Seite:Dillenius Weinsberg 213.png

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Niederste im Januar − 12 °, Eistage 59. Im December trat ziemliche Kälte ein. Der im Oktober dieses Jahres erschienene große Komet erhellte die Nächte der schon am Matthäifeiertage beginnenden Weinlese, welche den beßten Wein dieses Jahrhunderts lieferte. Ertrag reichlich, Wein ausgezeichnet süß und geistreich. Weinrechnung I. Cl. 48 fl., III. Cl. 40 fl. Sonstiger Preis 56 fl. Die Getraide-Erndte fiel gut aus; doch wegen anhaltender Dürre Getraide weniger ergiebig, ebenso die Kartoffeln. Daher steigende Brodtaxe: Januar 15 kr., März 16 kr., Juni 17 kr., Juli 21 kr., August 23 kr., September 24 kr., Oktober 26 kr., Nov. 27 kr., Dec. 28 kr. – Im Herbst in mehreren Gegenden ansteckendes Nervenfieber.

1812. Mit trüben Ahnungen sah Weinsberg und Umgebung Anfangs März das vaterländische Heer, bestehend in 4 Reiterregimentern, 4 Infanterieregimentern, 2 Fußjäger- und 2 leichten Infanteriebataillonen, 2 reitenden und 2 Fußbatterien mit 30 Geschützen, zusammen 15,800 Mann und 3400 Pferden, bei Heilbronn sich sammeln, wobei Weinsberg die sogen. Königsjäger 1 Woche lang im Standquartier hatte. Nach einer vom Könige daselbst gehaltenen Heerschau brachen die Truppen in 4 Zügen am 11. März gegen Mergentheim auf, um mit dem großen Napoleon’schen Heere von einer halben Million Kriegern den denkwürdigen russischen Krieg zu beginnen. Am 25. Juni betrat das württembergische Corps den russischen Boden. Durch starke, anstrengende Märsche auf abscheulichen Wegen, große Hitze bei Tag, kühle Nächte ohne Obdach, Mangel an Lebensmitteln etc. vermehrte sich der Krankenstand und verminderte sich der ausrückende Stand so sehr, daß die württembergische Division schon beim ersten Zusammentreffen mit den beharrlich zurückweichenden Russen – bei Smolensk 17. Aug. – nicht viel über 3000 Mann zählte. Selbst der fürstliche Führer der Division, der Kronprinz, war von der Ruhr ergriffen worden und sah sich genöthigt, am 19. Juli zurückzukehren. Die heißen Tage von Smolensk lichteten die Reihen noch mehr, so daß an der Schlacht von Mojaisk im Ganzen nur noch 2636 Mann theilnehmen konnten. Die Schlacht verminderte diese kleine Zahl um 632 Mann. Während die Russen immer weiter zurückwichen, rückte das französische Heer am 15. Sept. in Moskau ein. Von den Anhöhen um diese Stadt, auf denen sie lagern mußten, sahen hier die württembergischen Truppen das gräßliche Flammenmeer, das von Graf Rostopschin angeschürt, ⅘ der Czaarenstadt verzehrte. Erst am 19. September durften auch sie, aber nur noch 900 Mann Infanterie und 245 Reiter stark, in die verheerten Trümmer einrücken. Hier in Moskau, wo der Aufenthalt einen vollen Monat dauerte, wuchs die Division durch Reconvaleszenten wieder auf circa 2400 Mann an. Dagegen erlitt das dritte Reiterregiment, welches den Russen gegen Kalugha gefolgt war, am 3. Okt. in einem Treffen bei diesem Ort einen solchen Verlust, daß es nach demselben nur noch 5 Officiere und 27 Mann zählte. Am Tage nach dem letzten vorwärts gelieferten Treffen bei Tarutino, am 19. Oktober, begann der allgemeine Rückzug von Moskau und mit ihm, beim Mangel an Lebensmitteln, bei eingetretenem ungewöhnlich strengem Winter, bei unaufhörlichen Angriffen der verfolgenden Feinde, mit welchen die Reiterei noch am 5. Nov. ein Gefecht bei Wiazma, das Fußvolk am 15. Nov. ein Gefecht bei Krasnoj hatte, das höchste Übermaß von Leiden. Am 26./27. Nov. überschritt der Rest der Division, nur noch 80 bewaffnete Mann, die Berezina und erreichte ebenfalls durch Kälte und Hunger seine Auflösung. In der Provinz Posen sammelten sich nach und nach 4–500 Mann, wovon 182 noch dienstfähige Mann in Posen als Besatzung zurückgelassen wurden.