Verschiedene: Die zehnte Muse | |
|
„Nun sind uns die holdesten Stunden gebracht,
Die Stunden der Liebesvigilien:
Wir lachen des Daseins schauriger Nacht,
Wenn die Fackel der Liebe feurig entfacht!“
Und des Jünglings Herz ward flammend durchloht,
Er fühlte eine Welt in sich pochen;
Seine Liebe ward stark wie der grimmige Tod;
Die Knospen und Blüten so voll und so rot,
Er hat sie gebrochen, dann sind sie verblüht,
Die Rosen, Lilien, Nelken …
O Liebe, wo nur dein Atem glüht,
Da müssen, gleich wie vor dem sengenden Süd,
Hochzeit.
Es pfeift’s ja schon die ganze Welt,
Ich hör’s ja schon in Flur und Feld
Am Weg die Grillen geigen,
Die können’s nicht verschweigen,
„Ein Mädel ist ohn’ Strümpf’ und Schuh’
Durch roten Klee gegangen,
Trug weder Hut noch Spangen!“
Schatz, morgen sollen’s die Menschen wissen,
Dann folgt der grosse Familienkrach,
Dann wird die heil’ge Entrüstung wach.
Lass du nur ruhig das Ponny grasen,
Ich tröste inzwischen Vettern und Basen,
Schirr an und sei mir nicht zu müd’,
Dann wollen wir ohne Händefalten
Die lustigste Lumpenhochzeit halten.
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)