Seite:Dillenius Weinsberg 119.png

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eingezogen, die Zwingelmauern niedergeworfen, auch die Porten, Thurm und Stadtmauer gegen den Porten gänzlich zerrissen und sonst in die rechte Stadtmauer an den Orten, wo die Häuser nit darauf gebaut, große Löcher gebrochen und in Ewigkeit nit mehr erbauet noch gemacht werden. Doch sollen zu dem obgemeldten Abbrechen die Einwohner des Amts Weinsberg mit Frohnfuhren und dergleichen Dienstbarkeit behelfen und solicher Sachen helfen zu vollziehen verbunden sein. Es soll auch kein Rath mehr, sondern allein ein bürgerlich Gericht durch die Einwohner von Weinsberg gehalten und was sich peinliche Sachen hier zutragen und begeben, nit zu Weinsberg, sondern anderer Orten, dahin die Regierung sie bescheiden, gerechtfertiget werden. Da sich aber einige bürgerliche Sachen in Weinsberg verloffen, sollen dieselbige anderer Orten von den Weinsbergern nicht, dann vor dem Flecken Weinsberg unter freiem Himmel und auf dem Platz, da die mörderliche That an denen vom Adel begangen, es sei Winter oder Sommer, Regen oder Schnee, und gar nit anderer Orten gerechtfertigt werden. Alle Wehr und Harnisch sollten dem Oberamtmann überantwortet werden und hinführo Keiner mehr, ausser Degen und lange Messer eine Wehr haben noch tragen.

Und zu ewiger Gedächtnuß sollen die von Weinsberg alle Jahr auf den heil. Ostertag mit Aufgang der Sonne allgemeinlich, alt und jung, reich und arm, Mann, Frauen und diejenige, so zu dem hochwürdigen Sacrament gangen, Niemand davon ausgenommen, vor dem Flecken Weinsberg auf oben angezeigtem Platz der Entleibung, ein Amt und 10 Messen lassen durch die Priesterschaft halten, auch daselbst für 3 fl. Brod armen Leuten geben, für der Entleibten und Abgestorbenen Seelen mit innerlicher Andacht Gott den Allmächtigen bitten, davon damit jährliche Gedächtniß halten, und also auf solchem Platz bis zu dem Mittag ungefährlich verharren.

Endlich soll auf dem Platz und Malstatt besagter jämmerlicher That von den Einwohnern eine Capelle erbaut und dabei ein großes steinernes Kreuz errichtet, in der Kapelle aber eine Tafel angebracht werden, daran mit vergoldeten großen Buchstaben Herkommenheit und Gestalt solcher erbärmlichen und erschröcklichen Handlung in der Form und Verzeichnuß, so ihnen von Fürstl. Durchlaucht oder deren Regiment zugestellt werde, angezeigt werde *)[1]. Sollten die von Weinsberg, in dem Allem oder zum Theil nachlässig erscheinen, und das Vorstehende nit halten, so sollen sie fürstl. Durchlaucht für Straf unnachlässig all und jeder ihrer Hab und Güter, liegend und fahrend, verfallen seyn, das verwirkt haben und in alleweg zu Sr. Fürstl. Durchlaucht Straf, Gnad und Ungnaden stehen.

Nothgedrungen unterschrieben die Weinsberger diese Urphede, gaben aber nachher wiederholte Vorstellungen ein, in denen sie die Härte der Bedingungen und ihren Jammer sehr beweglich – jedoch vergeblich darstellten. Vergebens baten sie 7 Jahre später: „ihnen nur wenigstens zu erlauben, daß sie ihre Thore bei der, besonders durch die Wiedertäufer so unruhigen Zeit wieder einhängen dürfen. Werde es ruhiger, so wollen sie sie wieder getreulich aushängen“. Die östreichische Regierung blieb taub gegen alles Bitten und Flehen, und die armen Weinsberger lebten in ihren wiederaufgebauten Hütten, bei gebrochenen Thürmen und Mauern, 9 Jahre lang, ihres städtischen Einkommens beraubt, als Geächtete.

Die Güter und sämmtliches Vermögen derjenigen Bewohner von Stadt und Amt, welche an dem Bauernaufruhr mehr oder weniger Theil genommen, wurden


  1. *) Capelle und Tafel sind verschwunden – wahrscheinlich im 30jährigen Krieg.