Seite:Die Kirche und Die Juden.djvu/54

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hellleuchtender, unumstößlicher Beweis dafür, daß beide Religionen, die Religion des auserwählten Volkes im Alten Bunde und die Religion des auserwählten Volkes im Neuen Bunde, die jüdische und die katholische Religion göttlichen Ursprunges, alle übrigen Religionen oder religiösen Bekenntnisse nur eitel Menschenwerk sind. Zur näheren Beleuchtung dieser Behauptung, und um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen, muß ich mir gestatten, noch einige Bemerkungen beizufügen.

Man kann häufig hören oder lesen, wie den Juden der Vorwurf gemacht wird, daß sie mit Hartnäckigkeit ihre Nationalität festhalten und nicht aufgehen wollen in den Völkern, in deren Ländern sie sich angesiedelt haben; es wird ihnen gewissermaßen verargt, daß sie nicht wie die Meder, Assyrier und andere berühmte Völker des Altertums, mit denen ihre Väter einst verkehrten, in die ewige Ruhe eingegangen und gänzlich verschwunden sind. In der That sind die Juden der Gegenwart die getreuen Abbilder ihrer Ahnen in der Vergangenheit, und wenn man die ägyptischen Denkmäler sieht, auf denen Vertreter verschiedener Nationalitäten abgebildet sind, erkennt man sofort die Juden und hält sich manchmal versucht, zu glauben, es sei eine jüdische Persönlichkeit aus der Gegenwart, die man schon öfter zu sehen Gelegenheit hatte, auf dem Bilde dargestellt. Und wie im Äußeren sind auch innerlich die Juden im allgemeinen sich gleich geblieben, sie haben noch dieselben Vorzüge und Mängel, dieselben guten und schlimmen Eigenschaften, durch welche ihre Vorfahren schon vor Jahrtausenden sich Lob verdient oder Tadel zugezogen haben. Und so werden sie wohl auch bleiben bis zu jenen glückseligen Tagen, in welchen sie erkennen werden, daß der Messias, den ihre heiligen Bücher so klar bezeichnen, bereits gekommen ist, worauf die Überbleibsel des Volkes Israel in die Kirche Jesu Christi eintreten werden. Dann wird aber auch das Ende aller Zeit gekommen sein. „Viele Tage,“ sagt der Prophet Osee, „werden die Söhne Israels bleiben ohne König, ohne Fürsten, ohne Opfer, ohne Altar, ohne Ephod (priesterlichen Schmuck oder Orakel). Und danach werden die Söhne Israels sich bekehren und den Herrn, ihren Gott, und David, ihren König (den Messias) suchen; und werden sich in Furcht dem Herrn und seinen Gütern nahen in der letzten Zeit.“ (Ose. 3, 4. 5.) Und der Prophet Isaias sagt: „Die Überbleibsel werden sich bekehren, ja, die Überbleibsel Jakobs zu dem starken Gott.“ (Is. 10, 21.) Der heilige Apostel Paulus wiederholt diese Weissagung in seinem Briefe an die Römer, indem er schreibt: „Ich will euch, Brüder, über dieses Geheimnis nicht in Unwissenheit lassen, daß die Blindheit eines Teiles von Israel dauert, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist.“ (Rom. 11, 25.) Bis dorthin werden aber die Juden noch manche schwere Verfolgung ausstehen müssen. Man wird sich Mühe geben, sie zu vernichten, weil man das Reich desjenigen zerstören will, auf welchen die von den Juden mit ängstlicher Sorgfalt gehüteten heiligen Bücher hinweisen, und um die Verheißungen, die den Katholiken zum Troste, den Juden zur Strafe gegeben worden sind, daß die Kirche Jesu Christi und die Juden bis zum Ende der Tage bleiben werden, als Lügenprophezeiungen zu erweisen.

Dabei dürfen die Juden aber auch nicht vergessen, daß die Verfolgungen,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/54&oldid=- (Version vom 31.7.2018)