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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

unter dem Namen „Aus dem Leben meiner alten Freundin“ von dem Städtchen in der Altmark, wo W. Heimburg damals lebte, einen weiten Flug in die Welt nehmen sollte. Nicht gleich fand dies Buch die rechte Würdigung. Die „Gartenlaube“ schickte das Manuskript zurück als nicht geeignet für ein Blatt, das wöchentlich erscheine. Nun wurde es im Feuilleton der Magdeburger Zeitung gedruckt und später als Buch im Verlag von A. und R. Faber. In dieser Gestalt sandte es der Vater der Autorin gegen deren Willem, da sie ihre Arbeit noch immer für minderwertig hielt, an den Herausgeber der „Gartenlaube“, Ernst Keil, der es aufs höchste bedauerte, daß er, durch eine Kur von den Redaktionsgeschäften seiner Zeitschrift damals ferngehalten, die anziehende Erzählung nicht persönlich hatte prüfen können. In diesem Sinne schrieb er, wie schon früher einmal (vergl. Jahrg. 1884, S. 650) in der „Gartenlaube“ mitgeteilt wurde, an Wilhelmine, erklärte sich tief bewegt von dem stimmungsvollen Reiz des Buches, das er als eine sichere Bürgschaft für die glänzende Zukunft der jungen Schriftstellerin betrachte. Sein Brief schloß mit den Worten: „Solche Ermutigung darf Ihnen ein Mann geben, der Tausende von Manuskripten und darunter manch Vortreffliches gelesen, und der morgen die letzte Nummer des ersten Vierteljahrhunderts seiner Zeitschrift zusammenstellt.“

Von jetzt an ständige Mitarbeiterin der „Gartenlaube“, verstand sie es, in steigendem Maße die Gunst des Publikums zu gewinnen, und als die Leitung des Blattes später in andere Hände überging, dauerte das glückliche Zusammenwirken zwischen Verfasserin und Herausgeber fort. Alle ihre Romane haben seither in der „Gartenlaube“ sozusagen das Licht der Welt erblickt und es ist fast zur Tradition geworden, daß jeder Jahrgang eines ihrer Werke bringt, denn sie ist für viele Leser eine vertraute Erscheinung, die man nicht missen mochte.

Aber die vielen, welche sie als Schriftstellerin so genau kennen, möchten – wie Sie mir schreiben – gern auch etwas von ihrer Person, ihrem Leben wissen, und bitten Sie um Erfüllung dieses Wunsches. Das ist nun nicht ganz leicht. Wilhelmine Heimburg spricht nicht gern von sich und hat eine bestimmte Art, alles abzulehnen, was sich mit teilnehmender Neugier an sie zu drängen versucht. Ihrer feinen vornehmen Natur widerstrebt alles Reklamewesen, daher ihre Scheu, an die Oeffentlichkeit zu treten, was zur Folge hat, daß man sie nie in Vereinen oder auf Kongressen sieht, in denen sich die Leute „von der Feder“ zusammenfinden. Sie hat auch nicht viel Zeit hierfür. Im Winter arbeitet sie, leider viel gehemmt durch Kränklichkeit. Die bessere Jahreszeit wird auf Reisen zugebracht, deren Ziel nur zu oft mehr vom Arzt als von ihrer freien Wahl abhängt. Seit sie im Jahre 1889 ein schweres Nervenleiden durchgemacht, drängen die Aerzte auf einen Wechsel ihrer Lebensweise. Damals teilte sie das freundliche Heim ihrer Eltern in Kötzschenbroda bei Dresden – ein idyllisches Landhaus mitten im Garten, in dem es im Frühjahr üppige „Boombluth“ und im Herbst viel saftige Birnen und süße Weintrauben giebt. Leider mußte dies enge Zusammenleben mit Vater und Mutter unterbrochen werden, wenn an eine Fortsetzung ihres schriftstellerischen Schaffens gedacht werden sollte. Nun entschädigt Fräulein Heimburg sich und die Eltern durch möglichst häufige Besuche, zumal die Sonntage gehören stets ihrer Familie. Dann kommt ihr an der Hausthür die liebe freundliche Gestalt der alten Mama entgegen, während der Vater schon lange vorher mit einem Feldstecher den Weg entlang gespäht hat. Beider Willkommen wird übertönt von dem Freudengebell des schwarzbraunen Teckels, Namens „Männe“, der weiß, daß auch ihm stets etwas mitgebracht wird.

Unsere Dichterin ist eine ebenso zärtliche Tochter wie Schwester und Tante. Ein liebliches Pflegetöchterchen hatte sie Jahre hindurch in ihrer ältesten Nichte, deren Erziehung sie vollendete und die aus dem geselligen Elternhaus immer noch gern und häufig in dem stillen Heim der Tante einkehrt, deren litterarische Neigung sie geerbt zu haben scheint. Wilhelmine Heimburg gehört zu den bevorzugten Frauen, denen es geglückt ist, sich durch eigene Kraft zu einer überaus angenehmen Lebensstellung aufzuschwingen. In ihrer künstlerisch ausgestatteten, schmucken Häuslichkeit waltet sie als tüchtige Hausfrau, die auch den Nähtisch im Erker nicht nur als Zierde betrachtet. Der Vormittag gehört meist praktischen Geschäften und Spaziergängen. Nachmittag und Abend, soweit sie diese allein verbringt, sind dem Schreiben und der Lektüre gewidmet. Lauschige Leseplätzchen sprechen überall in der Wohnung für die Lieblingsbeschäftigung der Herrin und gemütliche Plauderecken laden ihre Freunde zum Bleiben ein. Dann waltet sie mit heiterster Anmut ihres Amtes als Wirtin, und wer ihr näher tritt, weiß, daß diese Anmut der Ausdruck ihres ureigenen Wesens ist, jener wahren Liebenswürdigkeit des Herzens, die den Weg zu anderer Herzen findet. Ein Hauch echter Weiblichkeit liegt über ihrer Persönlichkeit ausgebreitet, warm im Empfinden, ist ihr Wesen rasch im Handeln, wo es gilt, anderer Not und Leid zu lindern.

Mit lebhaftem Interesse verfolgt sie alle neueren Erscheinungen auf litterarischem Gebiet und ist eine fleißige Theaterbesucherin, besonders des Schauspiels, wenn sie nicht gerade tief in der Arbeit steckt. Ist dies der Fall, dann ist sie freilich unzertrennlich von ihrem Schreibtisch – einem neuen von stattlicherem Umfang als der erste. Hier umgeben sie die Bilder ihrer Lieben und zahlreiche Andenken an Freunde und Bewunderer, sowie an ihre Reisen. An diesem Arbeitsplatz hat sie auch der ihr befreundete Künstler W. Claudius nach dem Leben gezeichnet.

Im Frühjahr erwacht die Sehnsucht ins Freie, dann sucht sie mit Vorliebe schöne waldreiche Gegenden aus. Die Natur, die schon auf ihre Kinderseele, als sie in dem großelterlichen Forsthaus ihre schönsten Stunden verlebte, einen tiefen Eindruck machte, lockt sie auch heute noch immer hinaus in Berg und Wald und Heide. Im Thüringerwald, im Schwarzwald und im Harz sucht und findet sie Stärkung für ihre Gesundheit und eine Zuflucht aus dem Drang der Arbeit, für die sie leider mehr von ihren Kräften einsetzt, als es sich zuweilen mit ihrer zarten Gesundheit verträgt. Zur Zeit denkt sie daran in einem der waldumrauschten Thäler des Harzes, wo ihre Wiege gestanden, sich ein Sommerheim zu bereiten. Möchte es ihr beschieden sein, dort sonnige Tage fröhlichen Wanderns und stiller Rast zu genießen, in denen sie sich zu neuem Schaffen und Wirken zu stärken vermag! In diesem Wunsche stimmen wir gewiß alle überein - Sie, mein liebes Fräulein, die zahlreichere Verehrer unserer lieben W. Heimburg und

Ihre ergebene  
M. v. Locella. 




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Das Historische Museum der Völkerschlacht bei Leipzig.

Von Max Hartung. Mit Illustrationen von A. Liebing.

Wenn man die alte Lindenstadt Leipzig, dem Schienenstrang der elektrischen Bahn folgend, nach Südosten zu verläßt, gelangt man auf eine weite Ebene. Hier verkündete Geschützdonner in den Oktobertagen des Jahres 1813 den Beginn der großen Völkerschlacht, die Europa von der französischen Fremdherrschaft befreite. Außer etlichen einfachen Gedenksteinen erinnert nur wenig noch an das blutige Drama, das sich hier auf dieser Riesenbühne abspielte. Die alten Coulissen, die Häuser und Mauern von damals, sind fast sämtlich erneuert worden oder stehen überhaupt nicht mehr. Aber dafür hat man schon lange sein Augenmerk all den Dingen zugewendet, die sich hinter diesen Coulissen und in den Versenkungen des großen Kriegstheaters, den Massengräbern in der kühlen Erde, vorfanden, und bewahrt sie nun pietätvoll als kleine Denkmäler großer Zeit auf.

Einem fleißigen Sammler ist es gelungen, vielerlei davon an sich zu bringen und mit anderen stummen und doch so beredten Zeugen aus jenen Tagen zu einem Museum zu vereinen. Gegenüber dem Napoleonsteine, welcher die Stelle bezeichnet, von der aus der bleiche Korse die denkwürdige Schlacht am 18. Oktober 1813 leitete, hat dicht an der Landstraße der Wirt des dort gelegenen Gasthauses, Herr Bertsch, sein „Historisches Museum der Völkerschlacht und Zeit Napoleons I.“ errichtet. Große Lettern auf Front- und Giebelseite des zweistöckigen Baues, der im Stile eines einfachen Landhauses gehalten ist, verkünden seine Bedeutung, hinter der friedlichen Außenseite desselben mit den grünen Jalousien würde man sonst kein Kriegsgerät, keine Schlachtendokumente vermuten.

In zehn zur Verfügung stehenden Räumen sind hier etwa 4500 Gegenstände untergebracht.

Wir betreten zuerst die Waffenkammer, deren Inhalt wohl am unmittelbarsten auf uns einwirkt. Waffen der verschiedensten Truppenteile von Freund und Feind bedecken die Wände, neben europäischen die der asiatischen Völker, welche im Gefolge Rußlands fochten, Tscherkessensäbel, Kosaken- und Kirgisenlanzen, und selbst der Bogen der Baschkire, jenes tatarischen Volksstammes vom Südural, fehlt nicht. Hier gekrümmte Mameluckensäbel der Napoleonischen Leibgarde, dort Degen mit der heraldische Biene am Griffe, mit der Napoleon nicht nur die Wappendecke des

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