Seite:Dillenius Weinsberg 113.png

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wurde, in die Spieße der Bauern, war Hans, ein Knecht des Konrad Schenk von Winterstetten. Er wurde sogleich niedergestochen. Der Zweite, an den die Reihe kam, war sein Herr.

Der Dritte, der zum Eintritt in die Gasse commandirt wurde, war Graf Ludwig von Helfenstein. Jakob Leutz, ein zu Rom geweihter Priester, bei dem Ausbruch des Aufstandes Pfarrverweser zu Winzenhofen, jetzt Feldschreiber der Bauern, hörte ihn beichten und empfing von ihm seinen Rosenkranz, den er fortan selbst am Arme trug *)[1]. Urban Metzger von Waldbach und Claus Schmids Sohn von Rappach führten den Grafen in ihrer Mitte heraus an die Gasse. Es sollte ihm doppelt bitter werden. Melchior Nonnenmacher, ein Pfeifer von Ilsfeld, der die Zinke blies, war früher in seiner Gunst gestanden und mehrtheils zur Tafelmusik bei ihm zu Tisch gesessen **)[2]. Diesen aus seinem Dienst entlassenen Nonnenmacher sah der Graf jetzt vor sich auf seinem letzten Gang. Der trat vor ihn, wie sie ihn daher führten, nahm ihm Hut und Feder vom Kopf mit den Worten: „das hast Du nun lange genug gehabt; ich will auch einmal ein Graf sein,“ und setzte ihn sich selbst auf. Und weiter sagte er: „habe ich Dir lange genug zu Tanz und Tafel gepfiffen, so will ich Dir jetzt erst den rechten Tanz pfeifen.“ Damit schritt er vor ihm her und blies lustig die Zinke bis an die Gasse. Urban Mezger von Waldbach stieß ihn gegen die Spieße. Beim dritten Schritte schon stürzte der Graf unter vielen auf ihn hineinstechenden Spießen zu Boden.

Ihm folgte sein Knappe Pleyberger und sein Hausnarr ***)[3]; dann nach einander kamen die Ritter daran, und wie Einer in die Gasse trat, hörte man Zurufe wie: „Du bist mir über den Saamen geritten; Du hast mir das Schwerdt über den Kopf geschlagen; Du hast mir dieß und das gethan.“ Die jungen Reiterknaben wurden mit Spießen in die Höhe gehoben und so ermordet.

Noch der Leichnam des gefallenen Grafen wurde verhöhnt und mißhandelt. Melchior Nonnenmacher nahm das Schmalz von ihm und schmierte seinen Spieß damit †)[4]. Die schwarze Hofmännin stach mit ihrem Messer in seinen Bauch und schmierte sich mit dem herauslaufenden Fette die Schuhe. Man sah Einen, der Haut und Haar eines Ermordeten auf einem Spieß herumtrug.

Andreas Remy von Zimmern steckte die Helmfedern des Grafen auf seinen Hut; Jäcklein Rohrbach legte den Koller und die damastene Schauppen des Grafen sich selbst an, trat damit vor die unglückliche Gräfin und sprach: „Frau, wie gefall’ ich Euch jetzt, in der damastenen Schauppe?“ Die Gräfin vergieng vor Schrecken und Betrübniß, als sie den Mörder ihres trauten Herrn in dessen Waffenkleidung vor sich sah ††)[5]. Den Panzer legte Jäcklein wieder ab und schenkte ihn an Hans Seckler von Neuenstein. Rohe raubgierige Hände nahmen der Gräfin ihr Geschmeide und ihre Kleider und zerfetzten ihr noch den Rock, den sie am Leibe hatte. Hierauf setzte man sie auf einen Mistwagen mit ihrem Kind und ihrem Frauenzimmer und schickte sie nach Heilbronn. Spottend riefen sie zu ihr hinauf: „in einem goldenen Wagen bist Du nach Weinsberg eingefahren; in einem Mistwagen fährst Du hinaus“. Sie aber dachte der eben verflossenen Leidenswoche des Herrn und sprach: „ich habe viele Sünden. Christus mein Herr ist auch am Palmtag unter dem Jubel des Volks


  1. *) Wurde in Neckarsulm gefangen und enthauptet. Z. III. S. 829. 29. Mai.
  2. **) Seidler Handschr.
  3. ***) Hofmann Handschr.
  4. †) Seidler Handschr.
  5. ††) Hans Lutz Handschr.