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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

die Lücke, die schon auf 200 m Entfernung die Möglichkeit des erfolgreichen Torpedolancierens gewährt … blitzschnell schießt er heran, und triumphierend verkündet eine aufsteigende farbige Rakete dem Divisionskommandant „Angriff gelungen“. Der Befehlshaber dieses Panzers aber gedenkt mit beträchtlich verlängertem Gesicht dessen, was ihm bevorsteht bei der dem Manöver folgenden „Kritik“.

Schwarzwälderinnen aus Schönwald. (Zu dem Bilde S. 629) Ueber Triberg auf einem Hochplateau liegt 993 m über dem Meeresspiegel Schönwald, das den Besuchern des Schwarzwalds als Luftkurort und Sommerfrische bekannt ist. In diesem Orte wird noch zuweilen die malerische Tracht getragen, die unser Bild darstellt. Die schwarzseidene Haube hinten mit roten und grünen in Seide gestickten Blumen sowie mit Goldstickerei verziert, steht den frischen Gesichtern vortrefflich. An dem Mieder fällt die reiche Verwendung von Blumenverzierung auf. Dasselbe besteht zumeist aus schwarzem Sammet mit gepreßten Blumen in gleicher Farbe, während der Brustlatz aus violetter Seide mit schwarzen gepreßten Sammetblumen oder auch aus schwarzem Sammet mit Blumen in Silberstickerei verfertigt ist. Ein reich verzierter Halskragen, ein stark gefältelter Rock aus grünem oder schwarzem Tuch, eine Lüfterschürze, weiße Strümpfe und niedere Schuhe vervollständigen die schmucke Landestracht.

Das erste deutsche Lehrerheim. (Mit Abbildung.) In Schreiberhau, dem bekannten schlesischen Luftkurorte im Kreise Hirschberg, ist im Laufe dieses Sommers das erste deutsche Lehrerheim eröffnet worden. Die Schöpfung verfolgt den Zweck, minder bemittelten deutschen Lehrern eine Stätte der Erholung zu bieten. Das vom Baumeister Reich im Villenstil errichtete Haus liegt in dem schönsten Teile von Schreiberhau, im Marienthal. In dem Erdgeschoß befinden sich Küchen- und Restaurationsräume, im ersten und zweiten Stock liegen die Fremdenzimmer und im Dachgeschoß ist neben den Wohnungen für das Dienstpersonal ein Massenquartier für reisende Seminaristen eingerichtet. Die Ausstattung des Hauses ist einfach, aber geschmackvoll. Die Schöpfung wird sicher ihren Zweck erfüllen und eine Stätte der Erholung und Erquickung für die Lehrer und ihre Angehörigen werden. Hoffen wir, daß diesem ersten deutschen Lehrerheim bald andere in anderen deutschen Gauen folgen werden.

Das deutsche Lehrerheim in Schreiberhau.
Nach einer Aufnahme von A. Kohlstock in Schreiberhau.

Die Heimkehr des Geliebten. (Zu dem Bilde S. 632 und 633). In die sturmbewegte Zeit, um die Wende des vorigen Jahrhunderts, versetzt uns das stimmungsvolle Bild. Die Kriegsfurie tobte damals in Europa und zerriß rücksichtslos die innigsten Bande. Dem Trommelklang folgte der junge Mann und die Braut sah ihm mit wundem Herzen nach. Eine schmerzvolle Trennung war es, denn während man auf Wiedersehen hoffte, nahm man Abschied fürs Leben. Jahr und Tag vergingen in steter Sorge und Erwartung; der Friede wurde geschlossen, aber von ihm kam keine Nachricht … er kehrte nicht wieder … Kriegersbraut! Mit wie viel Schmerz und Leiden, mit welchem Bangen und Hoffen ist dieses Glück verbunden. Doch siehe, das Leben bringt auch glückselige Ueberraschungen! Unverhofft öffnet sich die Thür zu dem trauten Wohngemach und der Verschollene aber nimmer Vergessene tritt ein. Nur die selbst das Weh der Trennung gekostet haben, wissen, wie glückbringend der Augenblick erscheint, in dem man den Geliebten wiedersieht! *      

Die Undinen. (Zu unserer Kunstbeilage.) Scharen von Geistern belebten nach dem Glauben der heidnischen Völker die Natur. Unsere Vorfahren nannten sie Elfen oder Elben und suchten sich im allgemeinen durch das Wirken dieser Wesen die Naturgewalten zu erklären. Auch das Wasser war von derartigen Wesen in der Phantasie des Volkes bevölkert. In Seen und Flüssen hausten Wassermänner und Wasserjungfrauen, die oft in die Geschicke der Menschen eingriffen. Der männliche Nix entführte menschliche Jungfrauen und hielt sie in seinem Kristallpalast in Wassertiefen geborgen; die weiblichen Nixen lockten Jünglinge und Männer in ihre Netze. In der Regel hatte die untere Hälfte ihres Körpers die Gestalt eines Fischschwanzes oder einer Schlange, aber wenn sie wollten, konnten sie in ganz menschlicher Gestalt von berückender Schönheit erscheinen, nur, daß alsdann ein Zipfel ihres Kleides immer naß blieb. Die Nixen lebten auch eine Zeit lang als Frauen ihrer Geliebten unter den Menschen, oft aber brachten sie ihnen Verderben, indem sie dieselben zuletzt doch ins Wasser zogen. Zahlreiche Sagen beschreiben das geheimnisvolle Wirken der Nixen und die Dichtkunst hat gleichfalls seit alter Zeit diese Wesen besungen. Im Mittelalter hat man diese Naturgeister des alten Volksglaubens zu ordnen versucht, und Gelehrte jener Zeit, wie z. B. Paracelsus, teilten sie nach den vier damals bekannten Elementen in vier Abteilungen. Geister, die das Element des Feuers belebten, hießen Salamander, die der Luft Sylphen, Geister, die in der Erde wirkten, nannte man Gnomen, und die Wassergeister erhielten den Namen Undinen, von dem lateinischen Worte unda, Welle. An die Undinen knüpfen sich ähnliche Sagen wie die über das Wirken der Nixen. Nach der Ueberlieferung von Paracelsus sind sie seelenlose Wesen, die erst durch ihre Vermählung mit einem Erdgeborenen eine Seele erhalten. In der Poesie haben die Undinen erst im Laufe dieses Jahrhunderts Heimatsrecht erworben, und zwar seit der Dichter der romantischen Schule Fouqué sein Märchen „Undine“ gedichtet hat und seitdem zahlreiche Komponisten, am glücklichsten und erfolgreichsten Lortzing, dies Märchen auf die Bühne gebracht haben, ja, bis in die neueste Zeil spuken die „Undinen“ in verschiedener Gestalt auf den weltbedeutenden Brettern und auch Rauhtändelein, die Elfe in dem Drama Gerhardt Hauptmanns „Die versunkene Glocke“ gehört dieser Sippschaft der Wasserjungfern an, wenngleich sie etwas anders geartet ist als die liebliche Undine Fouqués. Daß auch die Malerei sich diesen Sagenstoff nicht entgehen ließ, beweist unser Bild, welches mit seinen anmutigen Undinen, die sich dem schlummernden Ritter nähern, an die Verse in Heinrich Heines bekannter Romanze „Die Nixen“ erinnert:

„Am einsamen Strande plätschert die Flut,
Der Mond ist aufgegangen,
Auf weißer Düne der Ritter ruht,
Von bunten Träumen befangen.

Die schönen Nixen im Schleiergewand
Entsteigen der Meerestiefe,
Sie nahen sich dem jungen Fant,
Sie glauben wahrhaftig, er schliefe.

Der Maler hat es verstanden, die Poesie der Situation in äußerst anmutiger Weise darzustellen. Das Bild atmet den ewigen Zauber der stillen Wasserlandschaft, aus deren verborgenen Tiefen wie wallende Nebel die Märchengestalten emporsteigen. †      


manicula      Hierzu Kunstbeilage XX: „Die Undinen.“ Von M. Rieder.

Inhalt: [ Inhalt der Wochen-Nr. 38/1897 ]



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Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. 

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Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 644. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_644.jpg&oldid=- (Version vom 8.7.2023)