Seite:Die deutsche Art in Luther 07.png

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spricht. Er setzt sich wohl einen Tag lang ans Elstertor, damit er Johannes 4 recht deute, sucht die Juden in ihrer Schule, den Goldschmied in seiner Werkstätte, den Metzger in seinem Laden auf, damit sie Volkswörter ihm geben, die man auf der Gasse wohl verstehe, er sucht wochenlang nach einem deutschen Ausdruck für das ihm unanwendbare Wort „Person“, möchte das griechische Wörtlein „Kirche“ nicht in Deutschland haben und freut sich, daß Gott, aller Güte Fülle, von gut herkomme. Wie freut es ihn, in dem engelischen Gruß „Holdselige liebe Maria“ sagen zu können und welche Erquickung war’s ihm, als das ohne seinen Namen ausgegangene Neue Testament alsbald aufgekauft wurde, „weil nie kein Mensch so geredet habe, wie dieser Mensch.“ Schleiermacher sagt einmal, es gebe eine doppelte Art zu übersetzen, entweder der Schriftsteller neige sich zur Sprache, in die er übersetzt werden solle, oder diese passe ihm sich an. Luther hat in der königlichen Freiheit des Christenmenschen vielleicht nicht immer korrekt nach dem Wortlaute, aber immer tiefsinnig und innig nach dem Geist übersetzt und die hl. Schrift der deutschen Sprache dienstbar gemacht. Weil er seinem Volke dienen wollte, darum war er der Herr aller Dinge. Was er redete, dem jauchzte das Volk zu und wie er redete, so sprach die Mutter zum Kinde, der gemeine Mann auf dem Markte, der Gelehrte auf dem Katheder, der Prediger auf der Kanzel. „Vordem verstand ein Bayer den andern nicht und Ober- und Niederdeutsche waren einander herzlich feind“, jetzt schlingt das Gotteswort, wie es nach seinem Inhalt die Geister eint, nach seiner verklärten Außenseite das Bruderband um die deutschen Volksstämme, seine Gegner müssen denken mit seinen Gedanken und reden mit seinen Worten. Wie eine göttliche Ironie nimmt es sich aus, daß der Herzog Georg von Sachsen sagen mußte, „der Mönch hätte die Bibel voll übersetzen müssen und dann gehen“, und der Schrift Luthers „ob ein Kriegsmann in seligem Stande sterben könne,“ das Zeugnis auszustellen genötigt war, „es sei ein herrliches und liebliches Buch.“

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 Wie er die Bibel deutsch reden hieß, sodaß all unsere

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Hermann von Bezzel: Die deutsche Art in Luther. ohne Verlag, 1910, Seite 07. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutsche_Art_in_Luther_07.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)