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Verschiedene: Die zehnte Muse


Ja, selbst bei deinem Nekrolog
Wird oft sein Neid nach rege.
Das unheimliche Wesen heisst –
Recht treuherzig: Kollege.

Maximilian Bern.





Der alte Streber an seinen Sohn.

Was bürgt dem Menschen das Gedeih’n
Im Steeplechase des Lebens?
Das ist die edle Kunst allein
Des »unentwegten« Strebens.

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(Natürlich nach realem Ziel;

Das andre gilt wie Pappenstiel
Im Süden wie im Norden
Dem edlen Streberorden!)

Ob du bezopfter Mandarin.

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Ob preussischer Assessor,

Ob du ein Glied in Russlands »Tschin«,
Ob deutscher Kunstprofessor: –
In jedem Stand und jedem Reich
Bleibt das Recept probat und gleich,

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Mein Sohn, um hier auf Erden

Geehrt und satt zu werden.

Vor allem sei dein Rückgrat nicht
Gleich Lineal und Tischbein!
Geschmeidigkeit ist erste Pflicht;

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Vom Kautschuk drum und Fischbein

Zu biegen und zu beugen lern’
Dich vor den vorgesetzten Herr’n,
Nicht minder vor den »Massen«,
Willst du dich wählen lassen.

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Bedenke stets, wer du auch seist:

Gar leicht scheint zu gescheit man,
Wenn man verrät zu vielen Geist,
Drum kommt damit nicht weit man.
Denn besser als das klügste Wort

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Hilft oft die dümmste Phrase fort,

Was schliesslich sehr erklärlich; –
Ein – Lamm scheint nie gefährlich.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/200&oldid=- (Version vom 31.7.2018)