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V. Jahrgang          1896          Nr. 3.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Die Anfänge der Dresdner Lokalgeschichtschreibung.
Von Bibliothekar Dr. Ludw. Schmidt.

Wie überhaupt für die sächsische Geschichte an ausführlicheren zeitgenössischen und zuverlässigen Aufzeichnungen großer Mangel ist, so fehlt es auch für die Geschichte der einzelnen Städte des Landes an nur einigermaßen hervorragendem gleichzeitigen chronistischen Quellenmaterial aus älterer wie aus neuerer Zeit fast gänzlich. Die uns erhaltenen, zum Theil noch ungedruckt in den Archiven liegenden Ortschroniken bieten im Allgemeinen wenig mehr als trockene Aufzeichnungen über die Geschichte merkwürdiger Bauten, Belagerungen, Brände und namentlich Naturereignisse, als Wasserfluthen, Mißwachs, Himmelserscheinungen und dergleichen, während die innere Entwickelung keine oder nur geringe Berücksichtigung findet. Letzteres ist umsomehr zu bedauern, als die sächsischen Städte allein in dieser Hinsicht eine größere Selbständigkeit sich errungen und bewahrt haben, während sie nach außen hin, weil direkt unter landesherrlicher Gewalt stehend, keine eigenthümliche Rolle spielten und nur an den allgemeinen Schicksalen des Landes Theil nahmen. Aus diesem Grunde ist natürlich ein Vergleich der so bedeutsamen, reich entwickelten Historiographie der deutschen Reichs- und Hansastädte mit unserer lokalen Geschichtschreibung nicht angemessen. Während aber dort die städtischen Behörden selbst es waren, welche Aufzeichnungen zur Stadtgeschichte veranlaßten oder wenigstens begünstigten, ist in unseren Gegenden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bis in die neueste Zeit keine Spur von einer solchen Thätigkeit bemerkbar. Wurden doch manchenorts selbst die Archive in einer solch nachlässigen Weise verwaltet, daß wir heute den Verlust eines reichhaltigen, werthvollen Urkunden- und Aktenmaterials beklagen müssen, dessen Untergang man gern auf die Rechnung der Verwüstungen der Hussiten und Schweden zu setzen pflegt.

Auch für Dresden liegen die Verhältnisse im Allgemeinen nicht günstiger; die Arbeiten auf dem Gebiete der Ortsgeschichte sind bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts rein private Unternehmungen und ohne Benutzung des Materiales im Rathsarchiv entstanden. Wir haben hier zweierlei Gattungen der Ortsgeschichtschreibung zu unterscheiden. Auf der einen Seite stehen die eigentlichen Chroniken, welche in kunstloser Form ohne Zusammenhang nur Jahr für Jahr die wichtigsten Ereignisse, meist auch die der allgemeinen und der Territorialgeschichte, verzeichnen, auf der anderen diejenigen Arbeiten, welche den Stoff nach vorwiegend topographischen Gesichtspunkten gruppiren und den Zusammenhang der Stadtgeschichte mit der Landesgeschichte in den Hintergrund treten lassen. Eine noch mehrfach zu ergänzende Zusammenstellung dieser Litteratur hat B. G. Weinart in seiner Topographischen Geschichte der Stadt Dresden (Dresden 1777) S. 26 ff. und in seinem Versuch einer Litteratur der sächsischen Geschichte (Dresden 1790) I, 90 ff. gegeben.

Die ältesten Aufzeichnungen zur Geschichte unserer Stadt enthält eine kleine, in deutscher Sprache verfaßte Chronik, welche von Mencke im dritten Bande seiner Sammlung deutscher Geschichtschreiber (Sp. 346 ff.) unter dem selbst erfundenen Titel Chronicon parvum Dresdense herausgegeben worden ist. Allerdings ist dieselbe


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/280&oldid=- (Version vom 9.5.2024)