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Die Guerezas sind in der Tat weichliche, weibische Tiere. Der Hamadryas kann einem Menschen hart zusetzen, ein Guereza bleibt immer so, wie ihn sein weißer Pelzkragen schon äußerlich erscheinen läßt: Ein Affe ohne die Wildheit der Mantelpaviane, ein verzärteltes Geschöpf.

Vincent ritt voran. Er war hier der Ortskundige, er kannte jede Schlucht, jedes Plateau, er hatte all diese Vorberge, Hochsteppen und Täler und Urwaldstreifen und Sümpfe geduldig durchsucht … Und doch hatte ihn vor Wochen nur ein Zufall die sagenhafte Höhle finden lassen.

Es war kein Vergnügungsritt, es war ein Klettern und Stolpern und Horchen und Emporäugen, eine dauernde Nervenanspannung, ein dauerndes Rechnen mit ungeahnten Zwischenfällen.

Vincent Turst trank mehr Honigschnaps, als ich ihm bewilligt hatte. Er wollte nicht schlapp werden, wir mußten vor Sonnenaufgang den Punkt erreichen, den er jenseits der Höhle als Tagesversteck für uns ausersehen hatte.

Wir wateten in gurgelnden Bächen entlang, wir führten die Tiere Steilhänge empor, wir verbanden ihnen die Augen, wenn wir schmale Grate über finsteren Abgründen entlangtasteten. Wir mußten einen weiten Bogen nach Norden machen, von Norden her nur konnten wir dem Ziel uns nähern, im Süden, Osten, Westen hatte Lylian Garden überall ihre Wachen postiert.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Die Herrin der Unterwelt. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Herrin_der_Unterwelt.pdf/101&oldid=- (Version vom 31.7.2018)