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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

im Gegensatz zu den hochgelehrten, trockenen Kompendien von damals durch die leuchtende Kraft des Kolorits und die Fülle der ausgestreuten Gedanken die Beschäftigung mit Geschichtswerken rasch den Gebildeten lieb und werth machte. Und wenn allerdings die neuere Geschichtswissenschaft von dem Versuch, den Gang der Weltgeschichte nach philosophischen Begriffen aufzubauen, übel denkt, jene anderen Seiten, welche dem Geschichtschreiber mit dem Philosophen, dem Dichter gemeinsam sind, der große Ueberblick, die Wahl der treffenden Gesichtspunkte, der innere Sinn für den lebendigen Zusammenhang des Geschehenden, die Kunst des Aufbaus, der Gliederung, der anschaulichen, fesselnden Darstellung, all das wird immer unsere Bewunderung des Schillerschen Geistes auch in seinen geschichtlichen Werken rege erhalten.

Leider konnte Schiller die mit so gutem Erfolg eröffneten Vorlesungen, denen er gelegentlich auch eine von ästhetischem Inhalt einfügte, nur drei Semester ohne Unterbrechung fortführen. Im Januar 1791 überfiel ihn jenes schwere Leiden, das von da an nicht aufhörte, an seinem Leben zu zehren. Inzwischen aber hatte er seine geliebte Lotte heimgeführt, und an ihrer Seite, in freundlich belebter Häuslichkeit war ihm dieses kleine Jena in seinem lieblichen Thal mit dem rauschenden Fluß und den schöngeformten Berghöhen so werth geworden, daß er ihm auch dann noch treu blieb, als aus der geliebten Heimath ein lockender Ruf an die Universität Tübingen kam. „Kein Ort in Deutschland,“ schrieb er damals, „würde mir das sein, was Jena und seine Nachbarschaft mir ist; denn ich bin überzeugt, daß man nirgends eine so wahre und vernünftige Freiheit genießt und in einem so kleinen Umfang so viel vorzügliche Menschen findet!“ Und seit nun vollends seinem Geiste im Bunde mit Wilhelm v. Humboldt und dann mit Goethe selbst ein unendliches Labsal bereitet ist, seit in der idyllischen Abgeschiedenheit seines Gartenhauses sein poetischer Genius, durch die geschichtlichen und ästhetischen Arbeiten lange zurückgehalten, aufs neue mächtig und siegreich sich aufschwingt, da fühlt er sich in großartiger Erhebung über Krankheit und körperliche Schwäche innerlich tief und voll beglückt, mit den Besten seiner Zeit verbunden, mit dem Geiste seines Volkes in innerer Fühlung, der geistige Führer der Nation auf der neu eröffneten Bahn der hohen Tragödie; und gerade sein Wallenstein, der noch ganz in Jena vollendet wurde, zeigt am schönsten, wie fruchtbar und bedeutend die Vertiefung in geschichtliche Studien, die zu der Jenaer Professur geführt hatte, auch für seine Dichtung und eben damit für die Mit- und Nachwelt geworden war.




Die Goldgräber der Rauris.

Von J. Freytag. Mit Abbildungen von H. Nestel.

Edle Metalle haben äußerst selten ihre Lagerstatt tief im Erdinnern aufgeschlagen. Sie drängten sich bei einstigen Eruptionen durch ihre größere Leichtigkeit an die Oberfläche, so lehren Erfahrung und Wissenschaft. Die neue Phase der Technik, welche unser Jahrhundert geschaffen, kann alles umgestalten; ob es ihr aber jemals gelingen wird, direkt aus dem Boden der mütterlichen Erde noch heut außergewöhnliche Goldwerthe zu erschließen, ist jedenfalls für Europa zu bezweifeln.

Das Goldbergwerk in der Rauris.

Was wir ernten können, das sind nur die mühsam zu gewinnenden Reste edler Metalle, welche an den Stätten einstiger offener Lager zwischen härteren Erzen festgehalten wurden. Es ist ein lehrreicher Rückblick, den wir auf die Geschichte des europäischen Bergbaues werfen können, indem wir das Einst und das Jetzt vergleichen. – In ganz besonderer Weise tritt uns der Unterschied zwischen der früheren und heutigen Ausbeutung der Edelmetalllager entgegen, wenn wir den Bergwerken im Salzburger Land unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Hier fanden römische Scharen, als sie ihren Weg über die norischen Alpen nach dem Norden suchten, offene Goldlager, und mühelos fielen ihnen die werthvollen Schätze zur Beute.

Die sogenannten Bergwerke, welche von ihnen an den Fundorten errichtet wurden, waren offenbar nur ein leichtes Ausschachten der zu Tage getretenen Adern des edlen Metalles. Ein systematischer Bergbau wurde erst von dem unternehmenden Hause der Fugger im Mittelalter ins Leben gerufen. Es waren damals fürstliche Schätze, welche das Salzburger Land den Begründern in den Schoß warf und sie demgemäß zu einem fürstlichen Hause emportrugen. Wäre aber von dem reichen Gewinn jener Zeit nur ein kleiner Theil andauernd zu besserem Weiterbetriebe veranlagt worden, so hätten ganz andere Ergebnisse erzielt werden können, während bei der Unterlassung einer soliden Fundirung die Werke für immer verloren gehen mußten.

Die Ueberlieferungen erweisen, daß gerade die wichtigsten Fundorte vergletschert sind, dagegen konnten sich die Menschen im Hochgebirge wenig schützen. Aber es traten noch andere Umstände hinzu, welche der hohen Blüthe einer für jene Zeit seltenen Kultur ein beklagenswerthes Ende bereiteten. Die vom Hause Fugger hingesandten Bergarbeiter aus Goslar brachten im 16. Jahrhundert die neue Lehre des Protestantismus ins einsame Thal und fanden dort gar bald Gesinnungsgenossen. Grund genug für die finsteren Mächte jener Zeit, darob einen Bruderkrieg zu beginnen, der das blühende Kulturleben im Lande Salzburg vollständig vernichten mußte. Was der Verfolgung nicht erlag, wurde vertrieben, so daß während der traurigen Zeit des Dreißigjährigen Krieges der Bergbau ganz eingestellt wurde. Wohl versuchte später die österreichische Regierung, auf Staatskosten wenigstens einige der Bergwerke wieder in Betrieb zu setzen, aber sie hat wenig Vortheile davon gehabt. Bei den Goldbergwerken in Böckstein und auf der Rauris hat sie andauernd nicht unbeträchtliche Zuschüsse zahlen müssen, um sich schließlich dennoch genöthigt zu sehen, beide Betriebe einzustellen. Seltsam eigenartige Umstände haben dann in beiden Orten ein neues Leben wachgerufen. Während das erstgenannte Goldbergwerk in unmittelbarer Nähe von Gastein allen Besuchern des heilkräftigen Bades bekannt ist, muß man schon ein tüchtiger Bergkletterer sein, um das 2371 Meter über dem Meere gelegene Rauriser Goldbergwerk erreichen zu können. Früher war das freilich anders, da führte ein jetzt vergletscherter Aufstieg unmittelbar auch aus dem Gasteiner Thale hinauf. Der direkte Weg durch das Rauriser Thal bis Kolm-Saigurn, der Bergbauansiedlung, ist von der Eisenbahnstation Lend 9 Stunden, von Taxenbach 8 Stunden lang. Zwischen Taxenbach und Kolm-Saigurn liegt nur der Markt Rauris und weiter hinauf das Dorf Bucheben, mit 166 Einwohnern und einer 1783 erbauten Kirche.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_349.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)