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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

den Lustschlössern (Sitos Realos) aus, Landparthieen machte, wich er stets von der strengen Etikette ab und lebte mit seiner Umgebung. Kammerherren und Kammerdiener speisten dann mit dein Könige. — Einst begleitete der Prinz Maximilian von Sachsen seinen königlichen Schwiegersohn. Als man sich zu Tische setzte, frug Ferdinand VII. den Prinzen, warum sein Kammerdiener nicht komme, und alles Sträubens ungeachtet mußte der sächsische Diener des Prinzen erscheinen und an der königlichen Tafel Platz nehmen, zur großen Verlegenheit Beider."-- "Der König bewohnte den zweiten Stock des Pfarrhauses; zwei kleine Zimmer bildeten sein ganzes Appartement; vor der äußeren Thüre hielten zwei Garde du Corps. Die dienstthuenden Kammerherren, Adjutant und Kammerdiener, befanden sich auf Treppe und Flur. Don Jose de Villavicencio, Sohn des Marquis de Alcàntara, der Liebling und treueste Diener des Königs, war im Dienst als Kammerherr. Er ist eine jener immer seltener werdenden Erscheinungen mit gänzlicher Selbstverläugnung, seinem Herrn im Glück und Unglück folgend. Er hat nie begriffen, daß der König ihn für seine Aufopferungen je zu belohnen hätte. Nach spanischer Etiquette öffnete ich leise die Thüre des königlichen Cabinets und rief: "Sire!" indem ich meinen Namen hinzusetzte. So stand ich denn das erste Mal vor König Carl V. Ich war so ergriffen als ich mich vor dem unglücklichen Monarchen befand, der seinem großen Ahn Pelapo gleich, mit dem Degen in der Faust sein Reich wieder zu erorbern gekommen, daß ich kaum ein Wort hervorzubringen im Stande war. Der König redete mich sehr gnädig an und sprach vom gestrigen Tage, vom zweiten Bataillon von Guipuzcoa und von allen seinen braven Vertheidigern, die, setzte er traurig hinzu, er nicht zu bezahlen und nicht zu belohnen im Stande sei. Ich kann nicht sagen, wie jedes dieser königlichen Worte mich erschütterte. Carl's V. Gestalt ist weder schön noch imposant, doch kam er mir in diesem ärmlichen Pfarrhause, in der einfachsten Kleidung, so groß und würdevoll vor, wie kein Monarch der Erde im vollsten Glänze majestätischer Herrlichkeit. Ich gelobte mir selbst, mehr als ich durch Worte auszudrücken im Stande war, in freudigen und traurigen Tagen ihn nicht zu verlassen und alles Ungemach mit ihm redlich zu theilen." ---

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/132&oldid=- (Version vom 31.7.2018)