Seite:Dillenius Weinsberg 146.png

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Stipendiaten, die in diesem Jahr gestorben, zählte man 354, worunter 3 Pröbste, 5 Äbte, 233 Pfarrer, 29 Diacone, 46 Stipendiaten, 38 Klosteralumni. Die Geistlichen waren meistens der erste, der gesuchteste Gegenstand der Soldaten, und wer der ersten streifenden Partie entgieng, den traf gewiß die zweite. Jünglinge, welche kaum die Universität gesehen hatten, mußten zu Pfarrern bestellt werden. Innerhalb sieben Jahren, von 1634–1641 verloren sich 345,000 Menschen und das treffliche Land, das ehemals bei ½ Million Einwohner genährt hatte, zählte im Jahr 1641 kaum noch 48,000.

Der Verlust durch kaiserliche Winterquartiere und Brandschatzungen von der unglücklichen Schlacht bei Nördlingen bis zum Dezember 1638, wo der Herzog wieder nach Stuttgart kam, stieg über 45 Millionen, ohne den Verlust durch Raub, Plünderung und Brand, der auf 60 Millionen geschätzt wurde *)[1].

Von den Brutalitäten, welche sich die zügellose Soldateska erlaubte, gibt die Weinsberger Chronik folgende Beispiele:

1635, den 26. Mai, als auf dem Rathhause eine Amtsversammlung gehalten wurde, feuerte ein Soldat aus des Sattlers Jörg Grimmen Stube mit einer Pistole nach der Rathhausstube hinüber und erschoß den Schultheiß von Böhringsweiler, Paul Rebus.

eod. anno den 14. Juli wurde Jakob Mührlein, ein Bäcker von Weinsberg von einem Soldaten bei Neckarsulm erstochen. Auch wurden gegen 30 Gebäude hier muthwillig abgebrannt. Aber auch von der Demoralisation des Volks in dieser Zeit der Noth und des Elends liefert die Chronik ein Beispiel.

1635 lag in der Stadt und Gegend das kaiserliche Milheimische Reiterregiment, dessen Oberstwachtmeistern aus seinem Bagagewagen bei Nacht eine große Summe Geldes an Gold und Silber gestohlen wurde. Die beiden Diebe, der Eine von Bretich (Brettach), der Andere ein Knecht des hiesigen Wolf Rietmüller, wurden

am 10. März d. J. zu Weinsberg enthauptet. Durch Ausschließung Württembergs von dem am 30. Mai 1635 mit Chursachsen geschlossenen Frieden zu Prag hatte der Kaiser gezeigt, daß er im Besitz von Württemberg bleiben wolle und bald verschenkte er Theile desselben an seine verbündete Verwandte und an seine Diener, während dem Herzog nur aus Gnaden ein paar Ämter seines angestammten Herzogthums zum Lebensunterhalt ausgesetzt werden sollten.

Am 16. Oktober d. J. schenkte er Stadt und Amt Weinsberg seinem Liebling, dem Grafen Maximilian von Trautmannsdorf, dem er schon den 5. Oktober zuvor ebenso Neuenstadt gegeben hatte. Wegen der herrschenden Pestseuche ließen der kaiserliche Statthalter in Württemberg, Graf Ulrich von Wolkenstein und der abtrünnige Professor Besold, welchen seine neuen Glaubensgenossen nach seinem öffentlichen Übertritt 1634 mit der Stelle eines Regimentsraths in Stuttgart belohnt hatten, die Bürger und Amtsunterthanen von Weinsberg in einem Garten versammeln, um sie aus den kaiserlichen Pflichten zu entlassen und an den Graven von Trautmannsdorf zu überweisen. Auch der Weißenhof wurde an den Grafen in Erbbestand gegeben.


  1. *) Spittler Gesch. Württembergs p. 254 folgd.