solche und zahlreiche andere Erdichtungen wütet man gegen sie, ohne Anklage, ohne Geständnis, ohne Beweise.“ … In einer anderen Bulle vom 25. September 1253 spricht derselbe Papst: „Da sie (die Juden) um unsere Verteidigung und Hilfe und um die Milde der christlichen Liebe bitten, verfügen wir, in die Fußstapfen unserer Vorgänger seligen Andenkens, der Päpste Calixt, Eugen, Alexander, Clemens, Cölestin, Innocenz, Honorius und Gregor eintretend … um der Schlechtigkeit und Habgier böser Menschen zu begegnen, daß niemand sie beschuldige, daß sie bei ihrem Ritus Menschenblut gebrauchen, weil ihnen ja im Alten Testamente vorgeschrieben ist, sich – von Menschenblut ganz zu schweigen – jeglichen Blutes zu enthalten.
Im vorigen Jahrhundert brachen auf Grund von Anklagen wegen Blutmordes Judenverfolgungen in Polen aus. Die Verfolgten wandten sich auch damals, wie in früheren Jahrhunderten um Hilfe an den Papst. Der damalige Papst Benedikt XIV. beauftragte den Kardinal Ganganelli, ein Gutachten über die Beschuldigung der Juden wegen Blutmordes auszuarbeiten. Der Kardinal kam diesem Auftrage nach, untersuchte die einzelnen Fälle von Blutbeschuldigungen an der Hand der Geschichte und der vorhandenen Akten, und seine Arbeit, die er dem Kardinalkollegium vorlegte, fand dessen Zustimmung. Zu welchem Ergebnisse der Verfasser dieser Arbeit auch trotz des Falles von Trient und der Thatsache, daß von Juden ermordete Christenknaben als Heilige verehrt werden, gelangt ist, zeigt das Begleitschreiben, mit welchem das Gutachten unter dem Papste Clemens XIII. von dem päpstlichen Nuntius Bisconti zu Warschau dem Ministerpräsidenten Grafen von Brühl übergeben wurde. In diesem Schreiben heißt es: „Der heilige Vater wünscht, daß alle sehen, wie der heilige Stuhl neuerdings alle Beweise geprüft hat, auf welche die Meinung sich stützt, als wenn die Juden zu ihren ungesäuerten Broten Menschenblut gebrauchten, und daß sie deshalb des Mordes von Christenkindern sich schuldig machten. Hierbei hat sich gezeigt, daß es keine ausreichend klaren Beweise giebt, um das Vorurteil zu begründen, welches man gegen sie gehegt hat und noch hegt, um daran festzuhalten, daß sie derartiger Verbrechen sich schuldig machen.“
Wie angesichts solcher Aussprüche des Apostolischen Stuhles eine katholische Zeitung für den Wahnglauben des Blutmordes der Juden eintreten mag, ist mir unerfindlich.
In der „Judendebatte“ des preußischen Abgeordnetenhauses am 19. März wurde auch eine Schrift erwähnt, die ein im Jahre 1796 zur griechisch-katholischen Kirche übergetretener Rabbiner verfaßt haben soll. Die Schrift betitelt sich: „Der Niedergang der israelitischen Religion“. Unter vielem, ungeheuerlichen Unsinn wird den Juden auch der Ritualmord vorgeworfen. Und welche Beweise bringt der angebliche Exrabbiner für diese Beschuldigung vor? Er sagt: „Ich habe Geheimnisse der Juden … veröffentlicht, die sich in keinem ihrer Bücher finden; in Wahrheit, dieser Brauch, Christen zu töten und ihr Blut aufzufangen, steht in keinem ihrer Bücher. Die Väter und die Rabbiner teilen mündlich und traditionell die Vorschrift ihren Kindern mit…“ Zur näheren Erklärung will ich noch beifügen, was mir vor kurzem eine Frauensperson allen Ernstes versicherte, daß die
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/73&oldid=- (Version vom 31.7.2018)