Auch fehlt’s an den tollsten Gelüsten ihm nicht:
„Koch, schlachte mir heut’ einen Knaben,
Und setz’ ihn gebraten mir vor als Gericht!
Auf menschliches Fleisch war ich längst schon erpicht,
Schon sitzt er bei Tafel; da plötzlich erfaßt
Ihn Eckel und Todesentsetzen;
Umstößt er die Tische, mit rasender Hast
Durchrennt er die Hallen im öden Palast,
Bald sinkt er gebrochen auf’s Lager dahin,
Ihm naht sich die tödtliche Hippe;
Doch wendet er nimmer zur Reue den Sinn,
Er träumt noch und stammelt von neuem Gewinn,
Die Flüche des Volkes nur donnern ihm nach
In’s Grab, und es jubelt die Runde;
Doch schrecklich zu büßen, für was er verbrach,
Bannt Gott ihn hinab in ein Felsengemach
Dort sitzt der Tyrann bis zum jüngsten Gericht,
Mit versteinerter, irdischer Hülle;
Des Innern Gier nur versieget ihm nicht,
Denn rings im Gewölbe mit blendendem Licht
Alljährlich nur Einmal der Herzog erwacht
Aus seinem granitenen Schlafe;
Da lockt ihn der Schätze unendliche Pracht,
Da vergißt er des Bannes erstarrender Macht
Heinrich Schreiber: Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau. Franz Xaver Wrangler, Freiburg 1867, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Volkssagen_der_Stadt_Freiburg_im_Breisgau.djvu/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)