Seite:Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 2 Bd. 35 (1891) 09.jpg

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war, fehlte es nicht an schlechten Menschen, die unter ihnen Zwietracht zu säen sich bemühten. Getäuscht durch ihre Schmeicheleien wandte das Herz des Kaisers von seiner Mutter sich ab. Wollten wir aufzeichnen, wie viel und wie schweres sie zu jener Zeit erduldet, so könnte es scheinen, wir träten dem Glanz eines so hohen Geschlechtes zu nahe; denn unsere Feder darf nicht berühren, was demüthige Genugthuung alsbald beschwichtigte. Voll Liebe zu ihrem Sohne, aber nicht im Stande die Urheber der Zwietracht zu ertragen, gab sie nach der Vorschrift des Apostels[1] dem Zorne auf eine Weile Raum, und beschloß, in ihr väterliches Reich sich zu begeben. 978 Dort wurde sie von ihrem Bruder, dem König Chuonrad, und seiner edlen Gemahlin Mahtilde[2], freundlich und ehrenvoll empfangen. Es trauerte wegen ihrer Abwesenheit Germanien, es frohlockte ob ihrer Ankunft ganz Burgund, es jauchzte Lugdunus[3], die hochberühmte Stadt, die Mutter einst und Pflegerin der Philosophie, und Vienna, der edle Königssitz.

9807. Nach dieser Zeit schickte aber Kaiser Otto, von Reue ergriffen, eine Gesandtschaft an seinen königlichen Oheim und den Vater Majolus[4], heiligen Angedenkens, und ersuchte sie mit dringendster Eile inständig zu vermitteln, daß er die Gunst seiner Mutter, die er durch eigene schwere Schuld verloren hatte, wieder erwerben könnte. Wiederholt bat und flehte er, daß sie so schnell als möglich mit seiner kaiserlichen Mutter in Papia ihm entgegenkommen möchten. Auf den Rath so gewichtiger Männer traf denn zu Papia die Mutter mit dem Sohne zur festgesetzten Zeit zusammen[5]. Dec.Als sie nun gegenseitig sich erblickten, warfen sie seufzend und weinend mit ganzem


  1. Römer 12, 19.
  2. Tochter Königs Ludwig IV von Frankreich.
  3. Lyon
  4. Abt von Cluny.
  5. Otto verweilte den 5. Dez. 980 in Pavia. Daß er 981 das Osterfest mit Mutter und Gemahlin zu Rom gefeiert habe, meldet der Chronographus Saxo aus einer alten halberstädtischen Quelle.