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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

es Momente gab, die mir sehr schmerzlich sein mußten. Der Befehl zu dieser Reise ist ein Beweis, daß mir das Leben nicht leicht gemacht wird. Abgesehen hiervon war der Aufenthalt charmant.“

Ueber den Eindruck, den unser Prinz am weimarschen Hofe machte, urtheilt Freiherr v. Gagern. „Prinz Wilhelm ist die edelste Gestalt, die man sehen kann, der Imposanteste von allen; dabei schlicht und ritterlich, munter und galant, doch immer mit Würde. Unsere Prinzessin Augusta schien ihn sehr anzuziehen.“ Eine gleichzeitige Schilderung dieser auch von Goethe „so bedeutend wie liebenswürdig“ genannten Prinzessin in einem Briefe Wilhelm v. Humboldts an Stein lautet. „Ihr lebendiger und durchdringender Geist spricht aus ihrem Blick; ihre Züge sind im höchsten Grade bedeutungsvoll und ihre ganze Gestalt wird sich in einigen Jahren gewiß noch schöner, als sie jetzt schon erscheint, entwickeln.“

Erst bei einem zwei Jahre späteren Besuche des Prinzen in Weimar erfolgte am 19. Oktober 1828 sein Eheversprechen mit der am 30. September 1811 gebornen Prinzessin Augusta, woran sich am 11. Februar 1829 die feierliche Verlobung anschloß.

Am 11. Juni desselben Jahres wurde im königlichen Schlosse zu Berlin mit aller Pracht die Vermählung des ritterlichen, charakterstarken Sohnes der Königin Luise mit der anmuthigen, hochgesinnten Enkelin Karl Augusts, des Freundes unserer Dichterheroen, gefeiert und damit eine Verbindung geknüpft, welche sich im Laufe der .Zeit immer inniger gestaltete und beiden fürstlichen Gatten wie dem Lande zu hohem Segen gereichte.

Rosenmond – wie lag die Welt
Licht- und glanzumflossen,
Als das junge Fürstenpaar
Ew’gen Bund geschlossen!
Tief im Herzen blühte auf
Rothe Himmelsrose:
Liebe, die kein Frost versehrt
Und kein Sturmgetose.“

Kaiser Nikolaus und seine Gemahlin, die Schwester des Bräutigams, hatten durch ihre unerwartete Ankunft die Freude des Hofes noch vermehrt. So konnte vor der Trauung die Krone auf dem Haupte der zukünftigen Königin von Preußen und Kaiserin von Deutschland unter Hilfeleistung dreier ihr verwandter hochfürstlichen Frauen, der Kronprinzessin Elisabeth, der Kaiserin von Rußland und der Großherzogin von Sachsen-Weimar, befestigt werden.

Die kirchliche Weihe vollzog der evangelische Bischof Eylert. General v. Natzmer, welcher der Hochzeit seines prinzlichen Freundes beiwohnte, berichtet darüber. „Die Vermählung ist glücklich vollzogen. Die Prinzeß sah sehr hübsch aus, war während der Trauung gerührt und nachher ungemein heiter und vergnügt. Die Gratulationskour (am folgenden Tage) hat die Prinzeß meisterhaft abgehalten; sie dauerte über zwei Stunden; aber die Prinzeß hat jedem so Hübsches und Passendes gesagt, daß alles enchantirt war.“ Ueber das Benehmen des Prinzen während der Reise von Weimar nach Berlin berichtet derselbe Beobachter: „Der Prinz war voller Attentionen für die Braut, auch Frau v. Hopfgarten (die Begleiterin der Prinzessin) entzückt über sein Benehmen.“

Am Tage nach der Vermählung bezog das junge Paar das Tauentziensche Haus Unter den Linden Nr. 37, welches dem Prinzen ursprünglich als Dienstwohnung überwiesen war. Später kaufte er dasselbe und ließ es in dem einfach würdigen Stil ausbauen, in welchem wir es alle als königliches, später kaiserliches Palais kennen. Den Gatten erblühte in dieser ihrer Häuslichkeit ein reines Glück.

„Prinz Wilhelm ist glücklich und zufrieden,“ schreibt General v. Brause im folgenden Winter. „Die Prinzessin ist heiter und gefällt allen, die sie näher kennen lernen.“

Noch höher wuchs die häusliche Zufriedenheit, als dem Paare am 18. Oktober 1831, dem Jahrestage der Völkerschlacht bei Leipzig, ein Erbe geboren wurde, welcher in der Taufe am 13. November die Namen Friedrich Wilhelm Nikolaus Karl empfing. Ihm folgte als zweites und letztes Kind erst am 3. Dezember 1838 eine Tochter, Luise, nach ihrer königlichen Großmutter genannt.

Auch während der dreißiger Jahre blieb die Thätigkeit des Prinzen fast ausschließlich militärischen Angelegenheiten gewidmet.

Das Jahr 1838 brachte ihm am 30. März die Ernennung zum kommandirenden General des Gardekorps und zum Generalinspekteur der vierten Armeeabtheilung. Seinen hierdurch wiederum erweiterten militärischen Aufgaben wurde er jedoch 1839 durch eine schwere Erkrankung an einer Brustfellentzündung mit nachfolgendem Kuraufenthalt in Ems, Baden, der Schweiz und Oberitalien für längere Zeit entzogen.

Der letzte Befehl des Königs Friedrich Wilhelm III., welchen Prinz Wilhelm auszuführen hatte, war die Leitung der militärischen Anordnungen bei der Grundsteinlegung zum Denkmal Friedrichs des Großen am 1. Juni 1840. Doch der Tod stand schon auf der Stirn des Vaters geschrieben, als dieser mit fast erlöschenden Blicken der Feierlichkeit von dem Fenster seines Palais aus zuschaute. Der 7. Juni erlöste den König von seinen Leiden, nachdem Prinz Wilhelm vorher noch die traurige Aufgabe gehabt, seiner Schwester Charlotte, der Kaiserin von Rußland, nach Küstrin entgegenzureisen, um sie auf den Anblick des sterbenden Vaters vorzubereiten. Ein Tagesbefehl des Prinzen vom 10. Juni verkündete, daß es der Wunsch des verklärten Monarchen gewesen, durch die Reihen des Gardekorps seiner letzten Ruhestätte zugeführt zu werden. Diese fand Friedrich Wilhelm III. am 11. Juni an der Seite der Königin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg: von da an für den pietätvollen Sohn eine doppelt geheiligte Stätte ernster Erinnerung und andachtsvoller Erhebung.

(Fortsetzung folgt.)




An die Kaiser-Wittwe und -Mutter.

Dich traf das schönste Loos von allen deutschen Frauen
Und keine ward so hoch wie Du beglückt!
Sie alle durften nur verehrend aufwärts schauen;
Als Gattin hat er Dich ans Herz gedrückt:
Den Kaiser liebten sie, des Volkes Schutz und Wehr –
      Dir war er mehr!

Dich traf der größte Schmerz von allen deutschen Frauen,
Solch Leid ward keiner sonst im Vaterland!
Wohl weinten sie, als ihm genaht des Todes Grauen,
Du sahst sein brechend Auge Hand in Hand.
Ach, allen starb in ihm der Kaiser mild und hehr –
      Dir starb noch mehr!

In ihren Kindern schenkt der Himmel Trost den Frauen,
Den Müttern, welchen er den Gatten nahm,
Und Muttersorge darf auf seine Gnade bauen,
So trau’ auf ihn in Deinem Muttergram!
Er spende seinen Trost der Trauer rings umher –
      Doch Dir noch mehr!

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_208.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2018)