Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/347

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die zehnte Muse

     Als ihr Geburtstag sich gejährt,

20
Da kam sie fromm, in sich gekehrt,

Zur Frühmess’ ohne Zieren,
Da macht’ der Turm der schönen Cenz
Die allertiefste Reverenz,
Um ihr zu gratulieren

25
     O weh! o weh! Das war zu tief!

Der alte Herr blieb krumm und schief
Vor allzuviel Ekstase!
Nun harrt er einer reinen Maid,
Die zieht ihn nach der andern Seit’,

30
Sonst fällt er auf die Nase.


          Wohl kommt so manches Mägdelein
Und scheint gar fromm und tugendrein,
Und doch – – und doch – – wie schade,
Es muss halt doch ein Häklein han,

35
Der schiefe Kirchturm von Terlan

Wird nimmermehr gerade!


Albrecht Graf Wickenburg.




’s Dirndl.
(In oberbayrischer Mundart.)

Drob’n auf der Alm, da hockt a Herr,
Der kimmt schier bis von Preussen her,
Ausländ’risch schaugt er si’ scho’ recht.
Deutsch kann er a bisl’, aber schlecht.

5
     »Nu, liebe Frau, möcht’ ich mir laben,

Kann ich ein Töpfchen Milch wohl haben?«
»Recht gern,« sagt d’ Sennd’rin, »wenn i’s hätt’,
Aber koa Frau, dös bin i net.«

     »I, ist an Milch hier solche Not?

10
Dann, Fräulein, jiebt’s wohl Butterbrot?«

»Recht gern,« sagt’s, »wenn i nur oans hätt’,
Aber koa Fräul’n bin i net.«

     »Na, Jungfrau, sei’n Sie nur nicht böse,
Denn jiebt’s doch wohl ’n Stückchen Käse?«

15
»Recht gern,« sagt’s, »wenn i nur oan hätt’,

Aber’ koa Jungfrau bin i net.«

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/347&oldid=- (Version vom 31.7.2018)