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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

von dem Reutlinger Bildhauer Launer jr. gefertigt. Ueber lorbeerdurchflochtener Leier verkündigt eine Tafel den Namen und die Lebensjahre dessen, dem das Denkmal gilt und der einst an den Schluß seines Gedichtes „Nachlaß“ die Worte gesetzt hat:

„Doch was ich mir in mir gewesen,
Das hat kein Freund geseh’n, wird keine Seele lesen.“ =

Geschenkwerke für den Familientisch. III. Eine Dichtung voll großartiger Schönheit der Sprache und wunderbarer Farbengluth hat Paul Heyse auf den Weihnachtstisch gelegt. Sie spielt in der Zauberwelt des Orients und betitelt sich „Liebeszauber“ (München, Hanfstängl). Für die Gestalten der Heyseschen Dichterphantasie aber hat sich in Frank Kirchbach ein ebenbürtiger Bildner gefunden. – Ein reizvolles Prachtwerk aus demselben Verlage ist „Wie ist die Erde so schön, so schön!“, ein „Album deutscher Kunst und Dichtung“, zu dem neben den lebenden Künstlern und Poeten auch mancher Dichter der Vergangenheit seine Gaben beigesteuert hat. – Die Erbauung der Straßburger Kaiserpfalz, von der auch die „Gartenlaube“ ihren Lesern im Jahrgang 1887, S. 849 eine Abbildung gebracht hat, ward Hermann Ludwig Veranlassung, den Spuren früherer deutscher Kaiser und Könige in der Hauptstadt der Westmark des Reiches nachzugehen und die mannigfachen Wechselbeziehungen zwischen Stadt und Reich zu verfolgen. So entstand das Werk „Deutsche Kaiser und Könige in Straßburg“ (Straßburg, C. F. Schmidts Universitätsbuchhandlung, Friedrich Bull). Die Abbildungen stützen sich zumeist auf zeitgenössische Grundlagen, Siegel, Münzen und dergleichen, die kaiserliche Landesregierung aber hat das Ihrige dazu beigetragen, dem Buche eine würdige Ausstattung zu geben.

Ein vorwiegend landschaftliches Prachtwerk der edelsten Art ist „Der Schwarzwald“ von Wilhelm Jensen (Berlin, H. Reuthers Verlagsbuchhandlung). Jensen hat eine Reihe von Jahren am Fuße des Schwarzwaldes gelebt, er hat ihn studiert mit dem Auge des Forschers und des Dichters. Und so haben auch an dem Bild, das er jetzt uns bietet, der Forscher und der Dichter harmonisch mitgearbeitet. Nicht das Schlechteste aber haben die zeichnenden Kräfte, W. Hasemann, E. Lugo, M. Roman, W. Volz, K. Eyth u. a., dazu gegeben. – Das Vermächtniß eines verunglückten Alpensteigers hat K. Schulz herausgegeben, „Im Hochgebirge“, Wanderungen von Dr. Emil Zsigmondy, mit Abbildungen von E. T. Compton (Leipzig, Duncker und Humblot). Die Leser erinnern sich wohl des tragischen Geschicks, das den erst 24jährigen Dr. Emil Zsigmondy, der schon eine Berühmtheit als Bergsteiger war, im August des Jahres 1885 in den französischen Alpen hinwegraffte. Dieser hochbegabte Mann hatte die Gewohnheit, jedesmal nach seiner Rückkehr von den Alpen eine Schilderung seiner Bergfahrten in sein Tagebuch einzutragen. Nach diesem hat Karl Schulz einen Theil in einem stattlichen Bande veröffentlicht, gewiß eine allen Alpenfreunden willkommene Gabe. – Und nun einen Sprung von der Alpen Firnengipfeln nach Spaniens sonnenheißen Gefilden. M. Junghändel giebt im Verlage der Gilbersschen Hofverlagsbuchhandlung in Dresden ein Photogravüreprachtwerk heraus über die „Baukunst Spaniens“. Es birgt sich hinter dem technisch klingenden Titel für jeden, der Sinn für architektonische Formen und ihre geschichtliche Entwickelung hat, eine Fülle edelsten Genusses und anschaulichster Belehrung. Der Verfasser, der auch die Photographien ausgewählt und ausgeführt hat, verfolgt in seinem Werke wesentlich den Zweck, nachzuweisen, daß auch Spaniens Kunst eine geschlossene nationale Entwicklung aufweise und nicht bei einem unsicheren Tasten und Borgen stehen geblieben sei. – Ein altvertrauter Anblick sind die Bilder Arthur v. Rambergs zu „Hermann und Dorothea“. Die Grotesche Verlagsbuchhandlung in Berlin hat nun eine würdige Prachtausgabe des Goetheschen Gedichts veranstaltet, welches die Gemälde Rambergs in Vervielfältigung durch Kupferdruck beigegeben sind. – Ein Prachtwerk, das eigentlich erst eines werden soll, möge den Beschluß machen. Es ist eine von E. Zehls Verlag in Leipzig herausgegebene stattliche Mappe „Reise-Album“ mit leeren Kartontafeln zur Aufnahme unaufgezogener Photographien und anderer Reiseerinnerungen.

Ein neuer Weltbürger. (Zu dem Bilde S. 880 und 881.) Ja, das ist ein wichtiger Augenblick, den der Altmeister Benjamin Vautier da wieder aus dem Stillleben des Landvolkes – es ist diesmal aus dem Berner Oberland – herausgegriffen und auf der Leinwand verewigt hat, wichtig für die Eltern, die herzige junge Mutter und den wohlbehäbigen Vater, für die nähere und fernere Verwandtschaft, für die ganze Gemeinde – unwichtig, höchst unwichtig nur für das halbwüchsige Kindervolk; das kleine Bürschchen mit seinem Familienregenschirm giebt sich wenigstens das Ansehen vollständiger Theilnahmslosigkeit, und das Mädchen, das an den Holzpfeiler der Kirchenvorhalle sich lehnt, scheint auch für die geschäftige Erregung und Neugier der Alten kein Verständniß zu besitzen. Aber es ist trotzdem ein wichtiger Augenblick, wenn so ein junger Weltbürger, und vollends einer, der in einem so stattlichen Bauernhause, wie das auf unserem Bilde rechts drüben sichtbare, das Licht erblickt hat, zur Kirche gebracht wird, um aufgenommen zu werden in den Schoß der Gemeinde und künftig Freud und Leid mit ihr zu theilen, ihr Ehre oder Schande zu machen. =

Einbanddecke zur „Gartenlaube“. Wie in früheren Jahren hat die Verlagshandlung von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig auch für den Jahrgang 1889 der „Gartenlaube“ solide und geschmackvolle Einbanddecken herstellen lassen. Dieselben sind von olivenbrauner Farbe und nach einem Entwürfe von Prof. Fr. Wanderer in Gold- und Schwarzdruck ausgeführt. Die Decken sind durch die Buchhandlungen zu dem mäßigen Preise von 1 Mark 25 Pfennig zu beziehen.

Auflösung des Buchstaben-Vexirräthsels auf S. 856: Tannhäuser.

Das T wird durch den Schwertgriff dargestellt; das a bildet den unteren Theil der Saitenspannung der Mandoline; die beiden n sind auf dem Notenblatte, das h am Buchrücken, das ä ebenfalls auf dem Notenblatte; das u ist im Medaillon der Ehrenkette enthalten; das s wird durch das fliegende Band gebildet; das e enthält das Siegel des Notenblattes und das r bilden zwei Stränge der Geißel.


Am Jahresschluß.

Bald schließt der zwölfte Glockenschlag
Die letzte Jahresstunde,
Jetzt schlafe, was da schlafen mag,
Wir stehn in froher Runde,
      Es klopft das Herz, es dampft das Glas,
      Bei kräft’gem Wörtlein leert sich’s baß –
Verbrennt Euch nicht die Lippen
Mit Nippen!

Stoßt an! Wem gilt der erste Schluck?
Dem Frieden, der uns segnet.
Dem Kriegsgelüst mit festem Druck
Ward noch ein Jahr begegnet!
      Schwing fürder deinen Palmenzweig,
      Und aus der Heimathscholle steig’
Dem Fleiß ein neuer Segen
Entgegen!

Stoßt an! Mein Spruch zum zweiten spricht:
Ein voller Schluck der Treue,
Die Liebe, Freundschaft, Recht und Pflicht
Gewahrt mit frommer Scheue.
      In allem Glück die Sicherheit,
      Der beste Stab in Noth und Leid!
Bleib’ er im Weiterwallen
Uns allen!

Stoßt an! Wem gilt der dritte Gruß?
Dem tapfern Muth im Streben,
Der wehrhaft und mit festem Fuß
Hinschreitet durch das Leben.
      Ihn lähmt nicht Sorg’ noch Widerdrang,
      Er findet Weg für jeden Gang –
Will ihm das Heut nicht borgen,
Zahlt’s Morgen.

Stoßt an! Und wem der vierte Schluck?
Der Hoffnung frohgemuthet,
Die wie ihr immergrüner Schmuck
Mit keinem Tod verblutet.
      Zerrinnt die Gegenwart zu Schaum,
      Sie rettet uns den schönen Traum
Und winkt uns traut im Stillen
Erfüllen.

Und wenn uns bleiben diese Vier,
Mich dünkt, wir können’s wagen,
Daß heiter unsre Bürde wir
Zwölf Monde weiter tragen.
      Zum guten Schluß die Gläser klar –
      Es schlägt – fahr wohl, du altes Jahr!
Behüt uns Gott mit Treuen
Im neuen!

Victor Blüthgen.

Inhalt: Zur Jahreswende. Gedicht von Martin Greif. Mit Illustration. S. 877. – Eine Erscheinung. Hinterlassene Erzählung von Fanny Lewald (Schluß). S. 878. – Ein deutsch-böhmischer Dichter. Von Ludwig Salomon. S. 882. Mit dem Porträt Anton Ohorns. S. 883. – Ueberraschungen. Eine Weihnachtserzählung von Victor Blüthgen (Schluß). S. 883. Mit Illustrationen S. 885 und 887. – Junggesellen im Alterthum. Von Dr. Otto Schantz. S. 888. – Am Sylvesterabend. Illustration. S. 889. – Blätter und Blüthen: Christnacht der Bergleute. S. 890. – Nachträgliches vom Büchertisch für die Jugend. Von Dietrich Theden. S. 890. – Das Denkmal für Hermann Kurz in Reutlingen. Mit Abbildung. S. 891. – Geschenkwerke für den Familientisch. III. S. 892. – Ein neuer Weltbürger. S. 892. Mit Illustration. S. 880 und 881. – Einbanddecke zur „Gartenlaube“. S. 892. – Auflösung des Buchstaben-Vexirräthsels auf S. 856. S. 892. – Am Jahresschluß. Gedicht von Victor Blüthgen. S. 892.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Erst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1889, Seite 892. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_892.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2020)