Seite:Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige (Rezension).pdf/10

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

schon die Abbildung die begründete Vermutung, dass es sich nicht um ein echtes Siegel handeln könne (man vgl. z. B. nur das Ɛ in FRIDƐRICVS und die schlechte Arbeit im allgemeinen), so stimmt überdies die Sache mit B.-F. 1599 nicht. Wie ich ebenfalls durch Autopsie feststellen konnte, entspricht dieses Fragment weder in den Massen[1] noch in den Einzelheiten der Darstellung, vor allem aber nicht in der Legende diesem Bilde. Ist auf Taf. 29, 2 wie auf dem echten Siegel DI GR̅A IMPƐRATOR zu lesen, so steht hier zweifellos deutlich DEI GRA IPƐRATOR; damit aber ist die Unvereinbarkeit erwiesen, und Philippis Annahme, dass das Siegel von B.-F. 1599 eine Fälschung nach dem echten Siegel (Taf. 29, 1) sei, bestätigt sich, während die Dresdener angebliche Variante bei dem Mangel aller Beglaubigung in Verbindung mit den übrigen Bedenken weiterhin keinen Anspruch darauf erheben kann, für echt gehalten zu werden.

Ganz zweifellos falsch ist aber schliesslich auch der zuerst von Winkelmann, Mitteil. des Oesterr. Instituts XV, 485 ff. beschriebene und abgebildete Siegelstempel, der Ende 1893 im Antiquitätenhandel in Italien auftauchte, um alsbald in der Sammlung eines glücklichen Käufers wieder zu verschwinden. Die annähernd mit dem echten Typus (Posse Taf. 29, 4) übereinstimmende Grösse (s. oben S. 249, N. 1) und Darstellung lässt gerade wieder in den Abweichungen die Fälschung deutlich erkennen, wenn auch Winkelmann die Echtheit für möglich hielt. Missverstanden ist die Darstellung des Thrones und die Form der Krone, der die regelmässig auftretenden seitlichen Anhänger fehlen, und ganz verdorben ist die Kleidung. Da Winkelmanns Abbildung aber auf einem Abdruck des angeblichen Originalstempels, nicht etwa einer schlechten Zeichnung danach beruht, so wird man die Fehlerhaftigkeit auch tatsächlich dem Stempel zuschreiben müssen, ebenso wie das schon von ihm vermerkte Versehen in der Legende, das aber nicht, wie er meint, auch auf einem echten Stempel vorkommen könne, sondern hier auf einer falschen Beobachtung an einem nicht gut erhaltenen echten Siegelabdruck beruht. Der Stempelschneider erkannte nicht die z. T. ligierten Buchstaben, die die Worte ‘imperator et semper’ bilden,


  1. Allerdings scheint mir fraglich, ob hier (Taf. 29, 2) die Abbildung nicht um 2–3 mm zu gross geraten ist, wie das vermutlich auch mit dem Bilde Taf. 29, 3 der Fall ist, das auf das gleiche Typar zurückgehen soll wie Taf. 29, 1.
Empfohlene Zitierweise:
Hans Wibel: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige (Rezension). Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1910, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Siegel_der_deutschen_Kaiser_und_K%C3%B6nige_(Rezension).pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)