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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

wenn Logau, gerade anderthalb Jahrhunderte nach Brant, in bitterem Unmuthe ausruft:

„Frankreich hat es weit gebracht, Frankreich konnt’ es schaffen,
Daß so manches Volk und Land ward zu seinem Affen,“

oder:

„Alamode-Kleider, Alamode-Sinnen;
Wie sich’s wandelt außen, wandelt sich’s auch innen.“

Heutigen Tages, in unserem Zeitalter der Volkswirthschaftslehre, macht man – und hoffentlich bald mit mehr Erfolg – außerdem und hauptsächlich einen anderen Gesichtspunkt geltend, den der materiellen Schädigung, die das Volk erleidet, wenn es den gleichen Zweck erfüllende einheimische Erzeugnisse durch Bezug fremder, angeblich besserer verdrängt oder doch entwerthet. Heute rechnet man dem Volke, Männlein wie Weiblein, die Millionen vor, die für Hosenstoffe nach England, für Seidenkleider und -Bänder nach Frankreich, für Straußenfedern nach dem Kaplande gehen, u. dergl. m.

Aber auch diese Auffassung hat ihre Geschichte. Oft sind beredte Kanzelredner ihre Träger gewesen, nicht nur ein Geiler von Kaisersberg, der Brants „Narrenschiff“ seinen Predigten zu Grunde legte, nicht nur der bekannte norddeutsche protestantische Prediger Balthasar Schupp und der weit bekanntere süddeutsche katholische Abraham a Santa Clara. Auch mancher andere wackere Kanzelredner beider Bekenntnisse hat in ähnlicher Weise für des deutschen Volkes Wohl gestritten, nur daß diese Predigten nicht immer so bekannt geworden sind.

Als Beispiel hiervon soll ein für die angedeutete Auffassung der Frage besonders bezeichnender Theil einer in G. v. Buchwalds „Deutschem Gesellschaftsleben“ mitgetheilten Predigt angeführt werden, die der würdige Dr. Musculus i. J. 1565 in Frankfurt a. O. gehalten hat:

„Ich sage, daß, wo Deutschland noch länger stehen soll, so würde kein Pfennig darinnen bleiben, nachdem es die Krämer und Kaufleute mit Wagen und Schiffen hinausfahren und bringen uns Hosenlappen, Kartel, Seiden und andere Dinge mehr herwieder, daß man wohl sagen darf, Frankfurt a. M. sei jetziger Zeit das Thor, durch welches alles Geld aus Deutschland in fremde Nation geführt wird. Es geschieht aber uns deutschen Narren recht; also wollen wir es haben. Und dieweil Fürsten und Herren können zusehen, solche Pracht von ihren Unterthanen können dulden und leiden, daß jetzunder junge Leute schier mit ihren Hosen allein das Geld aus dem Lande bringen, daß ein junger … löffel mehr zu einem Paar Hosen muß haben, als sein Großvater für alle seine Kleidung, so müssen sie alle auch vorlieb nehmen, daß sie mit den Unterthanen in Armuth gerathen, und, wenn heut oder morgen uns große Noth stößt, daß man sich für fremden Nationen soll schützen, daß wir dann kein Geld im Lande haben und unser arm Vaterland zum Raub gesetzt wird fremden Völkern, die das Geld zuvor naus haben, mögen Land und Leute dazu nehmen.“

Oft sind solche beherzigenswerthe kräftige Mahnungen und Warnungen in deutschen Landen erklungen, aber man hat sie immer nicht recht hören wollen. Doch ist es in den letzten Jahrzehnten in erfreulicher Weise besser damit geworden, und ebenso wie die Erzeugnisse der deutschen Industrie und Gewerbethätigkeit denen des Auslandes nicht mehr von vornherein nachgesetzt, sondern nach ihrem Werthe bevorzugt werden, müssen die welschen Worte unserer Umgangs- und Verkehrssprache mehr und mehr dem zutreffenden deutschen Ausdrucke weichen. Das Alamode-Wesen hat seine Macht verloren in deutschen Landen.

Eine Schönheit von 1790. (Mit Illustration S. 677.) Das Bild von Robert Beyschlag zeigt uns eine Pariserin in jener Epoche, in welcher das ancien regime durch den Aufstand des Volkes gestürzt worden und die Lehren von der Freiheit und Gleichheit sich der Gemüther bemächtigt hatten. Ein Umsturz der Mode ging mit dem politischen Hand in Hand; an Stelle der Rokokokostüme und der den Ton angebenden Hofmoden trat eine Frauenkleidung, welche sich der Tracht der Männer möglichst annäherte: Nahmen doch auch Frauen an der politischen Bewegung hervorragenden Antheil; wir erinnern nur an eine Manon Roland, eine Charlotte Corday, eine Théroigne v. Mericourt, eine Rosa Lacombé und viele andere, welche selbst in öffentlichen Versammlungen und als Volksrednerinnen auftraten. Darauf folgte die Zeit des Direktoriums mit ihrer griechischen Tracht und den sonderbaren Auswüchsen der Merveilleusen. Damals gab die Salondame der Revolution, Madame Therese Tallien-Cabarrus, den Ton an. Die Seltsamkeiten der Salons des Direktoriums drangen jedoch nicht in die eigentlichen Volksschichten; diese bewahrten den männlichen Charakter der Tracht, die Frauen trugen eine dem Männerrock ähnliche Jacke mit Aufschlägen und gingen nie ohne ihr Spazierstöckchen aus.

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Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

W. T. in Naumburg a. S. Die Flecke sind weiter nichts als die altbekannten „Rostflecke", wie sie in früheren Papiersorten oft auftraten. Trotzdem die Bücher nicht im Feuchten stehen, hat sich doch mit der Länge der Zeit Eisenoxydhydrat auf dem Papier gebildet und die betr. Flecke hervorgerufen. Als Mittel zur Entfernung dieser mißlichen Erscheinung empfehlen wir Ihnen folgende: 1) 20 Theile Weinsäure und 10 Theile Alaun werden in 10 Theilen Wasser gelöst. Diese Lösung wird mittelst eines Wattebäuschens auf die Rostflecke so lange vorsichtig aufgetragen, bis letztere verschwunden sind. 2) 120 Gramm weiße Seife werden in 180 Gramm heißem Wasser in einer Literflasche gelöst; dann werden 30 Gramm Salmiakgeist (Ammoniakflüssigkeit) hinzugegossen, und die Flasche wird mit Wasser ¾ voll gefüllt; darauf wird die Literflasche noch vollständig mit Benzin angefüllt, verkorkt und ihr Inhalt tüchtig und wiederholt geschüttelt. Von dieser Lösung nimmt man einen Theelöffel voll und mischt die betr. Menge in einer ¼ Literflasche mit etwas Benzin: nach gehöriger Mischung füllt man schließlich die Flasche unter fortwährendem Schütteln vollständig mit Benzin an. Mit dieser gelatineartigen Masse kann man die Rostflecke, wie bei 1) zum Verschwinden bringen.

J. G. B. Das amerikanische Lied „Yankee doodle“ finden Sie in Eduard Engels „Geschichte der englischen Litteratur“ (Leipzig, Elischer) und zwar in dem „die angloamerikanische Litteratur“ behandelnden Abschnitt.

R. H. in L. Der Erfinder des in Nr. 37 und Halbheft 20 dieses Jahrgangs besprochenen „Athmungsstuhls“ ist Herr Bergmeister Zoberbier, nicht Bürgermeister Z., wie irrthümlich angegeben.


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_688.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)