Seite:Dillenius Weinsberg 017.png

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gegen die Wahrheit dieser preiswürdigen That gesagt habe, so beruft er sich auf vier Zeugen, wovon aber die zwei mittleren zwar die Belagerung von Weinsberg erzählen, die That seiner Weiber hingegen mit keinem Worte berühren, und der vierte, in’s 17. Jahrhundert fallende, sichtlich aus dem ersten – der obengedachten Pantaleon’schen Chronik – geschöpft hat.

Immerhin ist und bleibt auffallend, daß ein berühmter Zeitgenosse, Otto von Freisingen, der eigentliche Historiograph seiner Zeit, dessen Chronik nur 6 Jahre nach dieser Begebenheit schließt, den Krieg des Gibellinen mit dem Welfen zwar ausführlich erzählt und auch der Belagerung Weinsbergs gedenkt, aber über die That der Weiber ein ebenso tiefes Stillschweigen beobachtet, wie alle übrigen Geschichtsbücher jener Zeit. Gewiß hätte auch die Kaiserchronik, gedichtet um 1146, Veranlassung gehabt, der Treue des Kaisers im Worthalten zu gedenken und Mehr zu sagen als: „Winesberc man dô gab. Welf was dô vehtenes sat“ (war des Fechtens satt).

Wie wenig genau im Einzelnen übrigens die Chroniken der damaligen Zeit waren, zeigt die lüneburg’sche (repgauische) Chronik, welche von den Welf’schen „ir Vile imme Nikkere (Neckar) ertrinken läßt, dar de strîd bî was“ – während der Neckar über anderthalb Stunden vom Schlachtfeld – jenseits der belagerten Stadt Weinsberg – entfernt war.

Unser Privilegienbuch von 1468 hat seine oben sub a) und b) gegebene Notizen jedenfalls nicht aus der, nach Schwab’s Schwaben S. 38. „mit Livianischer Beredtsamkeit ausgeschmückten“ Geschichte des Verfassers der Bojischen Annalen, des gelehrten Adlzreiter geschöpft, da diese erst in’s 17. Jahrhundert (um 1662) fällt, und die Sage von der Weibertreue ist also nicht, wie unser lieber Schwab vermuthet, erst aus Adlzreiters Erzählung in den Mund des Volks und aus ihm in den Mund des Dichters gekommen.

Datirt doch des Weinsberger Dichters Nichthonius Poësie vom Jahr 1514 (s. unt. Anhang), also fast 1½ Jahrhundert früher als Adlzreiter. Die Worte: „worauff die Weibertrew fürgeloffen“ weisen auf eine schon damals (J. 1468) allbekannte Sage; und wenn der Verf. des Privilegienbuches die irrthümlichen Angaben in b) berichtiget, so beweist dieses, daß man schon damals nicht auf Sagen, sondern auf die Quellen (aber welche?) zurückging.

Irrig ist übrigens auch das in c) und von Anderen Berichtete, daß Welff früher, vor der Schlacht von Ellhofen bei Neresheim geschlagen worden seie. Diese Schlacht zwischen Flochberg und Neresheim geschah erst nach der Heimkunft Conrad’s und Welf’s aus Palästina, wo Welff einen neuen Kampf gegen das Hohenstaufische Haus begann und am 8. Februar 1150 vom Sohne des in Speyer krank darnieder liegenden Conrad III., dem römischen König Heinrich auf’s Haupt geschlagen wurde.

Für die Wahrheit der Geschichte vgl. Memminger, Jahrbücher 3. u. 4. Jahrg. 1821. S. 275. Auch der Historiker Pfister ist für die Geschichte. Wie übrigens einst 7 Städte sich um die Ehre stritten, Homer’s Geburtsort zu sein, so wird nach Hrn. Dr. W. Menzel’s gef. Mittheilung diese That der Weibertreue urkundlich nicht weniger als 22 deutschen Burgen vindicirt. Und zwar wiederholt sich diese Sage bei folgenden Burgen: Burg Ahrens bei Minden (Steinau, Volkssagen, S. 249). Algenau im Spessart (v. Herrlein, Sagen des Spessart, S. 77). Altenburg (Hub, Balladen, 2. Aufl. S. 62). Blumenfeld im Hegau (Schnezler, bad. Sag. I. 108). Brüssel (Wolff, niederländ. Sag. S. 543). Cantrek (Temme, Volkss. aus Pommern.