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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Wirtin. Hans Mohr saß an dem uralten, bemalten Tafelklavier und begleitete den Gesang Hans Bardolfs, der mit mächtigem Bariton soeben versicherte: „Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar.“ Frau Klämmerlein saß mit einem Ausdruck verschämter Seligkeit auf dem lederbezogenen Sofa hinter dem Tische, der zwischen zwei großen Rosensträußen – dem Geschenk der beiden Musiker – eine mächtige Bowle trug, ein junges schlankes Mädchen aber, mit vollem hellblonden Haar, ganz hell gekleidet, trat Hans Ritter entgegen und unterbrach seine Vorstellung mit den Worten: „Meine Großmutter hat mir heute schon viel von Ihnen erzählt, Herr Doktor.“

Und indem er ihr in die blauen Augen sah, war ihm, als ob er sie auch schon längst kennte. Das machte ihn so verwirrt, daß er kaum stammelnd ihr den Waldblumenstrauß anzubieten vermochte, der sich neben den vornehmen Rosen gar bescheiden ausnahm.

(Fortsetzung folgt.)


Die Elektricität im Hause.
Von Franz Bendt. Mit Abbildungen von A. Kiekebusch.

Elektrische Treppenbeleuchtung.

Allüberall, in der Stadt und auf dem Lande, kann man das siegreiche Vordringen der Elektricität beobachten. Die Dampftechnik, die Gastechnik und die meisten anderen Zweige der angewandten Physik werden von der Elektrotechnik immer mehr aus ihren Stellungen gedrängt und sie können sich nur erhalten, indem sie sich selbst in den Dienst der jungen Königin stellen. Es ist daher keine Redensart, wenn man behauptet, daß wir uns im Anfange einer neuen Epoche, im Beginn des Zeitalters der Elektricität befinden. Am klarsten wird die Richtigkeit des Auspruches dadurch bewiesen, daß die Elektricität bereits beginnt, auch im kleinsten zu wirken und in den vielen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens Verwendung zu finden. Wir können jetzt in der That unsere Häuslichkeit ganz elektrisch gestalten. Das Schlagwort „alles elektrisch“ ist also keine bloße Phrase mehr.

Am leichtesten ist es dem Großstädter gemacht, wenn er beabsichtigt, sein Heim elektrisch einzurichten. Die elektrischen Centralen, welche sich zum Zwecke der Beleuchtung in vielen Städten befinden, führen die stromtragenden Kabel durch die Stadt, bis weit hinaus an ihre Grenzen. Es ist nur nötig, das betreffende Gebäude in den Kreis mit einzuschließen.

Aber auch die Orte, die sich keiner Elektricitätswerke erfreuen, auch die Bewohner eines Landhauses vermögen sich leicht mit dem nötigen Strome zu versorgen, wenn sie sich der sehr bequemen, freilich auch etwas kostspieligen Accumulatoren bedienen. Accumulatoren, oder auch wohl kurz Sammler genannt, heißen die uns von den Physikern geschenkten wunderbaren Zauberkasten, in welchen elektrische Energie aufgespeichert und bewahrt werden kann. Man darf sie etwa mit Flaschen vergleichen, die mit Elektricität gefüllt sind. Von Zeit zu Zeit müssen die Accumulatoren natürlich geladen werden. So empfangen beispielsweise in den Vororten Wiens viele Villenbesitzer durch einen für den Zweck besonders gebauten Batteriewagen, an Stelle der erschöpften, neue Accumulatoren von einem Elektricitätswerk der Stadt.

Der Zeit nach waren es zuerst die feineren Eigenschaften der Elektricität – also u. a. ihre unvergleichliche Geschwindigkeit – welche die Techniker im Interesse des Menschengeschlechtes verwendeten. Erst viel später erkannten sie die gewaltigen Mächte, welche in dieser Naturkraft schlummern, und erzogen die junge Riesin zur willigen Magd, die auch die schwersten Arbeiten verrichtet. Die große Geschwindigkeit macht die Elektricität vorzüglich zum Nachrichtendienst geeignet; und zu solchen Zwecken zog sie auch zuerst in unsere Wohnungen ein. Jetzt kennt jedermann den kleinen Knopf, der auf einen schwachen Druck die Signalglocken auslöst, welche den Gast ankündigen oder den Diener herbeirufen. Noch einfacher hat das Telephon den Verkehr im Hause gestaltet. Es sind hierfür Apparate geschaffen worden, die auch in ihrem Aeußeren kleinen Kunstwerken gleichen und die einen anmutigen Schmuck der Wand oder auch des Arbeitstisches und des Büffetts darstellen. Im öffentlichen Telephonverkehr bedient man sich bekanntlich der Zwischenstationen, um die notwendigen Linienverbindungen zu gewinnen. Für den Gebrauch in den Wohnungen sind sogenannte „Linienwähler“ gebaut worden, die durch eine Kurbel, welche über Zahlen läuft, die den Zimmern entsprechen, die gewünschten Verbindungen selbstthätig veranlassen.

Jedoch erst mit der Erfindung der Glühlampe eroberte sich die Elektricität tatsächlich das Haus. Ihr schönes, helles Licht schlägt in einer Beziehung unbedingt alle Lichtarten, die durch Verbrennung erzeugt werden. Unabwendbar sind mit der Verbrennung von Leuchtgas, Erdöl u. s. w. die Verbrennungsgase verbunden; welche die Luft verschlechtern, ihren Wärmegehalt erhöhen und den menschlichen Organismus schädlich beeinflussen. Nur die elektrische Glühlampe, spendet ohne jedes nennenswerte Nebenprodukt einzig das, was man von ihr begehrt: Licht!

In den letzten Jahren wurden auch die elektrischen Bogenlampen, die ihre riesigen Lichtmengen bisher nur über Straßen, Plätze und große Hallen ausschütteten, in so kleinen Formen angefertigt, daß sie sich auch für das Haus eignen. Damit beginnen sie gleichfalls in den Konkurrenzkampf um die beste und – was nicht zu unterschätzen ist – um die billigste unter den Beleuchtungsarten mit einzutreten.

Aber nicht nur schön und gesund, auch in unvergleichlicher Weise bequem ist das elektrische Licht; genügt doch auch hier ein Druck auf den Knopf, um den Raum mit Licht zu durchfluten. Das Zündhölzchen ist, wie sich im weiteren noch öfters zeigen wird, in der elektrisch eingerichteten Häuslichkeit ein überwundener Faktor.

Der augenblickliche Gehorsam, mit dem das elektrische Licht dem Befehle folgt, hat zu einer ganzen Anzahl origineller Anwendungen geleitet. Zumal die zeitweise nächtliche Beleuchtung des Flurs und des Treppenhauses ist in verschiedener Weise gelöst worden. Die Beleuchtung darf natürlich nur so lange währen, bis der Bewohner sein Heim erreicht hat. Die Stromauslösung läßt sich sehr einfach durch einen Knopf erzielen, der sich unmittelbar in der Nähe der Hausthür befindet. Noch zweckmäßigere Einrichtungen sind von der rastlos vorwärtsschreitenden Elektrotechnik geschaffen worden. Bei ihnen verursacht das Oeffnen des Thores selbst das Aufleuchten der Lampen. Nach etwa fünf Minuten schaltet sich der Strom dann selbstthätig wiederum aus.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_014.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)