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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

rasch geschlagenen Schiffbrücke das Hinderniß baldigst passieren können. Auch diese meist im Gänsemarsch sich vollziehende Art des Flußübergangs, wobei der abgesessene Reiter sein von dem heftig polternden Geräusch leicht erschrecktes Thier mit großer Vorsicht zu führen und vor Seitensprüngen zu bewahren hat, veranschaulicht unser Bild, welchem die neuliche Uebung zweier Gardekavallerieregimenter an der Havel zwischen Heiligensee und Nieder-Neuendorf zur lebendigen Vorlage gedient hat. C. H.     

Eine billige Volksausgabe von Körners Werken. Jetzt, wo aus Anlaß des Körnerjubiläums die Werke des Dichters aufs neue Gegenstand allgemeiner Beachtung geworden sind, dürfte es dankbar begrüßt werden, daß der Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart eine äußerst billige Ausgabe der Körnerschen Schriften hat erscheinen lassen: sie umfaßt vier Theile in guter Ausstattung, die in zwei Bänden gebunden, zusammen nur zwei Mark kosten und so eine gediegene Volksausgabe bilden, auf welche wir unsere Leser aufmerksam machen.

Der Kinetograph. Jetzt werden bald die Theaterkritiker von ihren Zimmern aus ihr Amt versehen und den Vorstellungen der Bühne beiwohnen können. Der Erfinder des Phonographen, Edison, hat einen Kinetographen erfunden. der zu den modernen Wundern gehört, mit denen uns geniale Köpfe durch geistreiche Anwendung der Naturkräfte überraschen. Nach Edisons eigenen Aeußerungen ist der Kinetograph eine Maschine, welche das System des Phonographen mit der Photographie verbindet, so daß jemand in seinem Zimmer sitzen und auf einem gespannten Leinenschirm die nach photographischen Aufnahmen reproduzierten Bilder vergangener Theatervorstellungen, alle Bewegungen der Schauspieler etc. genau sehen sowie gleichzeitig aus dem Phonographen die Stimmen der Sänger und die Musik einer Oper genau hören kann. Jede Bewegung der Gesichtsmuskeln wird bis ins kleinste wiedergegeben. Ein Faustkampf kann in der Art vorgeführt werden, daß man nicht nur jeden Schlag deutlich sieht, sondern selbst dessen Geräusch hört. Der Apparat wird auf einen Tisch vor der Bühne hingestellt; er photographiert die szenischen Bilder, also vor allem die Bewegungen der Schauspieler in einem Tempo von 46 Eindrücken in der Sekunde und nimmt zugleich den leisesten Laut auf. Die Photographien werden dann entwickelt, und eine Projektionslinse tritt in dem Apparat an die Stelle der photographischen. Richtet man nun die Photographie her und bringt ein Calciumlicht zum Brennen, so kann die ganze Scene in dem Zimmer eines Privatmannes wiedergegeben werden, und zwar noch nach Jahren und so oft man will, da die Abdrücke dauernd sind. Des Mimen flücht’ge, an den Augenblick gebundene Kunst gewinnt daher Dauer in einer bisher nicht geahnten Weise, und nicht weniger wird das Gesichterschneiden des Stümpers, jede seiner falschen Betonungen verewigt. Wie leicht hat es da die Theaterkritik der Zukunft! †     

Der Brunnen beim „Bürgerbräu“ auf der elektrotechnischen Ausstellung
in Frankfurt a. Main.

Nach einer Zeichnung von O. Flecken.

Ein „Charakterkopf“ von der Frankfurter Ausstellung. Er ist ein wenig anders, dieser altbayerische Charakterkopf, als diejenigen, welche wir sonst schön auf Leinwand verewigt in den Ausstellungen treffen; er ist derber, ursprünglicher, kurz „naturalistischer“. Dafür steht er aber auch im Dienst der Elektricität und schmückt nicht etwa die langen Wände irgend eines dumpfen Gemäldesaals, sondern erhebt sich in vollem „Freilicht“ mitten in der Frankfurter elektrotechnischen Ausstellung, auf der Terrasse des „Bürgerbräu“, umgeben von frischem lebendigen Grün. Sein Kopf ist hohl, das kommt aber auch bei anderen Leuten vor – allein dennoch spendet er Licht in der Dunkelheit ringsum und weiß anziehend zu beleuchten – das kann man nicht von allen Köpfen mit dieser Eigenschaft sagen. Nur geht das Licht leider nicht bloß von den blitzenden Augen aus, sondern noch mehr von der Nasenspitze, was auf eine bedenkliche Verwandtschaft zwischen dem Illuminieren und dem Illuminiertsein hinweist und andeutet, daß zu einem Charakterkopf gelegentlich auch ein Charakterzopf gehören kann. Doch – werfen wir keinen Stein auf den Edlen, wir könnten sonst die elektrische Lampe zerstören, die in der Höhlung des Kopfes angebracht ist und durch Oeffnungen an den Augen und an der Nasenspitze ihre Strahlen ausschickt.

Die Erreger des Wundstarrkrampfes in unseren Wohnungen. Der Wundstarrkrampf oder Tetanus ist unseren Lesern aus dem Artikel in Nr. 5 dieses Jahrgangs zur Genüge bekannt. Die neuere Forschung hat nun ergeben, daß der Bacillus, der ihn erzeugt, leider ein sehr häufiger Hausgenosse des Menschen ist. H. Heinzelmann hat neuerdings den Fehlboden einiger Häuser in München daraufhin untersucht. Der Fehlboden ist der Raum unter der Diele zwischen zwei Stockwerken, der eigentlich reinen Sand oder dergleichen enthalten sollte, thatsächlich aber mit Schutt und anderen unreinen Stoffen ausgefüllt wird. Heinzelmann untersuchte nun die Fehlböden von 13 Münchener Häusern, von denen 2 bewohnt, die übrigen zum Abbruch bestimmt waren. Er fand neunmal in diesen Fehlböden Tetanusbacillen, welche ihre volle krankheitserregende Kraft besaßen und bei Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen Wundstarrkrampf erzeugten. – Die Hygieine hat schon wiederholt auf die Gefahren hingewiesen, welche ein unzweckmäßiger Fehlboden als Brutstätte von Bakterien mit sich bringt. Die Untersuchungen Heinzelmanns bringen einen neuen Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung und mahnen dringend zur Herstellung eines für Luft und Wasser, also auch für Bakterien, undurchdringlichen Fußbodens, sowie zur Füllung des Fehlbodens mit reinem Material. *      


Kleiner Briefkasten.

Marie H. in L. Neben den in unserem Artikel in Nr. 31 dieses Jahrgangs der „Gartenlaube“ genannten Orten erfreut sich unter anderem auch Leipzig einer Koch- und Haushaltungsabendschule für Fabrikarbeiterinnen, welche unter der Leitung von Frau Auguste Busch daselbst sehr gute Erfolge erzielt.

Räthselfreund in Aarau. Ihr Wunsch kann leider nicht erfüllt werden!


Inhalt: Ein Götzenbid. Roman von Marie Bernhard (4. Fortsetzung). S. 669. – Das 75jährige Stiftungsfest der Hamburger Turnerschaft von 1816. Die Stabübungen beim Hauptturnen. Bild. S. 669. – Rückkehr von der Sommerreise. Bild. S. 672 und 673. – Notturno. Bild. S. 677. – Aus Laubes poetischer Jugendzeit. Von Johannes Proelß. S. 678. – Kavallerie beim Flußübergang. Bild. S. 681. – Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Die elektrische Kraftübertragung. Von A. Hollenberg. S. 682. – Das Los des Schönen. Erzählung aus dem achtzehnten Jahrhundert. Von Stefanie Keyser (Schluß). S. 683. Mit Abbildungen S. 684 und 685. – Blätter und Blüthen: Die 75jährige Jubelfeier des ältesten deutschen Turnvereins. S. 686. Mit Abbildungen S. 669 und 687. – Zur Frauenfrage. S. 686. – Bildermappe für Kunstfreunde. S. 687. – Kavallerie beim Flußübergang. S. 687. (Zu dem Bilde S. 681.) – Eine billige Volksausgabe von Körners Werken. S. 688. – Der Kinetograph. S. 688. – Ein „Charakterkopf“ von der Frankfurter Ausstellung. Mit Abbildung S. 688. – Die Erreger des Wundstarrkrampfes in unseren Wohnungen. S. 688. – Kleiner Briefkasten. S. 688.




WS: Verlags-Werbung Ernst Keil's Nachfolger, wird nicht transskribiert.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891). Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_688.jpg&oldid=- (Version vom 9.10.2023)