten wir bei Annahme des Hutzler’schen Manuskripts natürlich keine Ahnung. Die verschiedenen durch diese Veröffentlichungen hervorgerufenen Erörterungen, Erklärungen etc. berühren uns deßhalb nicht.

J. B. in Basel. Vergleichen Sie gefl. den Artikel „Briefliche Kuren“ in Nr. 8 des laufenden Jahrgangs der „Gartenlaube“. Im Uebrigen rathen wir Ihnen, einen praktischen Arzt zu befragen.

R. 17. in Halle. Wir verweisen Sie auf unsern Artikel „Rathgeber für Kosmetik“ in Nr. 26 der „Gartenlaube“, Jahrgang 1885.



Inhalt: Sankt Michael. Roman von E. Werner (Fortsetzung). S. 517. – Sonne und Kind. Eine Sommertags-Epistel. S. 522. – Kleine Ursachen – große Wirkungen. Bühnenerinnerung von Marie Knauff. S. 523. – Im deutschen Böhmerwalde. Reiseskizzen von Karl Pröll. II. S. 524. Mit Illustrationen S. 524 und 525. – Was will das werden? Roman von Friedrich Spielhagen (Fortsetzung). S. 526. – Vogelmette. Gedicht von Ferdinand Avenarius. S. 530. – Fünfhundert Jahre der deutschen Hochschule Heidelberg. S. 530. Mit Illustrationen S. 529 und 532. – Die Heidelberger Karcer. S. 533. Mit Illustrationen S. 533 und 534. – Blätter und Blüthen: Der Heidelberger Schloßhof. Von Emil Peschkau. S. 535. Mit Illustration S. 529. – Eome geschichtliche Parallele. S. 535. – Luitpold, Prinzregent von Bayern. S. 536. Mit Portrait S. 517. – Ein Storch! Ein Storch! S. 536. Mit Illustration S. 52l. – Allerlei Kurzweil: Schach. – Kleiner Briefkasten. S. 536.



Im Verlage von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

Ein wunderlicher Heiliger. Eine Wiener Geschichte von Hans Hopfen. Eleg. geb. Mk. 4. –.

Der letzte Hieb. Eine Studentengeschichte von Hans Hopfen. Eleg. geb. Mk. 4. –.

Der Muth zur Wahrheit. Roman von Stefanie Keyser. Eleg. geb. Mk. 5. –.

Aus eigener Kraft. Roman in 3 Bänden von Wilhelmine von Hillern geb. Birch. Zweite Auflage. Eleg. geb. in 3 Bände M. 11. –.

Ein armes Mädchen. Roman von W. Heimburg. Zweite Auflage. Eleg. geb. Mk. 5. 50.

Neue Gedichte von Emil Rittershaus. Fünfte Auflage. Eleg. geb. mit Goldschnitt M. 6. 50.

Die Frau mit den Karfunkelsteinen. Roman in zwei Bänden von E. Marlitt. Zweite Auflage. Eleg. geb. Mk. 8. 50.

Sämmtliche Werke, geschmackvoll gebunden, eignen sich in vorzüglicher Weise zu Geschenken.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_536.jpg&oldid=- (Version vom 31.8.2022)